Bauern-Proteste
Der Protest der Bauern geht weiter. Foto: privat

KREIS WESEL. Die Landwirte in Deutschland schlagen Alarm – und legten besonders am vergangenen Montag in weiten Teilen der Bundesrepublik den Verkehr lahm. Auch im Kreis Wesel protestierten sie zu Wochenbeginn vom frühen Morgen über den Nachmittag bis in den frühen Abend hinein mit langen Trecker-Konvois auf den Straßen. Viele Autofahrer standen teilweise mehr als eine Stunde im Stau, doch die meisten von ihnen zeigten Verständnis für die am Niederrhein friedlich gebliebene Protest-Aktion. „Es ist natürlich schade, dass unsere Demonstration genau die trifft, die nichts dafürkönnen. Aber so ist das leider bei Protesten – egal ob beim Bahnstreik oder bei uns – es trifft immer die, die nichts dafürkönnen, damit die, die etwas zu entscheiden haben, uns zu hören“, sagt der Sonsbecker Landwirt Frank Terhorst.

Terhorst organisierte am frühen Montagmorgen bereits einen Trecker-Konvoi entlang der Auffahrt an der A57. „Über 100 Schlepper und LKW sind bei uns über die Straße gefahren“, berichtet Terhorst. Wie auch an vielen anderen Orten beteiligten sich nicht nur Landwirte an der Aktion. Auch Transportunternehmen und sogar Handwerker waren mit dabei. „Nicht nur wir Landwirte sind unzufrieden mit der Ampel-Politik. Auch vielen anderen Branchen geht es genauso“, sagt Terhorst.

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Bauern-Proteste
Hinter den Traktoren und LKW, deren Fahrer ebenfalls den Protest unterstützten, staute sich der Verkehr.

Im Gespräch mit den NN betont der Landwirt aus Sonsbeck allerdings immer wieder, dass es seinem Berufsstand – anders als hinreichend berichtet – vornehmlich gar nicht um die zurückgenommenen Subventionen geht. „Wir wollen vielmehr Chancengleichheit“, sagt Terhorst. Die sei im europa- und weltweiten Vergleich jedoch einfach nicht gegeben. „Dass man uns die Agrar-Diesel-Subventionen nimmt und es ab 2026 keine Steuer-Rückvergütung mehr geben soll, ist an sich ja in Ordnung, wenn unsere Wettbewerbsfähigkeit gleichzeitig stimmt. Doch das ist nicht so. Wir müssen pro Liter Diesel 57 Cent Steuern zahlen, die Franzosen nur fünf oder sieben Cent pro Liter. Das ist ungerecht“, sagt Terhorst. Zumindest europaweit müsse Gleichheit herrschen, meint der Landwirt: „Und das wäre zumindest in der EU doch einfach zu schaffen.“

Angst vor Importware mit mangelnden Standards

Bei den derzeitigen Bedingungen haben Terhorst und seine Kollegen allerdings immer mehr die Sorge, dass die deutschen Bauern auf ihre Erträge sitzen bleiben, weil Importware aus Europa oder von der ganzen Welt schlichtweg günstiger sei. „Und gerade die Importware aus fernen Ländern wie zum Beispiel aus Argentinien erfüllt nicht unsere deutschen Standards“, betont Terhorst, womit er ein weiteres Problem der Landwirtschaft anspricht. „Unsere Vorgaben sind – sicherlich zurecht – sehr hoch. Bei uns sind Pflanzenschutzmittel verboten, was sicherlich auch richtig ist. Aber Importware aus der ganzen Welt darf sie beinhalten und darf hier neben unseren Produkten im Supermarkt verkauft werden“, sagt Terhorst. Dabei blicke der Kunde und Verbraucher oftmals nicht mehr durch, welche nun die hiesige Ware mit den hohen Qualitätsstandards und welche die importierte Ware sei. „Das muss dann auch deutlicher gekennzeichnet sein“, fordert Terhorst.

Obwohl die Ampel-Regierung bereits angekündigt hat, die geplanten Kürzungen in der Landwirtschaft teilweise sogar zurückzunehmen, zogen die Landwirte den Start ihrer angekündigten Protest-Aktion am vergangenen Montag durch. Schließlich gehe es auch nur am Rande um die Zurücknahme der Subventionen. „Viel schlimmer für uns sind die ständigen neuen Gesetze und Regelungen für unsere Arbeit. Wenn wir heute einen Schweinestall nach den aktuellen Richtlinien bauen, wissen wir nicht, ob er nach zwei Jahren so noch genehmigt wird. Dabei brauchen wir Planungssicherheit, um unsere Betriebe verbessern und weiterentwickeln zu können. Sonst können wir nicht mehr wirtschaftlich planen und arbeiten“, sagt Terhorst, der fordert: „Wir brauchen mehr Fachwissen in der Regierung. Es darf nicht einfach etwas entschieden werden, was fachlich einfach falsch ist, so wie es in der Vergangenheit schon häufig passiert ist. Die Regierung soll auf Fachleute hören.“

Proteste noch bis zum Wochenende

Die Protest-Aktionen gingen auch am Dienstag weiter. Unter anderem gab es am Aueseeparkplatz in Wesel eine zentrale Kundgebung, an der auch NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen, der SPD-Landtagsabgeordneter René Schneider und Kreis Wesels Landrat Ingo Brohl teilnahmen. Noch bis zum Wochenende soll es weitere Proteste geben. „Aber natürlich können wir nicht alle alles mitmachen. Unsere Betriebe müssen ja auch weiterlaufen und die Tiere versorgt werden“, sagt Terhorst. Im Kreis Wesel verliefen alle Aktionen zu Wochenbeginn allerdings sehr friedlich. „Das ist uns auch wichtig, sonst würde ich persönlich die Aktion auch nicht unterstützen. Die Aktion, bei der die Fähre, auf der Robert Habeck (Grüne, Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister; Anm. d. Red.) war, gestürmt wurde, ging definitiv zu weit. Aber das waren auch nur rund 30 Personen von etwa 300, die da zu weit gegangen sind“, sagt Terhorst. Auch habe man nichts mit der rechten politischen Seite zu tun. „Wir sind but“ war deshalb an mehreren Traktoren zu lesen.

Noch bis Freitag wollen auch die Landwirte im Kreis Wesel weiter friedlich protestieren und auf die Missstände in ihrer Branche aufmerksam machen, damit sie endlich in Berlin gehört werden.

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