WESEL. Tritt (Herz)Kammerflimmern auf, ist schnelle Hilfe gefragt – die Herzrhythmusstörung ist lebensbedrohlich. Damit in derartigen Fällen eine zeit- und ortsnahe Erste-Hilfe möglich ist, haben die Feuerwehr und die Stadt Wesel zuletzt vier neue automatisierte externe Defibrillatoren (AED) für die Randgebiete der Stadt angeschafft. Sie befinden sich für alle zugänglich außen an den Feuerwehrgerätehäusern in Ginderich, Büderich, Bislich und Obrighoven. Sie können auch von Laien ohne Erfahrung bedient werden.

Wie groß der Notfall bei Herzkammerflimmern ist, zeigen nicht nur aufsehenerregende Fälle wie der des Fußballers Christian Eriksen bei der letzten EM. „Es passiert auch in alltäglichen Situationen“, sagt Bürgermeisterin Ulrike Westkamp. So erlitt beispielsweise im letzten Jahr ein 28-jähriger Mann aus Rees-Millingen einen Herzstillstand – wegen einer Straßensperrung traf der Rettungswagen jedoch erst eine knappe halbe Stunde später ein. Der Mann überlebte: Berichten zufolge allerdings nur durch das frühzeitige Eingreifen der Eltern, Nachbarn und eines First-Responders.

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Das zeigt, dass es ohne frühzeitige erste Hilfe, die die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsteams überbrückt, schnell zu spät ist. Tobias Fehde weiß das nur zu gut. Zum einen als langjähriges Mitglied des DRK, zum anderen als Mitarbeiter des Unternehmens 1A Medizintechnik aus Bocholt, das die Stadt Wesel mit den AEDs versorgt und die ehrenamtlichen Feuerwehrleute in deren Nutzung geschult hat. „In jeder Minute ohne Hilfe geht circa zehn Prozent Lebenswahrscheinlichkeit verloren“, erläutert er.

Nach acht bis zehn Minuten ohne erste Hilfe gehe die Wahrscheinlichkeit dessen, die Person im gleichen Zustand wie zuvor zu reanimieren, gegen Null. Denn in jeder Minute, in der Körper und Herz nicht arbeiteten, nehme der Sauerstoff im Körper zunehmend ab. Die Folge: die Gehirnzellen verfallen. Auch Thomas Verbeet, Leiter des Fachbereichs Feuerwehr und Rettungsdienst, macht deutlich: „Wenn keiner hilft, ist der Tod zu 100 Prozent gewiss.“

AED: Laiensicher Leben retten

Genau solche Schicksalsschläge möchte man in Wesel mit den Neuanschaffungen verhindern. Das Gute: Mit den neuen AEDs kann jeder Laie im Ernstfall Leben retten, „egal ob man schon einen Erste-Hilfe-Kurs hatte, oder nicht“, betont Fehde. Man müsse nur hinhören, was das Gerät einem mitteile.

Die verbauten Modelle kommen nämlich – neben zusätzlichen Hilfen wie Piktogrammen auf den Elektroden – auch mit einer akustischen Anleitung daher. Diese verhindert, dass ungelernte Ersthelfer im Falle eines Notfalls mit der Situation überfordert sind und stattdessen die notwendigen Maßnahmen einleiten können.

Die Stimme führt die Ersthelfer durch die notwendigen Schritte und leitet an, wenn es zum Beispiel darum geht, das Bewusstsein und die Atmung zu überprüfen, den Notruf abzusetzen, die richtige Einstellung für Erwachsene und Kinder über den entsprechenden Knopf zu wählen, die Elektroden für den Stromstoß anzubringen sowie die notwendige Herzdruckmassage und die Beatmung richtig durchzuführen – bis der Notdienst eintrifft. Wie gut das alles tatsächlich funktioniert, das hat die Gindericherin Anni Weiler als Laiin bei einem Pressetermin vor Ort gleich selbst ausprobiert.

Sicherheitsvorkehrungen gegen Diebstahl

Da solche AEDs nicht ganz günstig sind – alle vier kosteten mit Versicherung und Co. zusammen 11.500 Euro – sind auch Sicherheitsvorkehrungen mit an Bord. Wer einen AED aus der Box nimmt, hört sofort einen schrillen Ton. Wer dabei ist, in der Nähe ein Leben zu retten, braucht sich darüber natürlich keine Sorgen zu machen. Ansonsten kann der Ton jedoch umliegende Personen über eine mögliche unsachgemäße Entwendung alarmieren. Diebstahl lohnt sich aber auch wegen des eingebauten GPS-Trackers nicht, über den sich der AED schnell wiederfinden lässt.

„Sie überwachen sich außerdem selbst und man kann von außen überprüfen, ob sie in Ordnung sind“, sagt Thomas Verbeet. Dass die Elektroden nicht abgelaufen und die Batterie voll genug ist, das signalisiert ein grüner Haken – oder ein rotes Kreuz, falls nicht. Davor gibt es aber ein Warnsignal: „Ein paar Wochen vorher fängt der AED an zu piepen, wie ein Feuermelder“, sagt Fehde.

Ein wichtiges Thema

Mit der Installation ist das Thema in Wesel aber noch nicht beendet: Die Feuerwehr hat beim Kreis ein AED-Register für die Stadt angeregt, um alle Standorte aufzulisten. Wenn eine Gruppe einen eigenen AED anschaffen möchte, steht die Feuerwehr schon jetzt beratend zur Seite. Dass das Thema Herzkammerflimmern und AED zudem andernorts am Niederrhein an Fahrt aufnimmt, zeigen die anderen Projekte, die Tobias Fehde erwähnt – zum Beispiel in Goch-Hassum und Rees-Millingen.

Wer qualifizierter Ersthelfer ist – mindestens durch einen Erste-Hilfe-Kurs, der nicht länger als 24 Monate zurückliegt – und im Kreis Wesel die Rettungskette verstärken möchte, kann auch einen Blick auf die App „Corhelper“ werfen. Mehr Infos dazu gibt es unter kreis-wesel.de/corhelper.

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