TEXEL. „Wir haben etwa 30.000 Einwohner – die Hälfte davon sind Schafe“, sagt Salco, während es mit dem kleinen Bus entlang der Dünen, vorbei an weitläufigen Weideflächen und durch kleine Dörfer geht. Salco ist stolz auf das Texelschaf, das wegen seiner kräftigen Statur und robusten Gesundheit heute sogar in Neuseeland zu finden ist. Er erklärt, dass man wegen der friesischen Aussprache eigentlich „Tessel“ sagt, weshalb die Insulaner nicht unter die Haube, sondern unter die Pfanne kommen und das Texel genau genommen die einzige Insel weit und breit ist. „Alle anderen sind nur Sandbänke“, sagt er.

Salco ist nicht der einzige Texelaner, der ins Schwärmen gerät, wenn es um seine Heimat geht. Wer hier Urlaub macht, kommt an dieser ganz besonderen Bindung zwischen Land und Leuten kaum vorbei. „Hier kennt jeder jeden“ gilt vielleicht nicht für alle, es ist aber mit Sicherheit ziemlich nah dran. Das mag an der überschaubaren Größe liegen, obwohl Texel mit fast 25 Kilometern Länge und acht Kilometern Breite die größte der fünf niederländischen Wattenmeerinseln ist. Der höchste Punkt der Insel ist de Hoge Berg, er liegt 15 Meter über dem Meeresspiegel. Sagt Salco, aber tatsächlich ist die Düne „Settingduin“ mit fast 25 Metern noch etwas höher. Am Hoge Berg jedenfalls gibt es sogar einen kleinen Picknickplatz und der Wind weht hier gefühlt noch etwas rauer als über dem flachen Land drumherum.

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Heute regnet‘s immer wieder und mit Windstärke 6 weht es ganz ordentlich. „Wir hatten hier schon mal Stärke 15“, winkt Salco ab, als sich die mit Mützen und Regenklamotten gerüsteten Gäste aus Deutschland über das Wetter beklagen. „Texel hat die meisten Sonnenstunden in den Niederlanden“, betont er. Und wenig Niederschlag. Durchschnittlich sind es nur 500 Liter pro Jahr, deutlich weniger als am Niederrhein. Mit 30 Kilometer Sandstrand, 390 Kilometer Wander- und Radwege und knapp 40 Naturschutzgebieten bietet die Insel also optimale Voraussetzungen für Aktivitäten an der frischen Luft. Wenn sich die Natur zwischendurch mal kurz austobt, gibt es zum Glück reichlich Alternativen. Man kann zum Beispiel bei TBO eine Tour mit Salco oder einem seiner Kollegen buchen.

Vom Seidenkleid bis zum Krabbenkutter

Zum Museum Kaap Skil gehört auch ein großes Außengelände. Hier wurde ein kleines Fischerdörfchen aufgebaut. NN-Foto: vs

Oder man besucht eines der Museen. Im Hafenort Oudeschild erfährt man im Museum Kaap Skil viel über die Geschichte der Insel. Im 17. Jahrhundert galt Texel nämlich als Drehscheibe des Welthandels. Hier warteten die Schiffe auf günstigen Wind und deckten sich vor allen Dingen mit dem eisenhaltigen und damit länger haltbaren Trinkwasser ein. Vor der Küste liegen zahlreiche Schiffswracks aus der Zeit, als die Reede von Texel mit Schiffen gefüllt war. Eines davon, voll beladen mit luxuriösen Waren, sank um 1650. Den außergewöhnlich gut erhaltenen Funden aus dem „Palmholzwrack“ ist seit Ende 2022 eine eigene Ausstellung gewidmet. Zu sehen ist unter anderem ein Seidenkleid, das von Wissenschaftlern als die „Nachtwache der Textilien“ bezeichnet wird. Tatsächlich sieht das Kleid aus, als hätte es eben noch im Schrank gehangen – in jedem Fall sieht man ihm die 400 Jahre auf dem Nordseegrund nicht an. Es lohnt sich auch, eine Runde über das Außengelände zu drehen. Das Freilichtmuseum zeigt ein typisches Fischerdörfchen um das Jahr 1900 mit Wohnhäusern, Mühle und Schmiede. Gleich hinter dem Deich befindet sich der Hafen. Von hier aus starten verschiedene Touren. Man kann zum Beispiel mit einem Krabbenkutter in See stechen. Unterwegs werden die Netze ausgelegt und anschließend wird der Fang an Bord sortiert und verarbeitet.

Ein “Must-see”: Vom Leuchtturm aus kann man bei gutem Wetter rund 50 Kilometer weit sehen. NN-Foto: vs

Unbedingt besuchen sollte man den Leuchtturm an der nördlichsten Spitze der Insel (bei gutem Wetter kann man von hier aus rund 50 Kilometer weit sehen) und das Seefahrt- und Strandgutmuseum Flora in De Koog. Von der Flaschenpost-Sammlung bis zum kompletten Schiffswrack ist hier in mehreren Hallen und auf dem Außengelände alles zu sehen, was von den „Juttern“, den Strandräubern, in den letzten Jahrzehnten zusammengetragen wurde. Fünf Scheunen sind bis unters Dach gefüllt mit Dingen, die in Texel an Land gespült wurden. Anker, Bojen und Rettungsringe, Schuhe, Seile, Plastik und Schnuller: Hier kann man sich mehrere Stunden aufhalten und hat noch nicht alles gesehen.

Viel zu entdecken gibt es im Flora, dem größten Strandgutmuseum der Welt. NN-Foto: vs

Für Kinder gibt es einen Quiz (die Kleinen können eine Bilder-Schnitzeljagd machen, die größeren Kinder müssen Fragen beantworten) und draußen einen großen Spielplatz. Es gibt auch einen Souvenirshop und ein kleines Café, man kann sich aber auch sein eigenes Picknick mitbringen. Seit Februar 2023 gibt es außerdem eine neue Ausstellungshalle, die sich mit der Geschichte von Texels Stroomboot Onderneming (TESO) befasst. Auch darauf sind die Texelaner stolz, denn schon seit dem Jahr 1909 erfolgt der Fährverkehr in Eigenregie – die Insulaner haben nur zwei Jahre gebraucht, um die externe Fährgesellschaft aus dem Rennen zu kicken.

Für jeden das passende Programm

Am Flughafen befindet sich das Luftfahrt- und Kriegsmuseum. NN-Foto: vs

Wer mehr über die Pflanzen- und Tierwelt der Nordsee und des Wattenmeers erfahren möchte, ist im wenige Kilometer entfernten Ecomare gut aufgehoben. Hier befindet sich auch die älteste Seehunde-Auffangstation Europas. Wer sich für die Geschichte der Luftfahrt inklusive der 1919 gegründeten KLM Royal Dutch Airlines (die älteste noch existierende Fluggesellschaft der Welt) und Texel während des Zweiten Weltkriegs interessiert, ist im Luftfahrt- und Kriegsmuseum am International Airport richtig. Von hier aus starten bei den richtigen Windverhältnissen auch Rundflüge (www.tessel-air.nl) und es gibt eine Fallschirmsprung-Schule.

Jede Menge Schafe gibt’s in der Schapenboerderij. Die darf man natürlich auch knuddeln. NN-Foto: vs

Schlechtwetter-geeignet ist in jedem Fall auch ein Besuch in der Schapenboerderij Texel. Während die beiden Australian Working Kelpies der Familie Witte zeigen, wie sie die Schafe auf Kommando rein in den Stall oder raus auf die Wiese scheuchen, erzählt der Chef etwas über die Texelschafe, deren Wolle zwar im Vergleich zu anderen Rassen (wie etwa dem Merinoschaf) wenig einbringt, die aber gutes Fleisch liefern und auch im Winter draußen schlafen könn(t)en. Wer nicht aufpasst, hat schnell ein Schaf auf dem Arm oder darf (erfolglos) versuchen, die Hunde zur Arbeit zu animieren. Nach der Vorführung kann man im Café verweilen oder den Shop besuchen, in dem es natürlich ganz viele Produkte aus Schafswolle gibt. Anschließend geht‘s zum Schafe-Knuddeln, wahlweise kann man aber auch Hühner streicheln oder Meerschweinchen auf den Arm nehmen. Da leuchten mitunter nicht nur Kinderaugen…

Mit Marcel die Natur erkunden

Marcel liebt die Natur und diese Begeisterung ist durchaus ansteckend. NN-Foto: vs

Die leuchten auch bei Marcel, wenn er etwas über die Flora und Fauna „seiner“ Insel erzählt. Mit ihm kann man zum Beispiel im Naturschutzgebiet De Slufter auf Erkundungstour gehen (www.txgids.nl). Lange Zeit bestand Texel aus zwei Teilen: dem „Alten Land“ im Süden und der Düneninsel „Eierland“ im Norden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde Eierland eingepoldert. Als in den 1850er Jahren während einer Sturmflut die Dünenreihe brach, entstand De Slufter. Die direkte Verbindung zur Nordsee blieb, weshalb das Gebiet regelmäßig mit Salzwasser geflutet wird. Hier kann man Pflanzen und Tiere entdecken, die mit diesen Bedingungen gut zurecht kommen. Im Juli und August wird De Slufter von blühendem Seelavendel violett gefärbt. Marcel zeigt auf das Moosblümchen, die kleinste Blume der Niederlande, und erklärt, weshalb der Strandbeifuß auch „Flohkraut“ genannt wird. Er keschert nach kleinen Garnelen und Fischen, zeigt die Goldafter-Raupen, die im Sanddorn ihre Nester bauen, lässt Feuersteine, die während der Eiszeit aus dem hohen Norden gekommen sind, Funken schlagen und verweist auf die Vögel, die man hier beobachten kann.

Wer zum Nordseestrand will, folgt dem angelegten Weg – oder läuft einfach kreuz und quer durch die herrliche Landschaft. NN-Foto: vs

Wattvögel, Möven und Enten sind auf den Salzwiesen und im Watt auf Nahrungssuche. Im Winter besuchen kleine Singvögel wie Grauammer, Grasmücke und Strandlerche das Gebiet. Auch Rohrweihe, Raufußbussard und Wanderfalke kann man hier mit etwas Glück sehen. Man darf hier auch abseits der Wege gehen, abgezäunt sind nur die Gebiete, in denen Vögel brüten oder die Wildpferde leben. Viele seiner Führungen hält Marcel, der eigentlich  Grundschullehrer ist, in deutscher Sprache, immer häufiger aber auch in seiner Muttersprache. „In der Coronazeit haben viele Niederländer festgestellt, wie schön es hier ist“, sagt Marcel. Deswegen kämen auch immer mehr Touristen vom Festland.

Die Natur ist der “rote Faden”

Die Stellplätze für Wohnmobile und -wagen bieten viel Platz und sorgen mit kleinen Erdwällen für mehr Privatsphäre. NN-Foto: vs

Die Nähe zur Natur ist auch Ricardo wichtig und der „rote Faden“ seiner Unternehmensphilosophie. Ricardo führt in dritter Generation den Campingplatz Woud in der Nähe von Den Burg und setzt mit großzügigen, naturnahen Parzellen, Tiny-House-Zelten und mit viel Komfort ausgestatteten Zelt-Lodges vor allem auf Ruhe und einen schonenden Umgang mit der Natur. Während hier in der Nebensaison überwiegend ältere Semester die Seele baumeln lassen, kommen im Sommer viele Familien mit Kindern. Es gibt einen großen Spielplatz, aber kein Animationsprogramm. „Ganz bewusst“, sagt Ricardo, denn auf Trubel hat er keine Lust. Für Jugendliche würde auf anderen Campingplätzen mehr geboten. Hier, mitten im Wald, setzt er andere Prioritäten. Die Zukunft des Campings sieht er in den neuen Komfort-Lodges, die von der Badewanne bis zum Geschirrspüler jede Menge Luxus bieten. Von “Woud” aus ist man mit dem Fahrrad in zehn Minuten am Strand. Viele Gäste kommen aus Deutschland und wissen Ricardos Konzept zu schätzen. Wer hier in der Hauptsaison Urlaub machen möchte, sollte also zeitig buchen.

Wer “feste” Wände braucht, ist im Hotel De 14 Sterren sehr gut aufgehoben. NN-Foto: vs

Zum Campingplatz gehört übrigens auch das gemütliche „Bed and Bos“ De 14 Sterren. Umgeben von Wiesen mit Kühen und Schafen kann man hier auf seiner eigenen Terrasse sitzen und sich morgens vom Vogelgezwitscher wecken lassen. Wer auf das zweite B (das Frühstück) nicht verzichten mag, kann zum Beispiel bei Smakelijk & Meer einen reichlich gefüllten Frühstückskorb mit warmen Brötchen und frischem Orangensaft bestellen. Der wird morgens zum Wunschtermin geliefert und natürlich geht’s auch in vegan oder vegetarisch.

Mit Zutaten aus der Region

Im Restaurant Het Schoutenhuys in Den Burg kann man in schönem Ambiente speisen. NN-Foto: vs

Überhaupt: in Sachen Kulinarik hat Texel einiges zu bieten. Man kann sich hervorragend bekochen lassen, etwa im ’t Schoutenhuys, das dem traditionsreichen Hotel De Lindeboom in Den Burg angeschlossen ist. Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1652 und ist das älteste Steinhaus auf Texel. Im Keller des alten Gerichts befinden sich noch die Kerker, die heute als Warenlager genutzt werden. Auf Zutaten aus der Region setzt auch das Restaurant Orangerie ‘t Vogelhuis im Badeort De Koog.

Keine Wünsche offen bleiben im Restaurant Het Vogelhuis-Oranjerie im Badeort De Koog. NN-Foto: vs

Den besten Kaffee (den kann man auch online im Webshop bestellen), leichte Gerichte und frisch gebackenes Brot aus der offenen Backstube gibt es bei Texelse Branding in Den Burg. Und nach einem Strandspaziergang lohnt sich ein Stopp im Strandpavillon Faro Beach und im Café-Restaurant De Slufter. Hier gibt es die typisch holländischen Bitterballen und Frikandeln, Frietjes und heißen Chocomel, wenn man sich nach einem langen Spaziergang aufwärmen möchte.

In der Pastorie De Waal bietet Chefkoch Wessel Koch- und Backworkshops an. NN-Foto: vs

Wer sich selbst richtig gut bekochen möchte, ist bei Wessel in der Pastorie De Waal bestens aufgehoben. Der Profikoch, der das alte Pfarrhaus vor acht Jahren zusammen mit seiner Frau Anet gekauft hat, bietet hier Kochworkshops mit typisch Texeler Zutaten an und zaubert gemeinsam mit den Teilnehmern tolle Menüs, die anschließend am Esstisch in seiner großen Küche verputzt werden. Die beiden betreiben auch ein B&B, bieten Catering an – und auf Wunsch kocht Wessel natürlich auch auswärts.

Passend zu einem guten Essen gibt es natürlich auch eine große Auswahl an Getränken, die auf der Insel produziert werden, darunter der Texel-Gin, mehrere prämierte Texel-Biere (es gibt fünf größere und zwei kleine Brauereien auf Texel) und sogar Texel-Wein.

Ganz schön viel los

Während es in der Nebensaison auf Texel recht beschaulich ist, wird es in der Hauptsaison doch recht trubelig und gut 39 Prozent der Touristen kommen aus Deutschland. Zudem gibt es einige Veranstaltungen, die Gäste locken. So etwa die Lämmer-Wanderung im April, das Wattvogel-Festival im Mai oder das Katamaranrennen “Ronde om Texel” im Juni. Im Juli gibt es Musik beim SunBeats und dem Sompop, im August beim Strenderpop. Ebenfalls im August steigt das Hafenfest, gefolgt von Texel Culinair im September und dem Blues-Festival im Oktober. Und natürlich gibt es im Dezember auch einen Weihnachtsmarkt.

Viele weitere Infos für eine perfekte Auszeit auf Texel, Übernachtungsmöglichkeiten und Veranstaltungstipps bietet der VVV Texel online oder vor Ort in der Touristinfo in Den Burg. Vorbeischauen lohnt sich!

Texel-App
Die neue Texel-App bietet nicht nur tolle Inspirationen und Tipps für den Insel-Urlaub, sondern hält auch Rabatt-Aktionen bereit. Man kann sie kostenlos bei Google Play und im Apple Store herunterladen. Entwickelt wurde die App vom VVV Texel. Das Tourismusbüro bietet auch einen kostenfreien Newsletter an. Wer regelmäßig informiert werden will, kann ihn über die Homepage des VVV bestellen.
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