KREIS WESEL. Bis 2030 möchte die Bundesregierung den Glaserfaserausbau in Deutschland sicherstellen. Ein Ziel, dem man hinterherhängt, auch in NRW: erst 30 Prozent der Haushalte verfügen derzeit über einen entsprechenden Anschluss. Zum Weltverbrauchertag am 15. März erläuterte Karin Bordin, Leiterin der Beratungsstelle der Verbraucherzentrale NRW in Wesel, mehr zur Situation im Kreis Wesel und gab dazu ein paar Tipps an die Hand.

Dass der Glasfaserausbau sinnvoll und sogar alternativlos ist, davon ist Karin Bordin überzeugt. Mit fortschreitender Digitalisierung würden auch die Anforderungen zunehmen steigend. Dafür sorgen Home-Office, Streaming, Social-Media und Co. Bis alle Haushalte im Kreis Wesel mit Glasfaser versorgt sind, ist es aber noch ein langer Weg: Wie der Kreis Wesel und ein Blick auf den Glasfaser-Atlas-NRW verraten, liegt die Glasfaserquote hier derzeit erst bei 25 Prozent. In den einzelnen Kommunen sieht es mit dem Ausbau ganz unterschiedlich aus: In Sonsbeck verfügen bereits 80,4 Prozent aller Haushalte über einen Glasfaseranschluss. In Alpen sind es 75,8 Prozent, in Xanten derzeit 48,1 Prozent, in Wesel 16,7 – wobei der Ausbau in Büderich und Ginderich laut Bordin weit fortgeschritten sei – und in Rheinberg 6,2 Prozent.

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Grundsätzlich ist zwischen zwei Arten des Ausbaus zu unterscheiden: dem geförderten Ausbau – der Kreis Wesel erteilte hierfür der Deutschen Glasfaser den Zuschlag – und dem eigenwirtschaftlichen Ausbau, bei dem im Kreis Wesel derzeit elf verschiedene Anbieter bekannt sind. „Dabei kann jeder Anbieter durch die Straßen gehen und anbieten, Glasfaser zu legen“, sagt Bordin. „Das bedeutet wiederum Haustürgeschäfte und da bekommen wir immer wieder Anfragen von Verbrauchern.“

Druck nicht nachgeben

Nicht lange her sei zum Beispiel ein Fall in Wesel, bei dem ein Senior, der gar keinen Internetzugang besitze, an der Haustür unter Druck einen Vertrag unterschrieben habe. Man habe ihm unter anderem vermittelt, dass ohne den Vertrag sein Telefon nicht mehr funktionieren würde. Die Tochter des Seniors habe in diesem Fall jedoch rechtzeitig einen Widerruf geltend gemacht.

Angesichts des mancherorts noch anstehenden stark fortschreitenden Ausbaus ist sich Karin Bordin sicher: „Der Kampf um die Verträge kommt jetzt noch.“ Deshalb möchte sie präventiv Tipps und Ratschläge vermitteln, denn: „Wenn Verträge an der Haustür geschlossen werden und die Vertragsbestätigung vorliegt, kommt man nach zwei Wochen nicht mehr raus.“

Sie rät in jedem Fall dazu, sich an der Haustür nicht unter Druck setzen, sondern sich stattdessen die Dokumente zusätzlich zuschicken zu lassen. Nur auf das Gesagte verlassen sollte man sich auch nicht, sondern vor allem auf das Kleindruckte achten – auch bei der späteren Vertragsbestätigung –, um gegebenenfalls rechtzeitig etwas zu verändern, wie den Tarif. So werde meist auch deutlich, dass sich die Preise nach einigen Monaten erhöhen.

Für den richtigen Anschluss auf FTTH achten

Besonders wichtig ist dabei: Beim Anschluss sollte es sich immer um einen „Fiber to the Home“-Anschluss (FTTH) handeln, damit der Anschluss auch wirklich bis zum Haus oder zur Wohnung verläuft. Alternativen wie FTTC (bis an den Bordstein) oder FTTB (bis in den Keller eines Gebäudes) würden auf die letzten Meter noch auf die Kupferkabel zurückgreifen, was das Potenzial ausbremse.

„Man sollte auch nicht selbst den Anschluss bei seinem alten Anbieter kündigen, sondern es über das Glasfaser-Unternehmen machen lassen, damit es keine Versorgungslücken gibt und man auch seine Rufnummer mitnehmen kann“, betont Karin Bordin.

Glasfaser-Tarif auf eigene Bedürfnisse abstimmen

Sinnvoll sei es außerdem, sich frühzeitig zu überlegen, welcher Tarif gemäß der eigenen Bedürfnisse in Frage kommt. 100 Mbit würden für ein älteres Ehepaar vielleicht ausreichen, für eine Familie mit Kindern jedoch kaum noch. Bei Unsicherheiten empfiehlt sie, eher niedrig zu beginnen, denn heraufstufen könne man seinen Tarif im Nachgang immer noch, zurück meist nicht mehr. Bei einer nachträglichen Änderung beginne die Mindestvertragslaufzeit jedoch wieder von vorn.

Apropos Tarif: Bordin spricht sich grundsätzlich dafür aus, das Angebot des Anbieters genauer unter die Lupe zu nehmen. „Manche Anbieter bieten an, dass der Anschluss ins Haus gelegt wird, auch wenn man noch keinen Tarif dazubucht.“ Als Standard sollte man das jedoch nicht ansehen: In vielen Fällen sei es daher ratsam, bei Interesse im Rahmen der Nachfragebündelung gleich einen Tarif dazuzubuchen. „So ist der Hausanschluss für gewöhnlich kostenlos. Sonst kann er bis zu 2.000 Euro kosten.“ Nun kann es zum Frust der Verbraucher passieren, dass ein Anbieter seine eigene Frist zum Ausbau nicht erfüllt oder die Auftragsbestätigung gar nicht erst eintrifft. Dann könne man dem Unternehmen als Verbraucher per Einschreiben selbst eine neue Frist zur Vertragserfüllung setzen, sagt Bordin. Werde diese dann auch nicht erfüllt, könne man versuchen, den Vertrag stornieren lassen. „Wenn dabei Probleme auftauchen, unterstützt die Rechtsberatung der Verbraucherzentrale gerne dabei.“

Die Pflicht zum „open access“, also dass auch andere Anbieter irgendwann auf das neue Netz zugreifen können, gilt übrigens nur, wenn der Glasfaserausbau gefördert wird. Handelt es sich um einen eigenwirtschaftlichen Ausbau, fällt diese Pflicht derzeit weg.

Überblick über den Verlauf

„Das Thema ist komplex und für den Verbraucher nicht leicht zu durchblicken“, weiß Bordin. Nützlich kann daher ein grober Überblick darüber sein, wie der Anbieterwechsel abläuft. Den Anfang macht die Nachfragebündelung eines Anbieters. Wer sich dabei für einen Anschluss entscheidet, unterschreibt zunächst einen Vorvertrag, auf den die Auftragseingangsbestätigung folgt. Erst danach entscheidet sich jedoch, ob es tatsächlich zum Ausbau kommt.

Sollten sich genügend Interessenten finden und so der Ausbau in die Wege geleitet werden, folgt die Auftragsbestätigung, mit der die Mindestvertragslaufzeit von maximal 24 Monaten beginnt. Ab da besteht nochmals eine befristete Möglichkeit, den Vertrag zu widerrufen. Eine Auftragsbestätigung bedeute aber nicht, dass man den Anschluss zu diesem Zeitpunkt bereits nutzen könne, sagt Karin Bordin. Erst in der Zeit danach erfolgen der Bau, die Schaltung des Anschlusses sowie die Portierung der Rufnummer und im Zuge dessen erst die Zahlungen an den neuen Anbieter. Nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit besteht die Möglichkeit, zu kündigen und etwa in einen DSL-Vertrag zurückzukehren, falls gewünscht.

Weitere Infos unter www.verbraucherzentrale.nrw/glasfaseranschluss und unter www.gigabit.nrw.de.

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