SONSBECK. Dem Zweiten Weltkrieg fielen weltweit mehr als 50 Millionen Menschen zum Opfer. Einige Monate vor der Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 wurde an der Front am Niederrhein noch erbittert gekämpft und viele junge Soldaten verloren in dieser letzten Phase des Krieges ihr Leben. Oberleutnant Arndt von Pape war einer von ihnen. Sein Name steht auf einem der 349 Gräber auf dem nach Kriegsende angelegten und 1956 offiziell eingeweihten Ehrenfriedhof, der heute (nach zahlreichen Erweiterungen) einen zentralen Platz auf dem Sonsbecker Friedhof einnimmt.

Arndt von Pape mit seiner Tochter Uta-Maria. (Foto: Uta-Maria von Westernhagen)

Kurt Friedrich Wilhelm Arndt von Pape wurde am 5. September 1909 in Hannover geboren. Seine Mutter war eine geborene Kulenkampff, der Showmaster Hans-Joachim Kulenkampff ein Cousin. Auch mit dem Haus Hannover war der adelige Soldat verwandt. Anfang 1945 kam Oberleutnant von Pape wegen eines glatten Oberarmdurchschusses ins Lazarett. Bei dieser Gelegenheit sah er seinen Sohn, von Pape hatte 1941 geheiratet, das erste und letzte Mal. Weil er sein Ehrenwort gegeben hatte, zu den unerfahrenen, jungen Soldaten an die Front zurückzukehren, verlor er sein Leben. Granatsplitter verletzten ihn am 22. Februar 1945 tödlich. Beerdigt wurde er in Sonsbeck, fern der Heimat.

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Hinter den Namen steckt eine Geschichte

Jahrzehntelang war Arndt von Pape nur ein Name – jetzt gibt es nicht nur ein Gesicht, sondern auch eine Geschichte dazu. Zu verdanken ist das dem Sonsbecker Verein für Denkmalpflege, der am Sonntag, 19. November, im Rahmen des Volkstrauertags eine Ausstellung zur Historie des Ehrenfriedhofs zeigt. Zu sehen sind neben Archiv-Bildern und alten Zeitungsberichten die Tafeln mit den Totenzetteln der Sonsbecker Kriegsopfer und erstmals auch die Ergebnisse der Recherchen über einige der Kriegstoten, die hier ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Dass das kein leichtes Unterfangen war, weiß Dietrich von Quistorp. „Man hat erstmal nur einen Namen und fängt dann an, nach möglichen Verwandten zu suchen“, hat von Quistorp vor gut einem halben Jahr begonnen, sich mit Arndt von Pape zu beschäftigen. Dabei ist er auf ein adeliges Gutshaus gestoßen, etwa 300 Kilometer von Sonsbeck entfernt. Ein Treffer, denn nach unzähligen Versuchen hatte er tatsächlich den Enkel des Verstorbenen am Telefon. Dietrich von Quistorp erzählte ihm von dem Vorhaben des Vereins und bat um Informationen – und dann passierte wochenlang erstmals nichts. „Irgendwann hat sich dann die Tochter bei mir gemeldet“, erzählt von Quistorp. Die ist heute über 80 Jahre alt, hat viel erzählt und Fotos geschickt. Eigentlich habe man die sterblichen Überreste des Toten in die Familiengruft überführen wollen, doch für eine Umbettung sei es damals schon zu spät gewesen. „Sie war noch nie hier an seinem Grab und sehr froh, dass wir uns seiner Geschichte annehmen“, sagt von Quistorp.

Viele Soldaten wurden keine 20 Jahre alt

Erfolgreich war man bei von Pape wohl auch deshalb, weil er mit 35 Jahren zu den „älteren“ Toten gehört. „Das Durchschnittsalter der hier Beigesetzten liegt bei 26 Jahren und über die Hälfte war noch keine 20 Jahre alt“, weiß Thomas Grütters, der sich ebenfalls bemüht hat, Hinterbliebene aufzuspüren. Häufig gibt es keine direkten Nachkommen und die Familien wissen nur wenig über die Gefallenen. „Wir haben insgesamt um die 250 Telefonate geführt“, sagt Grütters. Und natürlich habe man (exemplarisch) auch nur diejenigen berücksichtigen können, die einen Namen hinterlassen haben. Denn über ein Drittel der Kriegstoten wurden anonym beigesetzt.

“Einen Ort der Erinnerung schaffen”

Mit dem Ehrenfriedhof verbunden fühlt sich der Sonsbecker Verein seit seiner Gründung vor 40 Jahren. „Damals sind Heinrich Kerstgens und ich von Haus zu Haus gezogen und haben Spenden gesammelt“, erzählt Heinz-Peter Kamps, Vorsitzender des Vereins. Es ging darum, für die Sonsbecker Toten, von denen viele als vermisst galten, weil ihre Überreste nie gefunden wurden, eine Gedenkstelle zu errichten. Die Namen der Toten wurden auf Steintafeln eingraviert, die sich im Mittelfeld des Ehrenfriedhofs befinden. „Es ging uns nie darum, ein Kriegerdenkmal zu errichten“, sagt Kamps, „wir wollten einen Ort der Erinnerung schaffen.“ Mit der Frage, ob die Wehrmachtssoldaten Täter oder Opfer gewesen sind, haben sich die Mitglieder des Vereins auch im Zuge ihrer jüngsten Recherchen auseinandergesetzt. „Wir wollen da nichts bewerten und weder verurteilen noch beschönigen“, sagt Grütters. Das Bestreben des Vereins, mehr über die Menschen herauszufinden, die in Sonsbeck begraben wurden, richte sich in erster Linie gegen das Vergessen. Man wisse nicht, wer zum „Verbrecher“ geworden oder wer vielleicht „nur“ ein Mitläufer gewesen sei. Doch man könne nur aus der Geschichte lernen, wenn man sich damit auseinandersetzt. Und eben dazu soll die Ausstellung beitragen, die morgen im Rahmen des Volkstrauertags gezeigt wird.

Gedenkfeier und Ausstellung am Volkstrauertag

Die Gedenkfeier, zu der die Gemeinde Sonsbeck und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge alle Bürger einladen, beginnt am Sonntag um 11.30 Uhr am Rathausplatz an der Herrenstraße. In einer Prozession ziehen Ratsvertreter und Abordnungen der Vereine zum Friedhof. Musikalisch umrahmt wird die Gedenkfeier mit anschließender Kranzniederlegung vom Musikverein „Harmonie“ 1911/ 1921. Im Anschluss an die Gedenkstunde wird die Ausstellung eröffnet und bis 17 Uhr zu sehen sein. Bei gutem Wetter werden die Schautafeln im Zelt gleich neben dem Ehrenfriedhof präsentiert, bei Dauerregen oder Sturm in der Friedhofshalle.

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