Geh raus
Carmen und Christian Häger lieben das wandern und halten alles mit ihrer Kamera fest. Fotos: privat

RHEINBERG. Der Name ist Programm: „Geh raus!“ lautet der YouTube-Channel von Carmen und Christian Häger. Das Ehepaar aus Rheinberg hat inzwischen über 2100 Abonnenten, die sie wöchentlich auf ihren Wanderausflügen virtuell begleiten. Jeden Sonntag stellen die Hägers ein neues Video online. 380 sind es mittlerweile mit insgesamt zigtausend Aufrufen. Die beiden sind mittlerweile so erfolgreich, dass sie am kommenden Sonntag für den „Youlius-Award“ – einen Förderpreis für Nachwuchscreator – als eine von drei Auserwählten in der Kategorie „Gesundheit und Sport“ nominiert sind.

Vor drei Jahren haben Carmen und Christian Häger „Geh raus!“ ins Leben berufen. Christian Häger hat darin sogar zwei seiner Interessen miteinander verknüpft: Das Wandern und das Schneiden von Videos. „Wir waren beide schon immer gerne draußen“, sagt Carmen Häger. Ihr gemeinsames Hobby war sehr lange das Geocaching, das sie „sehr exzessiv“ betrieben haben. Mittels GPS-Daten haben sie sich dabei auf eine Art Schnitzeljagd begeben. „Christian war irgendwann die reine Leitplanke zu langweilig. Er hat sich dann eine Kletter-Ausrüstung besorgt und ist damit auch los“, berichtet Carmen Häger.

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Geh raus!Beim ersten Lockdown während der Coronavirus-Pandemie wurde der Drang, draußen zu sein, bei beiden jedoch immer größer. „Ich war damals als Vertriebsmitarbeiter im Außendienst sehr viel zu Hause. Die Kundenbesuche fielen ja weg. Irgendwann wollte ich dann gerne einfach nur raus“, berichtet Christian Häger. Er und seine Frau fanden immer mehr gefallen am Wandern. Zum achten Hochzeitstag wanderten sie am 20. Juni 2020 zu den Externsteinen in Horn-Bad Meinberg. „Christian fragte mich, ob er das nicht mal mitfilmen dürfte. Ich sagte: Ja klar, mach doch“, erzählt Carmen Häger. Ihren Ausflug zu der markanten Sandstein-Felsformation im Teutoburger Wald veröffentlichten sie nur zwei Tage später auf YouTube. Fast sechs Minuten dauert das Video, das jedoch lediglich die Landschaft zeigt.

Ihre nachfolgenden Videos sind die beiden etwas anders angegangen. „Im nächsten Video meinte Christian schon zu mir, ob ich nicht auch was erzählen könnte. Am Anfang war das komisch, aber man kommt da immer besser rein“, sagt Carmen Häger, während ihr Mann ergänzt: „Carmen ist da wirklich ein Naturtalent und ,One-Take-Wonder‘. Sie spricht einmal und man kann das direkt genauso verwenden.“

Geh raus!In ihren Videos steckt allerdings trotzdem jede Menge Arbeit. Zum einen bereiten sie sich auf jede Wanderung vor. „Wir lesen uns vorher im Internet durch, welche Sehenswürdigkeiten es gibt und was man wissen muss. Das erzählen wir dann. Vieles entdecken wir aber auch erst während der Tour“, sagt Christian Häger. Die meiste Arbeit stecke aber in der Nachbearbeitung. „Ich brauche rund vier bis acht Stunden, um das Material zu sichten und das Video zu schneiden“, erzählt der 40-Jährige. Dabei sei das Rohmaterial nicht viel länger als das Endprodukt von etwa acht Minuten. „Aber der Schnitt ist schon aufwendig. Ich habe das zwar nicht gelernt und mir alles selbst beigebracht, aber dennoch möchte ich, dass jedes Video so perfekt wird, wie ich es eben machen kann“, sagt Christian Häger, der der Antreiber hinter „Geh raus!“ ist. „Ich glaube, wenn ich alleine wäre, hätte ich schon längst aufgegeben. Aber Christian hat da ein großes Durchhaltevermögen. Denn es ist wirklich so: Bei YouTube braucht man einen langen Atem, ehe man Erfolge feiert“, sagt Carmen Häger.

Jeden Sonntag ein neues Video

Jeden Sonntag um 8 Uhr stellen sie ein neues Video auf ihren Channel. „Früher haben wir auch schonmal zwei Videos pro Woche produziert. Aber das ist zu viel. Wir arbeiten ja beide noch Vollzeit. YouTube ist nur unser Hobby, bei dem ich aber auch bisher in keiner Sekunde gedacht habe, dass es mir zu viel wird oder ich es aufgeben möchte“, sagt Christian Häger. Zu viel Arbeit hätten sie dazu auch bereits in „Geh raus!“ investiert. Zu Beginn ihres Kanals mussten sie schließlich erstmal die magische Marke von 4.000 Wiedergabeminuten innerhalb eines Jahres erreichen. „Das ist mit achtminütigen Videos nicht so einfach“, sagt Häger. Doch mittlerweile haben sie diese erreicht und können – als kleinen Zusatzverdienst – Werbung schalten.

„Leben können wir davon aber nicht. Wir sind dafür auch nicht mutig genug. Es gibt ja Creator, die ihren Job kündigen, sich ein Wohnmobil kaufen und einfach losziehen. Aber das trauen wir uns nicht“, sagt Carmen Häger. Deshalb investieren die beiden einen Großteil ihrer Freizeit in „Geh raus!“. Manchmal unternehmen die beiden sogar samstags und sonntags eine Wanderung, die sie dann „ohne Skript“ filmen. „Wir versuchen schon immer etwas vorzuproduzieren, falls wir mal krank werden oder das Wetter so schlecht ist, so dass wir nicht gehen können“, erklärt Christian Häger. Der YouTube-Algorithmus sei schließlich so eingestellt, dass Creator jede Woche mindestens ein Video hochladen müssen, damit sie anderen Usern angezeigt werden und sich steigern können. Sogenannte „Shorts“ (Kurzvideos, Anm. d. Red.) laden die beiden deshalb fast täglich hoch.

Geh raus
In Skandinavien haben sie im vergangenen Jahr eine dreiwöchige Rundreise gemacht.

Neben den klassischen Wanderungen haben die beiden auch einige Städtetrips hochgeladen. Sie waren schon unter anderem in Aachen, Düsseldorf, Brüssel, Koblenz oder jetzt kürzlich zum zweiten Mal in Xanten. Dieses Mal ging es um die Xantener Südsee. Im vergangenen Jahr nahmen sie ihre Zuschauer zudem mit auf eine dreiwöchige Tour durch Norwegen und Schweden. „Wir bleiben allerdings aus Zeitgründen auch viel in der Region – zum Beispiel dem Ruhrgebiet. Da gibt es viele tolle Wanderrouten und Wege“, sagt Christian Häger. Dort würden ihnen die Wandermöglichkeiten, die sie unter anderem auf Internetplattformen wie Komoot finden, nie ausgehen.

“Sport und Gesundheit”

Am kommenden Samstag hoffen die beiden, dass „Geh raus!“ den 500 Euro dotierten „Youlius-Award“ in der Kategorie „Sport und Gesundheit“ gewinnt. Dass sie es allerdings unter hunderten Bewerbungen überhaupt schon so weit geschafft hätten, sei ein großer Erfolg – der fast gar nicht zustande gekommen wäre. „Für den Award musste man sich bewerben. Als ich den Aufruf entdeckt habe, war schon der Tag des Anmeldeschlusses gekommen. Wir hatten noch zwei Stunden. Ich habe schnell die Unterlagen fertiggemacht und eingereicht, hatte die Bewerbung aber später schnell wieder vergessen. Irgendwann kam die Nachricht, dass wir es in die engere Auswahl geschafft haben. Dass wir aber wirklich unter die ersten drei kommen würden, hätten wir niemals gedacht“, sagt Christian Häger. Am Samstag geht für das Ehepaar also so oder so ein Traum in Erfüllung – der nur noch vom ersten Platz gekrönt werden könnte.

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