RHEINBERG. Eines muss man den „Rhinberkse Jonges“ lassen: Sie wissen, wie man eine Party schmeißt. Wundern braucht einen das aber nicht, immerhin kümmern sie sich bereits seit 75 Jahren um den Karneval in Rheinberg. Entsprechend stark fiel auch die erste Jubiläumssause in Form der ersten Büttensitzung aus, die vergangenen Freitag in der sehr gut gefüllten Stadthalle in Rheinberg über die Bühne ging. Hier wurde gelacht, geschunkelt und gefeiert, das Programm fiel gewohnt vielseitig aus – inklusive einer luftigen Überraschung.

Nachdem gegen 19.30 Uhr die federführenden Akteure in die Stadthalle eingezogen waren, nutzten die Jonges in Gestalt des (Sitzungs)Präsidenten Matthias Plugge – der mit Vize Lars Kisters locker flockig durch den Abend führte – die Gelegenheit, angesichts der vielen Demos „einen klaren Standpunkt“ einzunehmen: „Überall stehen die Bürger auf, um zu zeigen, dass Deutschland ein buntes und tolerantes Land ist. Wenn ich mich hier so umsehe, schließen wir uns dem an. Unser Ziel als Rhinberkse Jonges ist es, friedlichen, bunten und herzlichen Karneval zu feiern.“ Dem stimmten die Gäste nicht nur mit Applaus zu, auch das Motto: „75 Jahre Spaß, Tanz und Toleranz“ untermauert diesen Ansatz.

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Nachdem der Präsident verdiente Mitglieder und Gäste begrüßt hatte, ging es auch schon los, denn das Versprechen war groß. Und es wurde erfüllt: Mehr als 120 Akteure in Gestalt von 14 Rednern, Tanz- und Musikgruppen standen im Verlauf des Abends auf der Bühne – und zwar rein ehrenamtlich. Der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Rheinberg begleitete den Abend.

Starkes Programm

Unter Applaus zeigten direkt am Anfang die U18-Mädels der Rhinberkse Fünkchen ihr Können, die in diesem Jahr ihr 10. Jubiläum feiern. Da war die Zugabe beschlossene Sache. Ähnlich ging es bei den anderen Tanzgruppen des Abends zu: Während die Pappilonis anlässlich ihres 30. Jubiläums mit wehenden Flaggen und einem echt piratigen Tanz ihre Ovationen verdienten, enterten die Filutschies in Kuh-Kostümen als „Rindviecher“ das Spotlight.

Traditioneller ging es bei den Rhinberkse Mädels zu, was aber nicht weniger mitreißend war, wie unter anderem ihr Spiel mit blauen und roten Lichtern bei gedämmtem Licht bewies. Das Halbdunkel wusste zum Einstieg auch das Männerballett „Die ollen Dollen“ für sich zu nutzen, als es mit Leuchtstäben und orangenen Overalls und Mützen optische Akzente setzte. Was die blonden Perücken sollten, zeigte sich danach, als zu „Barbie Girl“ in Röcken getanzt wurde. So dürfte man sich auch an ihr 10. Jubiläum noch lange erinnern. Zuletzt bewies dann noch die Tanzende Stadtwache gewohnt gekonnt ihre Beweglichkeit.

Mit einer Mischung aus karnevalistischem Witz und neuinterpretierten Hits punkten die Wodnods als „Rheinberger Boyband“ mittlerweile seit einem Vierteljahrhundert. Auch am Freitag haben sie wieder mit „viel Spass in der Buchs“ mit einer Zeitreise durch 25 Jahre lokale Dönekes auf ihre unvergleichliche Art aufgegriffen: Mal ging es ums Rheinberger Pflaster und den Verkehr, dann um die gute alte Kneipenzeit an der Orsoyer Straße. Gelegenheit für ein paar freundliche Sticheleien untereinander und in Richtung Verwaltung fand sich ebenfalls.

Georgs Welpen bewiesen zu ihrem 10. Geburtstag, dass sie auf eigenen Beinen stehen können. Sie führten in einem Sketch ohne Worte vor Augen, wie absurd das Kinoerlebnis als Zuschauer manchmal werden kann. Die Berkas feiern ihrerseits dieses Jahr sogar ihr 70. Jubiläum: Für die Gäste hieß das wieder eine gelungene Mischung aus Rheinberger Liedern. Auch Karsten I. schneiderte man eines auf den Leib.

Prinz Karsten I. seilt sich ab

Und dann waren da natürlich noch die Büttenreden: Den Anfang machte Prinz Karsten (Nebe) I., „der Erklimmende“. Reimend legte er in seiner Büttenrede dar, wie er vor 13 Jahren von Paderborn nach Rheinberg kam und Anschluss bei den Jonges fand. Da spielten auch die anderen Teile des Dreigestirns, Hofmarschall Markus Cerkovc und Zeremonienmeister Ralf Renkens, eine wichtige Rolle in seiner Geschichte. Als passionierter Kletterer, der es auch im Karneval weit nach oben gebracht hat, bewies der Prinz nach der Pause mit seiner „Flugeinlage“ ein Gespür für große Auftritte. Indem er sich von der Decke abseilte, leitete er die zweite Hälfte des Abends mit spektakulärer Note ein.

Lokal ging es mit dem Münsterländer Kiepenkerl Georg Welp zu, der in seiner Rede unter anderem von meckernden Rheinbergern, Schlaglöchern und der Rutsche im Underberg-Bad sprach. Ein besonderes Bonbon war Welps Vorstellung davon, wie sich Bürgermeister Dietmar Heyde wohl auf seine ersten Karnevalsveranstaltungen vorbereitet hat.

Klaus Vaupel betrat mit roter Warnweste die Bühne, um als Kontrolleur zu überprüfen, ob alles mit rechten Dingen zuging. Dabei schweifte er mit bayerischem Akzent immer wieder vom Thema ab und ließ es sich zum Beispiel nicht nehmen, gegen den aktuellen Rechtsruck auszuteilen.

Mario Heinen dagegen erzählte als Rentner von den Schattenseiten des Ruhestands. Pfarrer Martin Ahls reimte als Till Eulenspiegel von Automatensprengungen, den Geldsorgen der Verwaltung und dem ultraschnellen Giganetz.

Letzter Redner des Abends war Paul van Holt, der sich als Umschüler zum Pharmareferenten nicht nur als „Experte für blaue Pillen“ vorstellte, sondern gleich auch eine regelrechte Gag-Salve abfeuerte. Am Ende hatte er auch einen guten Rat für die Besucher: „Genießt das Leben, denn man ist länger tot als lebendig!“

Nach fünf Stunden jecker Unterhaltungskunst war die erste von drei Büttensitzungen Geschichte. Fortsetzung folgt: am 2. und 4. Februar.

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