XANTEN. So schweißtreibend hatte sich Hans-Wilhelm Barking, Vorsitzender des DomBauvereins Xanten, den offiziellen Termin nach Instandsetzung der Pfeiler am Dom nicht vorgestellt. Eigentlich hatten die Mitarbeiter der Dombauhütte die Arbeit schon vollendet, nun ging es „nur” noch darum, die Spannseile wieder zu lösen.

Mit vereinten Kräften und Fingerspitzengefühl sind Hans-Wilhelm Barking (l.) und Johannes Schubert (r.) in 20 Meter Höhe an der Südseite des Doms im Einsatz. NN-Foto: L. Christian
Mit vereinten Kräften und Fingerspitzengefühl sind Hans-Wilhelm Barking (l.) und Johannes Schubert (r.) in 20 Meter Höhe an der Südseite des Doms im Einsatz.
NN-Foto: L. Christian

Zunächst ging es recht komfortabel mit einem Aufzug in die Höhe auf eine Plattform in gut 20 Metern Höhe. Hier hatten seit August die Fachleute einen Pfeiler auf der Südseite komplett abgetragen und mit Originalsteinen wieder neu aufgebaut. Dombaumeister Johannes Schubert erläutert die Notwendigkeit: „Seit Jahren beschäftigen wir uns mit der Sicherung des Strebesystems am Xantener Dom und beobachteten Risse an den nördlichen und südlichen Pfeilern, die immer größer wurden. Als wir am Pfeiler 25 mehrere Risse am Pfeilerschaft dokumentierten, die durch Durchfeuchtung und Frosteinwirkung aufgetreten waren und diese genauer untersuchten, wurde klar, dass sie ein Risiko für die Standsicherheit des gesamten Systems darstellten.” Es musste gehandelt werden. Und dazu wurden Statiker und weitere Fachleute hinzugezogen. Eine Sanierung kam nicht in Frage, es musste der Pfeiler von der Spitze in 25 Meter Höhe bis zum Dachansatz der Seitenschiffe abgetragen werden und mit geeigneten Materialien wieder aufgebaut werden. Keine leichte Aufgabe und daher war auch der Aufzug (über den die Xantener Dombauhütte nicht selbst verfügt) notwendig, um tonnenweise Material hinauf- und hinabzuschaffen. Die Fugen füllten die Fachleute mit Blei und bearbeiteten dieses Material, wie es bereits die Römer gemacht haben, weil es sich besonders gut eignet. Für die Zeit der Baumaßnahme mussten Parafilseile die Sicherung des Strebesystems übernehmen. Eine neue Herausforderung für die Fachleute der Dombauhütte. Die Seile konnten sie vom Kölner Dom ausleihen, doch die Verspannung war knifflig, verlangte Fingerspitzengefühl und Vertrauen, dass die Zugseile jeweils 1,5 Tonnen Schubkraft leisteten, um die Statik des Gewölbes zu gewährleisten. „Gott sei Dank hatten wir keinen kräftigen Nordwind”, atmete Johannes Schubert beim Abschluss der Arbeiten auf, denn dann hätte er befürchtet, dass unvorhergesehene Bewegungen zu Rissen oder Schlimmerem geführt hätten.

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Sicherheitshalber kamen beim Lösen der Seile Sensoren zum Einsatz, die ständig die Statik überwachten. Der entscheidende Augenblick war gekommen: Hans-Wilhelm Barking übernahm einen Hebel der Ratsche, Johannes Schubert einen anderen und auf der gegenüberliegenden Seite des Domes kamen die Mitarbeiter der Dombauhütte Mathias Dungs und Thorsten Knapp zum Einsatz. Möglichst gleichmäßig sollte die Spannung gelöst werden, damit die Kräfte wieder über die Pfeiler und Bögen abgeleitet würden. Barking brauchte Unterstützung von Schubert, damit das Gewinde sich nicht mitdrehte. Tatsächlich sah man erste Schweißtropfen – noch mal die Kontrolle – die bange Frage „Sind Risse zu sehen?” – die nächste Frage: „Was sagen die Sensoren?” Keine Risse, alles stabil – Aufatmen – das Seil hängt sichtbar durch im Kircheninnenraum. Geschafft!

Doch so ein Dom ist ein „Dauerpatient” – wie es Dombaumeister Schubert ausdrückt. Auch die anderen Pfeiler sind im Visier, ihnen hat das Wetter wohl nicht ganz so zugesetzt wie dem Pfeiler 25. So wie es jetzt aussieht, brauchen sie nicht komplett erneuert werden, doch Sanierungsarbeiten sind sicherlich auf Dauer erforderlich. Die Arbeit geht nicht aus, da sind  sich alle einig.

 

 

 

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