XANTEN. Jetzt, wo der Karneval auf seinen Höhepunkt zusteuert, hat Xantens Bürgermeister Thomas Görtz vergangenen Montag den jugendlichen Narren-Adel zum traditionellen Empfang ins Xantener Rathaus eingeladen. Neben dem Xantener Kinderprinzenpaar Jacob I. und Lina I. mit ihren Pagen Leon und Zoey ist auch die Weseler Kinderprinzessin Marlene I. mit ihren Pagen Elaine, Erik und Lara dem Aufruf gefolgt.
Der Karneval ist am Niederrhein etwas Besonderes. Man könnte auch von einem Ausnahmezustand sprechen. Dass dann andere Regeln gelten, zeigt zum Beispiel der Umstand, dass Xantens Bürgermeister beim Empfang seiner Gäste am Montag sogar seinen „Chefsessel“ im gut gefüllten Sitzungssaal bereitwillig für Jacob I. und Lina I. räumte. Aber auch seine Begrüßungsrede untermauerte den Stellenwert des jecken Treibens, in der er, mit dem übergroßen Schlüssel zum Rathaus in der Hand, auch auf den bevorstehenden Rathaussturm der Möhnen zu sprechen kam. In diesem Zusammenhang wies er gleich auf den Sammelbehälter hin, in den die Möhnen am morgigen Donnerstag doch bitte ihren Getränkepfand werfen sollen. Denn, so sein Versprechen, der Erlös soll dem Kinderprinzenpaar zugute kommen.
Dann startete der Abend auch schon in sein kurzweiliges Programm. Den Anfang machte die Kindertanzgarde des XCV, die, kaum fertig mit ihrem toll choreografierten Tanz, unter donnerndem Applaus eine Zugabe folgen ließen. Dann war auch schon das Xantener Kinderprinzenpaar an der Reihe.

Das ist das Prinzenpaar

Jacob I., 13 Jahre alt, und Lina I., 11 Jahre, sind auch deshalb so ein gutes Team, weil sie sich schon etwas länger kennen: Früher waren sie Nachbarn, heute besuchen sie beide das Stiftsgymnasium in den Klassen 7b und 6b. Wenn nicht gerade die Pflicht ruft, schlägt Jacobs Herz in seiner Freizeit vor allem für die Musik. Neben seiner Tätigkeit als Pfadfinder besucht er nämlich die Musical- und Kunstschule, spielt Posaune und tanzt – was er unter Umständen bald im Gardetanz fortsetzen könnte, wie er sagt. Lina spielt hingegen leidenschaftlich gern Fußball, tobt sich aber auch kreativ aus – ebenfalls in der Kunstschule. Im Gymnasium hingegen treibt sie in der Fairtrade-AG Themen wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz voran.
Ihre jetzigen Gewandungen tragen sie vor allem wegen ihrer Vorgängerin, Prinzessin Magdalena I. (Lindemann). Diese hatte zuerst Jacob gefragt, ob er ihr als Page zur Seite stehen wolle. Bevor er seine „Ausbildung“ zum Prinzen antrat, holte er wiederum seine alte Nachbarin dazu. Für Jacob I. fiel die Entscheidung schon deshalb nicht schwer, weil der Karneval von klein auf für ihn dazu gehört. Es liegt ihm gewissermaßen im Blut: „Meine Mutter kommt aus einer Karnevalsregion“, erklärt er. Aber auch Lina I. ist diesbezüglich kein unbeschriebenes Blatt, habe sie sich doch immer schon gerne verkleidet. Das ist es auch, was die beiden am Karneval besonders schön finden: „Dass man in andere Rollen schlüpfen kann.“
Ganz sie selbst waren sie jedoch in ihrer selbst geschriebenen Rede, in der die beiden auch ernstere Töne anschlugen: Lina I. sprach von „Schatten“ über Deutschland und einem geheimen Treffen in Potsdam, Jacob I. schob ein klares Statement nach: „Wir stellen uns klar gegen Rassismus und Gewalt“. Gleichzeitig teilten sie öffentlich ihre Hoffnung, dass andere es ihnen gleichtun mögen.
Als „Rede mit Substanz“ lobte Thomas Görtz den Ansatz der beiden, appellierte aber sogleich daran, die Fröhlichkeit nicht zu vergessen und sich den Optimismus nicht nehmen zu lassen. In diesem Sinne überreichte er dem Prinzenpaar und seinen Pagen sogleich Orden aus Schokolade. Orden verteilte das Prinzenpaar dann auch selbst an die Tänzerinnen – zusammen mit einem High-Five.
XCV
Auch die Showtanzgruppe des XCV sorgte für eine spektakuläre Tanzeinlage.

Der Auftritt der Showtanzgruppe des XCV wurde anfangs zwar durch ein paar technische Schwierigkeiten torpediert, die aber schnell vergessen waren, als die spektakuläre Einlage beginnen konnte. Entsprechend laut und anhaltend fiel der Applaus aus.

Dann richteten sich die Blicke auf den hohen Besuch von jenseits des Rheins: Marlene I. war aus Wesel angereist, die, wie sie in einem freundschaftlichen Seitenhieb verkündete, „schönste Stadt, die der Rhein zu bieten hat“. Sich und ihre Pagen stellte sie in Reimen vor. Dann bewies das Quartett, dass es nicht nur flinke Zungen hat, sondern auch eine flotte Sohle aufs Parkett legen kann. Der Dank folgte nicht nur als Applaus, sondern auch in Form eines Ordens.
Bevor der Empfang sein Ende fand, konnten sich die jecken Royalitäten und ihre Pagen noch ins „karnevalistische Goldene Buch“ der Stadt eintragen. Ein kleines Malheur gab es allerdings auch hier zu verzeichnen: statt Jacob I. war hier von Jakob I. die Rede. Unterschrieben hat der Prinz natürlich trotzdem. Und der Bürgermeister versprach aufrichtig: „Das werden wir noch ausbügeln.“
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