RHEURDT/NIEDERRHEIN. Vor mehr als zwei Wochen hat sich Martin Broekmann aus Rheurdt erneut auf den Weg in die Ukraine gemacht. Mit seinem Projekt „5.000 Mahlzeiten“ unterstützen er und seine Tochter damit zum dritten Mal Bedürftige mit wichtigen Hilfsgütern.

2.500 Lebensmittelkonserven in zwei Wochen: Als Martin Broekmann und Tochter Lisa 2022 das erste Mal damit begonnen haben, für die Ukraine zu sammeln, lief es fast wie von selbst. Danach wurde es zunehmend schwieriger – weil viele weitere Krisen seither die Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben, vermutet Broekmann. Beim zweiten Mal dauerte es bereits vier Monate, bis 1.800 Konserven zusammenkamen. In Vorbereitung auf die dritte Fahrt waren es nach fünf Monaten nur noch 800 Konserven. Weitere 1.000 Stück konnte das Duo jedoch mit zehn treuen Unterstützern generieren, als sie gemeinsam vor einem Supermarkt die Kunden aktiv um Einkäufe für den guten Zweck baten.

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Weil ihre Aktion den beiden auf verschiedene Weise große Anstrengungen abverlangte, war Anfang 2023 noch gar nicht sicher, ob es überhaupt eine dritte Reise geben würde. Am Ende fiel ihnen die Entscheidung aber nicht schwer: „Weil es einfach sein muss“, sagt Martin Broekmann.

Widrige Bedingungen

5.000 Mahlzeiten
Martin Broekmann hat auch Petro in Lyubikovichi besucht.

Warum das so ist, erlebt er derzeit hautnah, denn es sind vor allem die Ärmsten der Armen, die der Rheurdter im Blick hat. Einer von ihnen ist Petro, der unter widrigsten Bedingungen – unter anderem auf engstem Raum und mit wenig Licht – in einem Holzhaus im Dorf Lyubikovichi lebt. „Das Einzige, das hier funktioniert, ist die Heizung. Holz ist nämlich billig“, erläutert Broekmann am Telefon. Er hat dem 64-Jährigen nicht nur mit Lebensmitteln, sondern auch mit einer Taschenlampe eine große Freude bereiten können. „Er ist in Tränen ausgebrochen und hat sich überschwänglich dafür bedankt, dass Deutschland der Ukraine hilft.“ Angesichts des Ausmaßes des Krieges erreiche nicht jeden die begrenzte staatliche Hilfe in der Ukraine. „Ich war der erste, der überhaupt zu ihm gekommen ist.“

Martin Broekmann weiß natürlich, dass er etwas Gutes tut, dennoch bleibe immer ein Gefühl von Hilflosigkeit. „Denn die Gesamtsituation verbessern wir letztlich nicht.“ Mut macht ihm dennoch ein Zitat von Mutter Teresa: „Wir fühlen, dass alles, was wir tun, nur ein Tropfen im Ozean ist. Aber wäre dieser Tropfen nicht, so würde er den Ozeanen fehlen.“ Für ihn heißt das: „Den Menschen, die ich hier besuche, bringt es etwas.“

5.000 Mahlzeiten: Von Kowel bis Kiew

Nachdem er über Berlin, Frankfurt, Łódź und Warschau in der Ukraine angekommen war, ging es für Broekmann zunächst zu seinen Kontakten in die Stadt Kowel. Von hier aus besuchte er verschiedene Stationen entlang der Straße in Richtung Kiew, um vor allem die Menschen in der Nähe der weißrussischen Grenze (Belarus) zu versorgen. Als letzte Station steht Rudnja auf dem Plan. Hier wohnen die Menschen besonders abgeschieden, erzählt er. „Es leben etwa 100 Menschen auf einer Strecke von sechs Kilometern.“

Seine Anreise verlief, anders als in den Jahren zuvor, zwar ohne besondere Zwischenfälle. Etwas Pech hatte Broekmann dann allerdings in der Ukraine, wo ihn in den letzten Tagen eine Erkältung zu einem ungeplanten Stopp in Owrutsch zwang. Mittlerweile ist er aber wieder unterwegs, um nicht nur den verbleibenden Bestand der Konserven, sondern auch der insgesamt 260 Schlafsäcke, 300 Sturmhauben und mehr als 100 Powerbanks zu verteilen.

Ein besonderer Halt wird Broekmann in Butscha bei Kiew erwarten. „Das ist da, wo die Massaker am Anfang des Krieges passiert sind.“ Hier möchte er mit einem Kinderfahrrad und einem Kinderroller auch den Kleinen eine besondere Freude machen.

Die Lage vor Ort

Weil der Krieg konstant wütet, habe sich die allgemeine Lage zunehmend verschlechtert, berichtet Broekmann. Als Beispiel nennt er die Soldatenbegräbnisse, von denen er bei seinem Besuch in 2023 nur eines erlebt habe. „In den Städten, die ich besuche, gibt es sie jetzt jeden Tag.“ Weiter verdeutlicht er die Situation am westlich gelegenen Kowel: Bei rund 60.000 Einwohnern habe es bisher knapp 300 Soldatenbestattungen gegeben, 200 Soldaten würden noch vermisst – viele nicht älter als Anfang 20. „Dazu kommen um die 500 Schwerverletzte und Invaliden. Und das nur in dieser Stadt.“ Auf den Friedhöfen, die teils auch zwischen den Dörfern lägen, gebe es an jedem Soldatengrab eine ukrainische Fahne. „Hier ist alles voller Farben“, erzählt er.

Ein Gesicht bekäme der Verlust zudem durch die Fotos der Gefallenen auf einer Stellwand auf dem zentralen Platz in Kowel. Mittlerweile würden sehr viele Soldaten an der Ostfront aus dem Westen stammen. „Man merkt auf diese Weise, dass der Krieg in jeder Stadt angekommen ist, auch wenn nicht gebombt wird.“

Das heißt aber nicht, dass der Kampfgeist der Einheimischen vor dem Erlöschen stände: „Die Menschen sagen, sie gewinnen den Krieg, auch wenn sie am Ende mit der Schaufel kämpfen müssen.“

Spenden noch möglich

Wer den Einheimischen helfen möchte, kann das auch jetzt noch tun: Mit potenziellen Geldspenden per Paypal unter Verwendung der E-Mailadresse 5000Mahlzeiten@web.de möchte Martin Broekmann weitere benötigte Güter für die Menschen vor Ort kaufen. Dazu gehört auch eine neue Waschmaschine für ein Altenheim, das er zuletzt besuchte. Eindrücke von seiner Reise postet Broekman auf Facebook und Instagram, Stichwort „Fünftausend Mahlzeiten“.

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