RHEURDT. Es geht in den Endspurt für Martin Broekmann und Tochter Lisa, was die Vorbereitungen für ihre zweite Spendenfahrt in die Ukraine angeht. Im Rahmen ihrer Aktion „5.000 Mahlzeiten“ freuen sich die beiden weiterhin über jede Sach- und Geldspende. Vor allem Schlafsäcke werden weiterhin gebraucht.

Die erste Fahrt nach Kovel ist mittlerweile einige Monate her: 4.200 Konserven sind damals zwischen Februar und April 2022 zusammengekommen. Weitere Spenden gingen auch danach noch ein. 1.700 Konserven zählten die Organisatoren zum Sommer hin. Dann kehrte langsam Ruhe ein, auch für die Initiatoren Martin und Lisa Broekmann aus Rheurdt war es eine sehr anstrengende Zeit. Losgelassen hat sie das Thema aber bis heute nicht.

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Harter Alltag

Seit November kurbeln die beiden ihre Aktion wieder an. Denn die Situation in der Ukraine ist noch immer prekär. Über allem schwebt die Sorge der Menschen vor dem großen Knall, wie Martin Broekmann erfahren hat. Trotzdem geben sich die Ukrainer bescheiden, wenn er mit ihnen spricht. Auch die mittlerweile allzu bekannten, greifbareren Alltagsprobleme spielt Dolmetscher Oleg, der Kontakt der beiden vor Ort, gerne herunter. Ganz im Gegensatz zu Deutschland, wo gerne gejammert werde, obwohl die eigene Situation gar nicht so katastrophal sei, wie Broekmann findet. „Wir müssen immer bohren, bis wir Antworten bekommen“, sagt er. So haben die beiden Rheurdter dann irgendwann erfahren, dass der Strom in Kovel an guten Tagen vielleicht vier Stunden fließt. Das ist aber längst nicht alles. Da wäre noch die hohe Arbeitslosigkeit durch den Krieg und die Heizungsproblematik, wenn man denn überhaupt eine hat. Teils gerade einmal 15 oder sogar nur 13 Grad Celsius herrschen in den Häusern vor Ort. „Das ist schon verdammt kalt.“ Stattdessen heiß baden oder die Wärmflasche an sich drücken? In der Situation keine Alternative.

Hinzu kommt der Hunger. Und genau hier setzen Martin und Lisa Broekmann wieder mit 2.500 Konserven an, will heißen: mit „5.000 Mahlzeiten“. Die kalte Jahreszeit war der Grund, wieso sie ihr Hilfspaket schließlich noch um Schlafsäcke ergänzt haben. Nach derzeitigem Stand sind es 182 Schlafsäcke, die Martin Broekmann voraussichtlich in der Nacht auf Sonntag, 5. Februar, mit seinem jeweils 3,5 Tonnen schweren Fahrzeug und Anhänger auf den langen Weg nehmen wird.

Über Hannover, Berlin, Warschau und dann über die weißrussisch-polnisch-ukrainische Grenze soll es zuerst zu den Freunden nach Kovel gehen, ehe der Weg dann weiter in die tiefere Ukraine führt. Hier möchte Broekmann den oft vergessenen Menschen mit warmen Mahlzeiten aushelfen. Ausgestattet mit einem leistungsstarken Notstromaggregat sollen die Menschen aber nicht nur Gelegenheit bekommen, ihren eigenen Akku aufzuladen, sondern auch jene ihrer Powerbanks und Handys.

Mitfahrer gesucht

Bevor er die Reise antritt, hofft Martin Broekmann noch helfende Mitfahrer zu finden. Wer Interesse hat, müsste allerdings entweder einen Anhängerführerschein sein Eigen nennen oder selbst ein Fahrzeug mitbringen.

Um die größtmögliche Hilfe zu leisten, sucht Familie Broeckmann zudem noch weitere Spender: neue oder gebrauchte (in diesem Fall bitte vorher gewaschene) Schlafsäcke können an der Rathausstraße 6 in Rheurdt (links neben der Sparkasse) abgegeben werden. Auch Geldspenden per Paypal unter Verwendung der E-Mailadresse 5000Mahlzeiten@web.de sind eine sehr große Hilfe: sowohl, um benötigte Güter zu kaufen, als auch um die Reise selbst unternehmen zu können. Denn: „Helfen ist viel teurer geworden“, sagt Broekmann. Die Möglichkeit, in der Ukraine kostenlos zu telefonieren und ins Internet zu gehen, hätten die Telefongesellschaften im Juli gecancelt. Als humanitärer Transport konnte Broekmann 2022 zudem noch kostenlos durch Polen fahren. „Jetzt müssen wir Maut bezahlen.“

Seiner Erfahrung nach helfen vor allem die vermeintlich ärmeren Leute und die Mittelschicht großzügig aus. Trotzdem hoffen er und seine Tochter, vielleicht noch auf die zugkräftige Hilfe jener zählen zu können, die sich am wenigsten um ihr tägliches Brot sorgen müssen.

Eine dritte Fahrt möchte das Duo zwar nicht ausschließen, kann sie allerdings auch nicht versprechen. Das liegt zum einen am riesigen, kräftezehrenden Aufwand. Erschwerend hinzu kämen laut Martin Broekmann auch die negativen Kommentare, teils sogar persönliche Anfeindungen bei der Bewerbung der Aktion in den sozialen Medien. Vorwürfe wie, man solle lieber den Tafeln oder hungernden deutschen Senioren helfen, lässt er jedoch nicht gelten. In Deutschland seien die Lösungen für die Probleme wesentlich näher und greifbarer als in der Ukraine.

Als Gegengewicht zu den beleidigenden oder entmutigenden Kommentaren betont Broekmann auch die ihm kraftspendenden Quellen. Dazu gehören nicht nur der Wille, etwas zu bewegen und die uneigennützige Hilfe der Spender, sondern vor allem seine Tochter Lisa. Sie stand ihm von Beginn an mit ganzem Herzen zur Seite: ganz gleich ob sie das Logo designt, Pakete annimmt, Hilfsgüter verpackt oder Spenden generiert. So ist er sich sicher, dass auch die nächste Aktion wieder ein voller Erfolg wird. Weitere Infos gibt es auf der Facebook- und Instagram-Präsenz der Aktion.

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