REES. Die Zeit vergeht wie im Flug: Das dieser Spruch stimmt, merkt Heidi Wellmann dieser Tage besonders, wenn sie anlässlich des 25. Jubiläums ihres Ateliers „Individuum“ auf die vergangenen Jahrzehnte zurückblickt. Zu diesem Anlass möchte sie auch ein wenig feiern und zwar am Samstag, 25. November, in ihren Räumlichkeiten am Reeser Feld 5.
Heidi Wellmann wird seit jeher von ihrer Vorliebe für Gestaltung angetrieben. Diese lebte sie zunächst ab 1980 mit ihrer eigenen Werbefirma aus. Damals gestaltete sie noch Schaufenster und Bühnen und entwarf Schriften – letztgenannte entstanden da „noch handschriftlich auf Transparentpapier“, erzählt sie. Heute geschieht so etwas längst am Computer. Nach ihrem Geschmack ist das nicht, ihrem Hang zum Handwerklichen konnte sie jedoch bis heute treu bleiben, auch weil sie rechtzeitig einen neuen Weg eingeschlagen hat. Der hat sie zu vielen Arten der Kunst geführt.
So ist Heidi Wellmann längst zu einem Tausendsassa geworden: Sie ist Schmuckdesignerin, Malerin, Fotografin, Objekt-Künstlerin. Parallel zu ihrem Beruf hat sie bis 1997 ihre Palette nach und nach erweitert, nahm zum Beispiel Unterricht bei Malern in Wesel, Dinslaken und in der Schweiz.
Als Schmuckliebhaberin begann sie, mit dem Aufkommen der Kunsthandwerkermärkte in den 1980er Jahren Glasschmuck zu fertigen. „Das wurde mir aber irgendwann zu starr. Ich konnte es nicht mehr so gestalten, wie ich es wollte. Deshalb habe ich Goldschmieden und Schmuckdesign gelernt.“ Wo man das lernen konnte, verriet zu dieser Zeit noch kein Internet, also holte sie ihre Infos auf den Märkten ein, suchte das Gespräch mit anderen Künstlern. „Man musste hart dafür arbeiten, um Quellen aufzutun.“
Viele Techniken lernte sie schließlich in Italien. Zu ihren Lehrern gehörten auch bekannte Namen wie Markus Heinsdorff. „Ich habe sofort Blut geleckt. Das war einfach mein Ding“, erzählt sie. Es sei eine tolle Zeit gewesen, nicht nur zum Lernen. „Auch die Seele kam dabei nicht zu kurz!“
Neustart in Rees
1996 zog sie mit ihren Mann Heinz Wellmann, den man seit 15 Jahren als Nachtwächter zu Rees kennt, von Dinslaken nach Rees in das Haus am Reeser Feld 5, wo sie noch heute leben. Vom großen Wohngebiet fehlte damals noch jede Spur, das Ehepaar stand mit ihrem Haus, ein alter Bauernkotten, ganz allein auf weiter Flur. Das Haus erfüllte die Ansprüche, und ihre zweijährige Suche am ganzen Niederrhein kam zu einem Ende. „Wir suchten ein Häuschen, wo wir unsere Ideen verwirklichen konnten“, erläutert Wellmann. Nach den ersten Umbauten durch ihren Ehemann war es 1998 soweit.
In diesem Jahr lud sie zur ersten „Ausstellung der Sinne“ mit Musik und Kunst ein, wenn auch in eher ungewöhnlichem Ambiente – sie fand nämlich im frisch umgebauten Schweine- und Hühnerstall statt. „Dass in einem privaten Haus in dieser Größenordnung ein Kunsthandwerkermarkt veranstaltet wurde, gab es nirgendwo“, erzählt sie. Durch ihre in den Vorjahren geknüpften Kontakte fanden 20 Aussteller aus allen Himmelsrichtungen ihren Weg nach Rees. Der Erfolg gab den Plänen recht, daran konnte auch die Eröffnung an einem Freitag den 13. nichts ändern. „Es sprach sich herum wie ein Lauffeuer. Man hat uns die Bude eingerannt“, erinnert sie sich mit einem Lachen. Zwölf Mal fand die Ausstellung seither statt, das letzte Mal 2009.
Immer wieder ausgebucht waren von 1999 bis 2015 auch die kleinen, aber immer hochkarätig besetzten Kreativ-Seminare. Die Dozenten kamen teils aus Städten wie Aachen und Köln und brachten den Teilnehmern mehr über Themen wie Kalligrafie, Weben, Filzarbeiten, Malerei oder Steingestaltung bei. Manchmal dozierte Wellmann auch selbst. „Ich habe auch immer wieder für alle gekocht“, blickt sie zurück.
Mittlerweile ist die Künstlerin aus Leidenschaft kürzergetreten. „Aber ich bin dankbar für die Menschen, die mich 25 Jahre durch diese Zeit getragen haben.“ Auch wenn es keine geregelten Öffnungszeiten mehr gibt, freut sie sich nach wie vor über jede Terminanfrage per E-Mail an mailbox@individuum.de und unter Telefon 02851/982316.
