KESSEL. Von einer verwaltungsorientierten Entscheidung hin zu einer bürgerorientierten Entscheidung – so lässt sich das anhaltende Engagement für den Erhalt des Standortes der Niers-Kendel-Schule in Kessel zusammenfassen. Wie bereits mehrfach berichtet, soll die Grundschule im Ort geschlossen werden; der Rat der Stadt Goch hatte sich im Juni dieses Jahres für die Zusammenführung der beiden Standorte Kessel und Asperden in einem Schulneubau in Asperden ausgesprochen.

Da diese Entscheidung für großen Unmut im Dorf sorgte, hatte Bürgermeister Ulrich Knickrehm im Mai zum Bürgergespräch geladen, auch um den Standpunkt der Verwaltung zu erläutern. „Die Argumente waren ausgetauscht, als die Entscheidung zur Schließung getroffen wurde, mussten wir uns erst einmal sammeln“, erinnert sich Lars Wagner, Mitglied des Verkehrs- und Heimatvereins Kessel (VHV) und Mit-Initiator des Bürgerbegehrens „Schule bleibt“.

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Bürgerbegehren

Die Bürgerinitiative an, hat das Bürgerbegehren vorbereitet, mit dem Ziel, die drohende Schließung doch noch abzuwenden. Außerdem gehe es darum, das Dorfleben in Kessel und Asperden attraktiv zu erhalten und etwas gegen „den Frust im Umgang mit der Verwaltung“ zu tun, so Lars Wagner: „Unsere Stimme soll gehört und miteingebracht werden.“ Schule, Kindergarten, Dorfladen – all das gehöre zu den Dingen, die das Umfeld attraktiv machen und dafür sorgen, dass sich Menschen bewusst für das Leben im Dorf entscheiden.
„Mit der Stadt haben wir die Fragestellung noch ein bisschen nachgeschärft“, loben Lars Wagner und Bernd Thönnesen, 1. Vorsitzender des VHV, allerdings die faire und offene Zusammenarbeit bei der Vorbereitung des Bürgerbegehrens.

Hauptausschuss prüft Rechtmäßigkeit

Der Haupt- und Finanzausschuss prüft nun die Rechtmäßigkeit des Bürgerbegehrens (der Rat hat diese formale Aufgabe an den Ausschuss übertragen) und wenn grünes Licht aus dem Rathaus kommt, dann können ab dem 5. Dezember Unterschriften zur Unterstützung des Bürgerbegehrens gesammelt werden. Bernd Thönnesen ist sich sicher, dass bis zum Stichtag 19. Januar 2024 die benötigten 2.500 Unterschriften zusammenkommen, damit auf ein erfolgreiches Bürgerbegehren ein Bürgerentscheid folgen kann. „Wir werden von Haus zu Haus gehen und auch in den umliegenden Ortschaften um Unterstützung bitten.“ Denn es gebe momentan eine Solidarität der Dörfer, die sich gegen einen Ausverkauf ihrer Strukturen wehren. „Auch in Asperden gibt es viele Menschen, die keine große Schule und den damit verbundenen Straßenverkehr wollen“, sagt Thönnesen, Stichwort „Kurze Beine – kurze Wege“.

Umbau und Modernisierung

Nach wie vor favorisiert die Bürgerinitiative Umbau und Modernisierung beider Standorte und hat dafür eigene Planungen vorgelegt. Alle Klassenräume in Kessel würden neu gebaut, die Kinder müssten nicht in renovierten oder unmodernen Räumen sitzen, heißt es. Die Bestandsräume sollen für die Verwaltung und die Betreuung der Kinder genutzt werden. Nicht abreißen, sondern nutzen, sei das Motto – auch unter Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit. „Vor einigen Jahren wurden zum Beispiel die Dächer gedämmt und Photovoltaik angebracht, das wäre doch schade, das alles abzureißen“, meint Bernd Thönnesen. Zudem würden die Kesseler um ihre Turnhalle – hier wurde die Heizungsanlage 2020 saniert – fürchten, in der neben Schul- auch Vereinssport stattfindet. Zwei Standorte böten den Kindern weiterhin größere Schulhofflächen und die Chance, pädagogische Konzepte, etwa die 1:1-Betreuung, besser umsetzen zu können.

Außerdem, so geben Wagner und Thönnesen zu bedenken, müsse die Verwaltung erst noch ein geeignetes Grundstück für den Schulneubau in Asperden ankaufen; würde das nicht klappen, sei ein Neubau auf dem bestehenden Gelände platztechnisch eine wesentliche Verschlechterung – siehe Schulhofgröße. Nicht nachvollziehen könnten sie, so Thönnesen und Wagner mit Blick auf steigende Schülerzahlen und die Notwendigkeit zu handeln, dass die Verwaltung die weitere Planung in Sachen Niers-Kendel-Schule erst einmal ausgesetzt und keine Finanzmittel in den Haushalt 2024 eingestellt habe – mit der Begründung, die Ergebnisse des Bürgerbegehrens abwarten zu wollen. „Wir wollen keinen Aufschub, unserer Meinung nach steht das Bürgerbegehren einer Alternativplanung nicht entgegen.“

Bürgerentscheid

Ist das Bürgerbegehren erfolgreich, muss die Stadt Goch einen Bürgerentscheid durchführen. Dafür hat sie drei Monate Zeit. Der Bürgerentscheid läuft wie eine Kommunalwahl ab, allerdings ausschließlich per Brief. Hier könnten sich die Bürger – abstimmen darf jeder Gocher ab 16 Jahren sowie hier gemeldete EU-Bürger – für oder gegen den Erhalt der beiden Schulstandorte Kessel und Asperden aussprechen. Ein Bürgerentscheid ist einem Ratsbeschluss gleichzusetzen, den die Verwaltung umsetzen muss. „Deshalb unser Appell, das Bürgerbegehren zu unterschreiben, man kann sich ja nachher immer noch entscheiden und ,nein‘ sagen“, betont Lars Wagner. Bei einem Bürgerentscheid müssten 6.000 Stimmen, also 20 Prozent, für den Erhalt des Schulstandortes erreicht werden, um den Ratsbeschluss doch noch zu kippen. „Wir hoffen, mit dem Bürgerbegehren unsere Ziele zu erreichen, und sind gerne bereit, die Basisdemokratie walten zu lassen“, führt Lars Wagner aus, „damit wir am Ende besser mit der Entscheidung leben können, egal wie sie ausfällt.

Die Bürgerinitiative „Schule bleibt“ informiert auf ihrer Website unter der Adresse www.schulebleibt.de über die Ziele der Aktion, nennt ihre Argumente für den Erhalt des Grundschulstandortes und wird dort auch über den Fortschritt der Unterschriftensammlung informieren, die am 5. Dezember, beginnen soll, wenn der Hauptausschuss das Bürgerbegehren für zulässig erklärt.

Großes Bild: Sie hoffen, dass ihr Einsatz in der Bürgerinitiave Früchte trägt (v. l.): Bernd Thönnesen, 1. Vorsitzender VHV, Carola Heesen, Rolf Binn, stellvertretender Vorsitzender des CDU-Ortsverbandes Kessel und Lars Wagner. NN-Foto: CDS

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