XANTEN. Kunst zu erschaffen, ist nicht selten harte Arbeit, aber genauso erfüllend. Hanne Ness aus Xanten weiß das aus jahrzehntelanger Erfahrung nur zu gut. Noch heute brennt sie mit jugendlicher Begeisterung für die Malerei, wohl auch deshalb haben ihre Werke Anhänger in der ganzen Welt gefunden. Ein kleines Portrait über eine Künstlerin, die sich nie hat verbiegen lassen.

Fast 30 Werke präsentiert Hanne Ness derzeit in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz. Fast 30 Bilder, die allesamt von ihrer besonderen Handschrift zeugen: expressiv und surreal sind ihre Werke, figürliche Darstellungen von Menschen, zumeist Frauen, treffen auf mal mehr, mal weniger abstrakte Hintergründe mit vielen Bildelementen. Ihr Interesse gilt den Menschen mit ihren Eigenschaften, der Psyche, Gestik und Körpersprache. „Wie viel macht das Äußere aus, wenn man aufs Innere geht? Ist es wirklich ein Spiegelbild oder nur eine Kostümierung?“, erläutert Ness. Skizzen gibt es bei ihr eigentlich nicht, stattdessen bevorzugt sie es, aus dem Gefühl heraus zu arbeiten.
Das Ergebnis wirkt nicht selten märchenhaft, aber das passt ja auch zum Titel der aktuellen Ausstellung. „Zwischen-Welten“ heißt sie, weil die Künstlerin sich bei der Arbeit zwischen der äußeren und inneren Welt bewegt, zwischen der realen und ihrer persönlichen, teils märchenartigen Schaffenswelt, in die sie immer wieder eintaucht – und dabei ständig die Zeit vergisst, wie sie schmunzelnd zugibt.

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Das Malen ist für sie eine Berufung. Ihre Bilder zeichnet jene Tiefe aus, die nur durch eine persönliche Handschrift entsteht. Durch einen Stil, den sie in Jahrzehnte währender Arbeit immer weiter verfeinern konnte. Dabei waren ihre Anfänge wie bei den meisten ganz bescheidener Natur. „Ich bin sozusagen Seiteneinsteigerin“, sagt sie.

Sprung in die Welt der Farben

„Eigentlich wollte ich Modezeichnerin werden“, erzählt Hanne Ness. Aber dafür brauchte es damals eine Ausbildung zur Schneiderin. Weil sie genau das nicht wollte, landete sie letztlich im Büro eines Rechtsanwalts, heiratete jung, bekam ein Kind. Aber der Ehe war kein Glück beschienen. Ein Jahr nach der Scheidung lernte sie jedoch den Mann kennen, mit dem sie bis heute verheiratet ist. Damals hatte er gerade mit seinem Kunststudium begonnen, was Ness‘ Wiedereinstieg in die Welt der Kunst markierte: Sein akademischer Hintergrund stellte sich schon damals als große Stütze für sie heraus. Fortan wandelten sie nämlich gemeinsam auf den Spuren der Kunst, zuerst in Duisburg, wo das Paar bald schon fünf Jahre lang lebte: „Praktiziert habe ich da aber noch nicht so sehr. Ich habe jedoch theoretisch viel mitbekommen und bin immer mit in Museen gegangen.“

Das setzte sich so fort, auch als ihr Mann seine Stelle als Lehrer antrat. Mit seinem Berufsalltag kam für Hanne Ness aber irgendwann die Gelegenheit, ihre eigene Arbeit niederzulegen und sich – neben der Erziehung der Kinder – ihrer Leidenschaft ganz praktisch zu widmen, seit Anfang der 80er Jahre in Xanten. „Mein Mann konnte neben dem Beruf nicht mehr so viel künstlerisch arbeiten. Dafür hat er mich ein wenig beneidet, aber auch sehr gestützt“, erzählt die heute 72-Jährige mit einem Lächeln.

„Kunst muss frei sein”

Ihre erste Ausstellung hatte Ness 1992 in der Arztpraxis eines Freundes in Alpen. Ein Jahr später begann sie für zehn Jahre, ihr Wissen einmal wöchentlich in Arbeitsgemeinschaften in der Marienschule weiterzugeben. Das tat sie auf jene Weise, die ihr von Anfang an auch für sich selbst als die einzig richtige erschien: frei arbeitend und ohne Druck, nach eigener Form und Vorstellung. Eben deshalb waren Auftragsarbeiten oder ein Studium nie eine Option für sie: „Kunst muss frei sein“, ist Hanne Ness überzeugt. Die ersten 15 Jahre malte sie auf Seide, bis ihrem Mann auffiel, dass sie ganz expressionistisch über die Konturen hinaus arbeitete. Also schwenkte sie schließlich auf eine neue Technik um, auf jene Mischung aus Acrylmalerei und Collage, die ihr heute zu eigen ist. „Ich arbeite auf Holz und in Schichten“, erläutert sie.

Hanne Ness hat sich nie verbiegen lassen, damit über die Jahre ihren eigenen Stil gefunden und ihn immer weiterentwickelt. An Vorbildern habe sie sich dabei nie bedient – zumindest nie bewusst. Auch von Ängsten lässt sie sich nicht bremsen: „Ein Bild muss nichts werden, darf aber!“ Dementsprechend gehören Fehlschläge für sie fest zum Künstlerleben dazu. Bei all dieser Freiheit hat ihr Erfolgsrezept aber noch eine andere wichtige Zutat: Beharrlichkeit. „Kunst ist auch harte Arbeit“, weiß sie. Dranbleiben lautet daher ihre Devise.

Präsenz zeigen

Die verfolgt sie auch, wenn sie ihre Werke der Öffentlichkeit präsentieren möchte. Geschehen ist das in der Vergangenheit schon oft. Nicht nur regional, sondern auch bei Einzel- und Gruppenausstellungen in Berlin, Osnabrück oder Bremen und sogar international in Ländern wie Österreich, Frankreich, Luxemburg, Italien und China. Im Zuge dessen schmücken seit 2009 und 2012 auch zwei Kunstpreise ihr Atelier. Um solche Erfolge verbuchen zu können, hat sie immer wieder auf klassische Weise die Werbetrommel für sich gerührt, reichte mal hier, mal dort Bildbeispiele und ihre Vita ein. „Das potenziert sich. Man hat gute Karten, wenn man viel gemacht hat.“

Einige Erfolge verdankt sie aber auch den technischen Errungenschaften der Neuzeit. Über ihre Präsenz auf verschiedenen Plattformen – seien es ihre Homepage (www.hanne-ness.de) oder die Social-Media-Kanäle – ist sie zuletzt nicht nur an die Ausstellung in Mainz gekommen, sondern weckt auch immer wieder das Interesse von Käufern aus der ganzen Welt. Das ist aber nicht immer zwangsläufig der große Wurf, der er zu sein scheint. Die Gefahr von Betrugsversuchen ist nicht zu unterschätzen, entsprechend hoch fällt auch der Rechercheaufwand vor dem Verkauf aus. Ihr Rat für solche Situationen: gelassen bleiben, abwarten und keinen Druck aufkommen lassen. Hilfreich können natürlich Kontakte zu anderen Künstlern und Experten sein. Erst letztes Jahr half ihr ein Gallerist aus Düsseldorf dabei, der Anfrage eines Arztes aus Dallas nachzugehen. Das Angebot stellte sich als seriös heraus und so machten sich gleich drei ihrer Bilder auf die lange Reise über den großen Teich in die USA.

Regelmäßig im direkten Austausch

Nicht nur der Kontakt zu anderen Künstlern jeglicher Couleur ist Ness wichtig, auch der direkte Draht zu den Kunstliebhabern bedeutet ihr viel. Eine Gelegenheit zum Austausch lässt sie nicht gerne aus: „Ich freue mich, wenn ein Bild den Leuten etwas sagt. Vor allem bin ich immer gespannt, was es ihnen sagt“, erzählt sie. Daher trifft man sie immer wieder persönlich bei den Ausstellungen an, zum Beispiel jedes Jahr auf dem Xantener KleinMontMartre, immer an derselben Stelle.

Eine neue künstlerische Richtung wird sie so schnell aber wohl nicht einschlagen: „Ich hatte mir früher einmal vorgestellt, Skulpturen zu bauen. Aber das schaffe ich zeitlich nicht.“ Stattdessen ist sie glücklich darüber, ihren persönlichen Stil kreiert zu haben, an dem die Leute sie erkennen. „Ich glaube, das ist eine große Leistung.“ Ihrem Thema möchte Hanne Ness so lange treu bleiben, bis es sich erschöpft hat. Von Ermüdungserscheinungen fehlt allerdings noch jede Spur: Dafür bietet ihr ihre innere Schaffenswelt einfach noch viel zu viele Ideen.

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