KREIS WESEL. Der Kreis Wesel wird älter. Umso wichtiger ist da die umfassende und rechtzeitige Beratung rund um das Thema „Pflege“. Diese erhalten Betroffene, Angehörige und interessierte Dritte nach einer qualitativen und personellen Neuausrichtung vom Fachpersonal der trägerunabhängigen kommunalen Pflegeberatung. Anlaufstellen gibt es in allen 13 Städten und Gemeinden.
Noch immer wissen viele Menschen nichts von den Beratungsangeboten und den sich daraus ergebenden Möglichkeiten. Aber selbst wenn doch: Das Thema ist nicht allzu beliebt. „So weit ist es noch nicht“ ist einer der Sätze, die Melanie Segerath von der Pflegeberatung der Stadt Dinslaken immer wieder zu hören bekommt.
Aber: „Pflege ist ein drängendes Thema im Kreis Wesel“, weiß Landrat Ingo Brohl. Das belegen auch die Zahlen: Bereits Stand Dezember 2021 gab es 38.700 pflegebedürftige Menschen im Kreis Wesel. „Das sind ungefähr 8,5 Prozent der Bevölkerung.“ Aber nicht nur sie profitieren von einer Beratung, wie Kreisdirektor Ralf Berensmeier sagt: „Pflegende Angehörige sind der bundesweit größte Pflegedienst.“ Ohne sie gehe nichts, daher sei es auch in ihrem Sinne, sich rechtzeitig über die Möglichkeiten zu informieren, vorsorgend tätig zu werden und sich somit zu entlasten.

Frühzeitig vorsorgen

Weil sich alle Kommunen und der Kreis bei der Wichtigkeit des Themas einig sind, gibt es mit der Neuausrichtung – die mit einer Konzeptüberarbeitung vor anderthalb Jahren ihren Anfang nahm – nun ein umfassendes Beratungs- und Hilfsangebot in allen Rathäusern im Kreis. „Es ist eine große Errungenschaft, die nicht alle Kommunen bieten“, sagt Dr. Ralf Tebest vom Fachdienst „Hilfe in besonderen Lebenslagen“.
Wohnortnah, niederschwellig, bedarfsgerecht und kostenlos steht das gelernte Fachpersonal mir Rat und Tat zur Seite. Erklärtes Ziel ist es, dass die Menschen so lange und so selbstständig wie möglich in den eigenen vier Wänden leben, während gleichzeitig auch die pflegenden Angehörigen gesund bleiben. Das Angebot zielt zwar vor allem auf präventive, frühzeitige Vorsorge ab, „wir wollen aber auch Partner sein, wenn die Pflege intensiviert werden muss“, sagt Ingo Brohl.
Wie Ralf Tebest empfiehlt, sollte man Rat nicht erst dann einholen, wenn man bereits auf der Suche nach einem Pflegeheim ist, sondern bereits dann, wenn sich erste gesundheitliche Verschlechterungen bemerkbar machen und der Alltag schwerer fällt. Es gelte, sich stufenweise nach dem eigenen Bedarf anzupassen und damit so gut und so lange es geht die Selbstständigkeit aufrechtzuhalten.
Die Berater freuen sich daher auch über all jene, die sich noch vor dem Auftreten gesundheitlicher Probleme informieren möchten, um zum Beispiel ihr Zuhause barrierefrei zu gestalten. Auch Hausbesuche sind möglich.
„Wir nehmen uns Zeit, um uns vor Ort ein Bild zu machen“, sagt Martina Matenaers, Pflegeberaterin des Kreises. Bei einer einmaligen Beratung bleibt es aber nicht, Stichwort „Casemanagement“: „Wir bleiben auch dran“, betont Berensmeier.

Kreisweite Qualität

Ein Leitbild soll sicherstellen, dass die Angebote in allen Kommunen qualitativ vergleichbar sind und überall die gleiche, verständliche Sprache gesprochen wird. „Wir arbeiten als Team“, betont Ralf Tebest. Die Berater bringen teils unterschiedliche Qualifikationen mit, was beim Austausch untereinander den Lösungsansätzen für jede Fallbesprechung zugutekommt – die darüber hinaus aber vertraulich behandelt werden. „Den typischen Pflegefall gibt es nicht.“ Das denkt auch Melanie Segerath: „Keine Lebenssituation ist wie die andere.“ Oft sei sogar den Menschen selbst ihr eigentliches Anliegen gar nicht bewusst, wenn sie erste Fragen stellten. Ein Gespräch bringe aber schnell die wichtigen Aspekte zum Vorschein. „Daher ist es wichtig, einen Ansprechpartner zu haben.“
Abgestimmt wird sich auch mit anderen, bestehenden Beratungsangeboten. „Wir sind voneinander abhängig“, sagt Tebest. Viele Themen seien miteinander verknüpft, zum Beispiel, wenn es um das Wohnen oder Menschen mit Behinderungen geht – die mittlerweile ebenfalls zunehmend älter werden und der Pflege bedürfen. Durch die Vernetzung der Angebote sehe man, wo es noch Bedarfe gebe, um entsprechend zu reagieren und Prioritäten zu setzen.
Weitere Informationen mitsamt Kontaktdaten gibt es online unter kreis-wesel.de/de/themen/pflege-beratung.
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