WESEL. Die Weseler Verwaltung blickt zurück auf ein turbulentes Jahr 2022. Aber auch in 2023 steht einiges an. Nicht nur größere und kleinere Vorhaben, auch die Flüchtlingssituation stellt die Stadt Wesel weiterhin vor Herausforderungen.

Wie zuvor schon Bundeskanzler Olaf Scholz spricht auch Bürgermeisterin Ulrike Westkamp von einer „Zeitenwende“, wenn es um den Ukrainekrieg geht. Durch seine Folgen ist das Thema Krieg auch in Deutschland greifbar geworden. Die Flüchtlingsunterbringung konnte die Stadt Wesel bisher relativ gut meistern: das sei auch den vielen Bürger zu verdanken, die private Unterkünfte bereitgestellt hätten, betont Westkamp. „Dafür sind wir sehr dankbar.“ Hinzu kamen temporäre Schlafplätze in der Rundsporthalle, während die Stadt weitere Möglichkeiten auslotete. So kamen schließlich noch die Hansaringschule und die Hansaring-Turnhalle dazu.

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Die aktuelle Bilanz in Wesel: rund 2.400 Flüchtlinge, davon 700 aus Syrien und 600 aus der Ukraine. Tendenz für 2023 klar steigend. Grund dafür sei laut Dezernent Rainer Benien nicht zuletzt der Winter und die zunehmend zerstörte Infrastruktur in der Ukraine. Das mache die Unterbringungslage dramatischer als in 2015. Westkamp ergänzt: „Damals kamen die Leute konzentriert im Sommer, jetzt ist es ein kontinuierlicher Zulauf.“
Mittlerweile hat der Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes NRW mitgeteilt, dass die Stadt das ehemalige Gebäude des Finanzamts Wesel auf der Ritterstraße als Unterkunft nutzen kann. Dieses bietet Platz für rund 70 Menschen, die genaueren Details folgen noch. Aber auch darüber hinaus braucht es noch weitere Unterkünfte, daher freut sich die Stadt auch weiterhin über Angebote aus der Bevölkerung.

Viel Positives

Abseits vieler Probleme brachte 2022 aber auch Positives, wie die Rückkehr zahlreicher Veranstaltungen. Auch das 70. Jubiläum der Städtepartnerschaft mit Hagerstown wurde gefeiert. Als Symbol der langen Partnerschaft wurden unter anderem ein Baum für jedes Jahrzehnt auf der neuen Minigolf-Anlage am Auesee gepflanzt. Auch die 20-jährige Partnerschaft mit dem polnischen Ketrzyn war ein Grund zum Feiern.

Ausblick auf 2023

Im kommenden Jahr steht in Wesel einiges an: Nicht nur geht es mit dem Großprojekt „Kombibad“ weiter, auch rückt die Naherholung in der Aue weiter in den Fokus. 2022 wurde der Rundweg erweitert und saniert, die Beachvolleyballanlage ausgebessert, ein neuer Spielplatz gebaut und der Beteiligungsprozess für die neue Trendsportanlage durchgeführt. Interessant ist dieser Fokus auch für die internationalen Gäste: 2.500 nordamerikanische Touristen haben nämlich im Rahmen der „Viking River Cruises“ an 25 Tagen Halt in Wesel gemacht. Für 2023 sind mit 39 Tagen deutlich mehr Stopps geplant. Auf dem Weg von Amsterdam nach Antwerpen ist Wesel der einzige deutsche Halt.

Um den Aue-Bereich für Bürger und Touristen noch weiter zu stärken, plant die Stadt für 2023 Sanierungsarbeiten auf dem Rundwanderweg entlang des Auesees, den Bau der Trendsportanlage am Auesee (das Budget beträgt 445.000 Euro), den Start des Beteiligungsprozesses für die Skateanlage und die umfangreiche Sanierung der Rasenspielfläche im Auestadion (350.000 Euro).

Investitionen in Schulen

Mit über 80 Einzelmaßnahmen bei knapp 33 Millionen Euro stehen die größten Investitionen für Gebäude an (2022 waren es 12,1 Millionen Euro). 27,6 Millionen Euro kosten allein die Sanierungen und der Bau neuer Objekte für Schulen und Sporthallen mit Fokus auf Erweiterungsgebäude und eine klimaneutrale Ausstattung. Aufgestockt, umgestaltet und mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet wird zum Beispiel die Polderdorfschule Büderich-Ginderich. Damit möchte die Stadt nicht nur zum Klimaschutz beitragen, sondern mittelfristig Energiekosten sparen. Das passt zum Ziel der Verwaltung, sich bis 2025 klimaneutral aufzustellen. Erstmals plant sie zudem, eine Klimabilanz zu veröffentlichen, auf deren Grundlage schließlich eine Roadmap entstehen soll, die die Entwicklung des CO2-Verbrauchs darstellen soll.

Neben weiteren Investitionen in städtische Gebäude werden für 2,5 Millionen Euro auch die Feuerwehrgerätehäuser in Büderich und Obrighoven saniert, die Gerätehäuser in Ginderich und Bislich werden in den kommenden Jahren neu gebaut. Die Planungen hierfür beginnen im Jahr 2023.

Meldestelle zieht um

Auch im Rathaus steht bald eine Veränderung an: Das Bürgerbüro (Meldestelle) zieht in die ehemaligen Eon-Räume in der Rathauspassage um. Gleichzeitig zieht das „Frontoffice“ der Ausländerbehörde in die zuletzt noch umgestalteten Räumlichkeiten der Meldestelle ein. So ließen sich nicht nur das Problem der Überfüllung und Enge lösen, erklärt Ulrike Westkamp, sondern auch mehr Anliegen gleichzeitig bearbeiten. Nur wann genau es soweit sein wird, ist noch unklar.

Mehr Digitalisierung

Auch mit der Digitalisierung geht es weiter voran. Aktuell sind bereits 130 Dienstleistungen in die digitale Welt übergetreten. Wie Dezernent Dr. Markus Postulka verrät, sollen bald auch die restlichen Dienstleistungen, bei denen dies möglich sei, online gehen. Dazu gehört auch das Mängelmeldersystem „Meldoo“, über das man zum Beispiel Vandalismus, wilden Müll oder Straßenschäden melden kann. Nach einer Testphase soll es im Frühjahr an den Start gehen. Die App der ASG wird damit in naher Zukunft abgelöst.

Auch die Schulen werden mit 2,4 Millionen Euro aus dem „Digitalpakt Schule“ und weiteren 300.000 Euro Eigenanteil weiter für die digitale Zukunft fit gemacht. Geplant sind unter anderem Breitbandanschlüsse. Was Kitas angeht, sollen unter anderem jene in Bislich und Büderich erweitert werden. Ob durch Container oder Holzrahmenbauweise, muss sich noch zeigen. Die Planungen dafür laufen derzeit. Wer zudem häufiger am Weseler Bahnhof parkt, kann sich zukünftig über ein Lasererfassungssystem freuen, über das man bereits zuhause überprüfen kann, ob und wo es kostenlose Parkplätze gibt. Der Platz an der Richelswiese ist damit bereits ausgestattet, die übrigen Parkplätze sollen folgen. Den Ausbau fördert der Verkehrsbund Rhein-Ruhr. Die Ergebnisse des Mobilitätskonzepts für die Stadt, an dem derzeit gearbeitet wird, werden ihrerseits für die zweite Jahreshälfte erwartet.

Neben weiteren Erneuerungen von Straßen und Kanälen erwarten die Bürger noch einige städtische Förderprogramme: Diese sollen viele Maßnahmen zur energetischen Optimierung von Gebäuden betreffen, aber auch die Begrünung von Fassaden und Dächern. Mittel für Beratung bietet hingegen das Programm „Klimaschutz in Wesel“.

Als Teil der grünen Bibliothek baut die Stadtbücherei Wesel 2023 die „Bibliothek der Dinge“ weiter aus: Ausleihen können Bürger dann zum Beispiel Messgeräte, um zuhause Energiefresser aufzuspüren. Da Wesel auch Teil des Unesco-Welterbes „Limes“ ist, wird eine neue Radroute (Route Landschaftserlebnis Römerzeit) an das bestehende Netz angeschlossen. In der Nähe des Fundorts des ehemaligen Römerlagers in Flüren wird zudem im kommenden Jahr eine Radstation (Flürener Wald) eröffnet. Tafeln sollen den historischen Kontext einordnen.

Entlastung bei den Steuern

Auch bei den Steuern tut sich 2023 etwas. „Tendenziell werden Bürger entlastet“, sagt der 1. Beigeordnete Klaus Schütz. Die Weseler Wirtschaft und Landwirtschaft erwartet eine gleichbleibende Gewerbesteuer (448 Prozent) und Grundsteuer A (265 Prozent). Die Grundsteuer B steigt zwar leicht von 479 auf 493 Punkte, dafür werden Haushalte bei der Abwassergebühr entlastet. Nächstes Jahr zahlen die Haushalte für den Kubikmeter Schmutzwasser nur noch 2,65 statt 3,17 Euro. Für den Kubikmeter Niederschlagswasser werden 0,86 statt 1,02 Euro fällig.

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