XANTEN. Die wenigsten Besucher des Xantener Doms haben heute noch einen dicken Reiseführer bei sich, der ihnen die Geschichte des historischen Gotteshauses näherbringt. Was aber (fast) jeder von ihnen mit sich trägt, ist das Smartphone. Dieses kann künftig den Reiseführer ersetzen. „Die Besucher kommen nicht mehr hier her, um sich die Dinge, die in ihrem Reiseführer stehen, anzuschauen, sondern sie möchten direkt im Dom lernen und die Dinge vor Ort erleben“, sagt Propst Stefan Notz, Pfarrer von der Xantener St. Viktor Gemeinde und Dechant im Dekanat Xanten. Ein Audioguide, der speziell für das Smartphone und mehrere im Xantener Dom aufgestellte Medienstelen entwickelt wurde, macht dies künftig für jeden möglich.

Der Wunsch nach einem solchen Guide, der auch ohne menschlichen Domführer durch den Xantener Dom führt, besteht bereits seit zehn Jahren. Konkretisiert wurde die Idee allerdings 2019 vom Xantener Dombauverein, als die Ausstellung „75 Jahre Zerstörung Xantener Dom“ vorbereitet wurde. „Bei dieser Ausstellung im März 2020 hatten wir Monitor-Touch-Screens, die komplexe Inhalte im Wechsel wiedergegeben haben. Da haben wir uns gewünscht, dass das nicht nur ein temporäres Angebot wird“, sagt Dombaumeister Johannes Schubert. Daher gründete sich eine Arbeitsgruppe, die sich in den vergangenen Monaten mit der Umsetzung beschäftigte.

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„Neustart Kultur“

Xantener Dom
Georg Werner, Susanne Göbel-Langen, Johannes Schubert und Thomas Fusenig an der Medienstele im Eingangsbereich des Xantener Doms. NN-Foto: SP

Noch im Jahr 2020 stellten die Verantwortlichen einen Antrag an die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, um eine Förderung aus dem coronabedingten Förderprogramm „Neustart Kultur“ zu erhalten. Dieser wurde im Februar 2021 genehmigt. Etwa 50.000 Euro hat das Projekt im ersten Abschnitt gekostet, wovon zehn Prozent das Bistum Münster selbst trug. „Insgesamt haben wir das Projekt damit aber sehr wirtschaftlich umgesetzt“, sagt Thomas Fusenig, der die Projektsteuerung übernommen hat. Neben der Firma, welche sich etwa um die Audioguide-Produktion und die Programmierung gekümmert habe, hätten auch unter anderem Sprecher für den Audioguide und eine Website finanziert werden müssen.

Um die technische Voraussetzung und deren Umsetzung kümmerte sich die Dombauhütte. Dazu gehörte auch ein schnelles- und frei zugängliches WLAN im gesamten Dom, dem Kreuzgang und der Krypta. „Wir wollten, dass der Audioguide wirklich für jeden niederschwellig zugänglich ist“, erklärt Notz. Dazu sei kostenfreies WLAN wichtig gewesen, ebenso wie die drei Medienstelen, die im Dom verteilt sind und so auch ohne Smartphone den Inhalt der Website und zahlreiche Fakten zum Xantener Dom vermitteln. Auch Kopfhörer können im angrenzenden Stiftsmuseum geliehen oder kostengünstig erworben werden, falls man keine eigenen dabei hat. Ebenso sei es möglich, dass Smartphone nah ans Ohr zu halten, um auch ohne Kopfhörer dem Audioguide folgen zu können. „In der Testphase haben wir damit bisher sehr gute Erfahrungen gemacht. Die anderen Dom-Besucher und Beter wurden nicht gestört“, sagt Schubert.

Arbeitsgruppe

Den Inhalt stellte im Vorfeld die Arbeitsgruppe bestehend aus Thomas Fusenig, dem Pastoralteam, Vertretern der Dombauhütte, dem Stiftmuseum und der Katholischen-Theologischen Fakultät der Universität Münster zusammen. „Uns war es wichtig, dass wir den Inhalt in verständlicher Sprache vermitteln und wir einen Audioguide erstellen, den man gerne zuhört und deshalb auch bis zum Ende hört“, sagt Susanne Göbel-Langen. Der Audioguide umfasst aktuell Informationen zu 23 Themen im Dom, wie beispielsweise die „Baugeschichte – vom Doppelgrab zum Dom“, „die Glocken – mehr als nur Zeitmessung“, „Orgelmusik, Gesang, Gebet“, „der Marienalter – ein Wunderwerk der Schnitzkunst“, „der Kreugang – ein Hort der Ruhe“, „ein Mosaikfußboden mit Moral“ oder „die historische Bibliothek – Schätze aus Pergament und Papier“. Alle Informationen zu den einzelnen Stationen, seien in verständlicher Sprache verfasst, so dass es jeder verstehen könne – auch ohne jegliche Vorkenntnisse, betonen die Verantwortlichen.

Vier Sprachen

Der Audioguide ist in vier Sprachen (Deutsch, Englisch, Niederländisch und Französisch) verfasst. Die Texte, die von einer Sprecherin und einem Sprecher vorgelesen werden, sind auch als Texte zum Lesen verfügbar. Weitere Inhalte wie Infos zu den Glasfenstern, Ausstellungen und Aktuellem sollen folgen. Der Audioguide soll damit stetig aktualisiert und erweitert werden. Er solle aber ausdrücklich nicht die Domführer ersetzen. „Er richtet sich vor allem an Touristen ohne Vorkenntnisse, die sich schnell und einfach informieren wollen“, sagt Notz. Wer sich alles anhöre und eine komplette Führung durch den Dom mache – diese umfasst 17 Stationen innerhalb des Domes – sei etwa eine Stunde lang unterwegs. „Auch viele Xantener werden sicherlich noch etwas Neues erfahren“, sagt Notz. Zusätzlich zur bereits im November testweise online gegangenen ersten Audiospur, sei auch bereits eine speziell für Kinder und Familien geplant. Diese solle noch Oktober dieses Jahres umgesetzt werden, da dann auch die Finanzierung durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien ende. Weitere Audiospuren in Zukunft seien aber nicht ausgeschlossen. Zudem plant das Bistum noch mit der multimedialen Erschließung des Domes gemeinsam mit der Katholisch-Theologischen-Fakultät an der Universität Münster ein weiteres Sonderprojekt, das 2023 seinen Abschluss finden soll. Der Xantener Dom sei aber mit dem Audioguide schon jetzt multimedial von der Steinzeit in der Gegenwart angekommen und habe dabei noch eine Generation übersprungen.

Auch für Zuhause

Der Audioguide ist nicht nur während eines Aufenthaltes im Xantener Dom verfügbar. Er kann auch online unter https://domxanten.currit.net angesehen und angehört werden.

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