Gesundheitsbranche krankt!

Minister Laumanns Appell zur Zukunftgestaltung: Mehr Pflegekräfte, mehr Ärzte, Digitalisierung nutzen

XANTEN. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann kam mit etwas Verspätung in die gut besetzte Mensa des Stiftsgymnasiums Xanten. Direkt nach der Begrüßung durch Rolf Trost, Vorsitzender der Seniorenunion Xanten, übernahm er das Mikrofon und bezog über eine Stunde lang Stellung zu aktuellen Themen.

Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (l.) kam auf Einladung von Rolf Trost (r.) , Vorsitzender der Seniorenunion Xanten, zu einem Referat in die Domstadt .
NN- Foto: Lorelies Christian

Er wetterte dagegen, dem Klimaschutz nun alles unterordnen zu wollen: „Umweltschutz ist nur zu haben, wenn wir weiterhin große Wertschöpfung haben.“ Und er hielt ein Plädoyer für den Industriestandort Deutschland: „Die Alternative kann nicht heißen, dass wir unseren Wohlstand aufs Spiel setzen.“ Mit dem Satz „Eine älter werdende Gesellschaft braucht einen gut aufgestellten Sozialstaat“, leitete er über zu seinem Thema Gesundheitspolitik, das eng verbunden ist mit dem Schlagwort „Fachkräftemangel“. Hier bezog Laumann klar Stellung: „Wir können dieses Problem nicht mehr lösen ohne Zuwanderung“ und er fordert „Weltoffenheit“ anstelle von „Abschottung“.
Er unterstrich dies mit einigen Zahlen, bereits jetzt gäbe es laut Schätzungen 100.000 osteuropäische Arbeitskräfte in NRW, die hilfsbedürfte Menschen zu Hause pflegen. 600.000 qualifizierte Arbeitskräfte würden in den nächsten fünf Jahren in Rente gehen. Er forderte mehr Bereitschaft, Menschen, die aus anderen Ländern zu uns gekommen sind, auszubilden. „Von den 250.000 Menschen, die in 2015 zu uns gekommen sind, haben über 40 Prozent eine Arbeit ohne jegliche Fördermittel“, klärt er auf und lieferte eine weitere Zahl: „Von den 110.000 Lehrstellen wurden 7.000 an Flüchtlinge vergeben, die 2015 kamen.“ 200.000 Pflegekräfte gäbe es in NRW, doch in jedem Jahr werden zwei bis drei Prozent mehr Pflegebedürftige erwartet“, rechnete Laumann vor und für ihn ist klar: „Pflege wird nicht nur mit professionellen Kräfte zu leisten sein, Familie wird immer wichtiger!“ Das bedeutet aber auch, dass Angehörige entlastet werden müssten.
Ebenfalls rückläufig sind die Zahlen der niedergelassenen Hausärzte. „Wir haben 11.500 Hausärzte, 50 Prozent von ihnen sind bereits über 50 Jahre alt, in den Dörfern sogar über 60 Jahre“, stellte Laumann fest. Inzwischen liegt ein Beschluss vor, mehr Ärzte auszubilden und diese auch zu verpflichten, nach dem Studium für mindestens zehn Jahre in einer unterversorgten Region zu praktizieren. Durch die sogenannte Landarztquote soll die Versorgung in ländlichen Gebieten verbessert werden.
Dann wetterte Laumann gegen die „Doppelstrukturen“ und fordert Konzentration von Fachgebieten, so dass nicht jedes Krankenhaus alles anbietet. Er wolle in 2020 eine „zertifizierte Krankenhausplanung“ vorlegen, wonach Krankenhäuser anhand ihrer Fallzahlen bewertet würden, um Strukturen, Geräte und Personal besser einsetzen zu können. Dies löste einen kleinen Schock in der ‚Xantener Zuhörerschaft aus und die Frage stand im Haus: „Was wird dann mit unserem 160-Betten-Krankenhaus in Xanten?“ Laumann machte deutlich: „Damit auch eine qualitativ hochwertige Versorgung für ländliche Regionen gewährleistet bleibt, müssen Kompromisse gefunden werden. Mir ist wichtig, dass im Notfall die Intensivstation eines Krankenhauses in maximal 30 Minuten zu erreichen ist.“
Die Digitalisierung liegt dem Minister ebenfalls am Herzen. Er zeigte kein Verständnis dafür, dass immer noch nicht möglich ist, Daten auf Krankenkassenkarten zu speichern, um für Ärzte und Apotheker mehr Transparenz über die Krankheiten ihrer Patienten zu erreichen – das würde sehr viel Zeit und doppelte Erhebung von Untersuchungen ersparen. Die Gesundheitsbranche hinke hier der restlichen Wirtschaft deutlich hinterher, das machte er am Beispiel der Banken sehr deutlich.

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