Die Menschen hinter dem Team der Kinderschutzambulanz: (v.l.n.r.) Christoph Weß, kaufmännischer Direktor, Monika Hanßen, systemische Familienberatung, Susanne Schade und Dr. med Katharina Ketteler, Oberärztinnen der Klinik für Kinder und Jugendliche, Andreas Kohlschreiber, Pflegedirektor, und Dr. med. Karsten Thiel, Chefarzt der Klinik für Kinder und Jugendliche. NN-Foto: Dickel

GELDERLAND. 12.321 Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern gab es laut polizeilicher Kriminalstatistik im Jahr 2018 bundesweit. Dazu kommen 3.487 Fälle von Misshandlungen an Kindern bundesweit im Jahr 2018. Das Erschreckende: Die erfassten Zahlen stellen nur die strafrechtlich angezeigten Vergehen an Kinder dar. Die Dunkelziffer liegt wesentlich höher.

Genau hier setzt das neue Angebot des St.-Clemens-Hospital an. Seit Ende letzten Jahres wurde erstmalig im gesamten Kreis Kleve eine Kinderschutzambulanz im Gelderner Krankenhaus initiiert. Durch die Arbeit, die die Ärzte und Berater im St.-Clemens-Hospital machen, besteht die Möglichkeit, „auch etwas unterhalb der Eisbergspitze zu entdecken”, so Dr. med. Katharina Ketteler, Oberärztin der Klinik für Kinder und Jugendliche im St.-Clemens-Hospital.

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Die Initialzündung zu diesem Projekt sei durch die bereits im Krankenhaus vorkommenden Fälle gegeben worden: „Das wir einen Bedarf an einer Kinderschutzambulanz haben, sehen wir oft bei den Kindern, die wir hier behandeln”, erklärt Christoph Weß, kaufmännischer Direktor im St.-Clemens-Hospital. Durch eine Anschubfinanzierung in Höhe von 30.000 Euro durch Fördermittel des Landes NRW, konnte die Ambulanz ins Leben gerufen werden.

Ambulante und stationäre Anlaufstelle

Ganz konkret befassen sich die Ärzte und Berater in der Kinderschutzambulanz mit allen Fällen von Kindeswohlgefährdung: „Dabei geht es um alle körperlichen und psychischen Themen”, erläutert Dr. Ketteler. Die Anlaufstelle ist sowohl stationär als auch ambulant tätig: „Wenn uns hier vor Ort Fälle auffallen oder auch Kinderärzten, können wir die Kinder stationär hierbehalten, um ihren Gesundheitsstand zu überprüfen”, so Dr. Ketteler. Aber auch ambulant können sowohl Jugendämter, als auch Kindergärten, Schulen, die Polizei oder Privatpersonen vorstellig werden: „Uns ist wichtig, dass wir eine Hilfestelle sein möchten. Das höchste Ziel ist dabei das Wohl des Kindes”, macht Dr. Ketteler deutlich.

Neben der Tätigkeit vor Ort besteht die Aufgabe der Kinderschutzambulanz aber auch in der Netzwerkarbeit und Schulung: „Es ist viel passiert in den letzten zehn Jahren zu dem Thema aber es kursieren auch immer noch viele Fehlinformationen, die zu gravierenden Fehleinschätzungen führen können”, so die Oberärztin der Klink für Kinder und Jugendliche. So gehe es zum Beispiel darum, in Schulungen Anhaltspunkte zu vermitteln, wann Verletzungen aus einem Unfall resultieren und wann möglicherweise eine Misshandlung vorliegt.

Fachwissen ist extrem wichtig

Wie wichtig korrektes Fachwissen bei der Behandlung solcher Fälle ist, zeigt Dr. Ketteler an einem Beispiel auf: „Es kursiert zum Beispiel der Irrglaube, dass ein eingerissenes Jungfernhäutchen irreversibel ist, dabei kann es wieder heilen. Wenn nun ein Kind von einem Arzt, der dieses Fachwissen nicht besitzt, untersucht wird und diesem Kind unterstellt wird, es hätte den Missbrauch nur vorgetäuscht, kann dies gravierende Auswirkungen auf das Leben des Kindes haben.”

Im Gegensatz zu weitläufigen Meinungen kommen auch Eltern, die ihre Kinder misshandelt haben, in eine Kinderschutzambulanz, wie Dr. Ketteler und ihre Kollegin, Susanne Schade, ebenfalls Oberärztin der Klinik für Kinder und Jugendliche im St.-Clemens-Hospital, wissen: „Es gibt eine viel größere Kooperationsbereitschaft, als man denkt. Die meisten Eltern lieben ihre Kinder ja trotzdem”, erklärt Schade.

Die Kinderschutzambulanz im St.-Clemens-Hospital ist über das Sekretariat der Klinik für Kinder und Jugendliche unter Telefon 02831/3901802 erreichbar. Die Sprechzeiten sind montags bis donnerstags von 9 bis 16 Uhr und freitags von 9 bis 12 Uhr. Die 24-Stunden-Notfallnummer lautet 0151/14389462.

 

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