NIEDERRHEIN. „Man kommt als Gast und geht als Freund. In jedem Fall macht es etwas mit einem – man kehrt als anderer Mensch zurück.“ Petra Kormann ist immer noch tief berührt, wenn sie an ihre Reise nach Afrika denkt. Für die Gelderner Architektin war es die erste Afrika-Reise überhaupt. Safari und Sightseeing stand für sie und ihren Mann Kurt allerdings nicht auf dem Programm. Stattdessen gab es tiefe Einblicke in das, was der im Jahr 2002 von Klaus van Briel gegründete Verein „pro dogbo“ in Benin leistet. Getreu dem Leitbild „Stärken.Bilden.Begleiten.“ liegt der Schwerpunkt auf der Schul- und Ausbildungshilfe. Da hält man sich an Sir Peter Ustinov: „Bildung ist der beste Impfstoff gegen die Armut.“

Tanzen und singen – Berührungsängste kannten die Reiseteilnehmer nicht. Foto: pro dogbo/privat

Reisen nach Benin gab es in den vergangenen 21 Jahren viele. Privat organisierte Besuche, Senior Experts, Projektwochen der Studenteninitiative Weitblick aus Münster, sogar offizielle Partnerstadt-Besuche von Klever Ratsmitgliedern. Eine Premiere war der Besuch, den pro dogbo in diesem Herbst angeboten hat. „Man kann viel Infomaterial streuen und immer wieder berichten, aber das ist kein Ersatz dafür, es mit eigenen Augen gesehen und selbst erlebt zu haben“, ist Klaus van Briel überzeugt. Die Feiertage verbringt der Vereinsgründer in seiner Heimatstadt Kleve, aber eigentlich ist Dogbo seine Heimat. Hier lebt er, hält engen Kontakt zu der beninischen Partnerorganisation und kümmert sich darum, dass die Spendengelder gut angelegt sind.

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Organisiert wurde die zehntägige Reise von Bernd Vos. Der Kevelaerer kennt sich in Benin aus und ist jedes Jahr mindestens einmal dort. „Im Mittelpunkt standen natürlich die Projekte und der direkte Austausch mit den Menschen vor Ort“, sagt Vos. Trotzdem gab es auch Ausflüge in die Hauptstadt Cotonou und nach Abomey, einst Zentrum des Sklavenhandels, dazu Erläuterungen zum Voodoo-Kult, zur Geschichte des westafrikanischen Landes und dem Leben heute. „Benin durchläuft aktuell eine ganz interessante Entwicklung mit enormem Wirtschaftswachstum – leider kommt das bei den Menschen auf dem Land nur sehr zögerlich an“, weiß Vos.

“Ich bin sehr froh, dass ich mich darauf eingelassen habe“

Austausch stand an erster Stelle. Foto: pro dogbo/privat

Teil der „Reisegruppe“ wurde Petra Kormann durch reinen Zufall. „Ich bin spontan eingesprungen und habe eine Freundin zum Infoabend gefahren“, sagt sie. „Ich fand es total spannend und bin sehr froh, dass ich mich darauf eingelassen habe.“ Sich darauf einzulassen ist für Kormann ohnehin ganz wesentlich. „Das hat mir eine ganz intensive Erfahrung mit wahnsinnig schönen zwischenmenschlichen Begegnungen ermöglicht“, sagt sie. Spontanität hat auch Katharina Holderberg zu dieser auch für sie sehr beeindruckenden Reise verholfen, denn kurz vorher wurde ein reservierter Platz wieder frei. Die junge Frau aus Kleve, die zurzeit studiert, ist schon viel gereist, „aber das in Benin war so ganz anders“, sagt sie. „Man fühlt sich nicht als Tourist, weil man einfach mittendrin ist. Wir wurden sehr warmherzig aufgenommen“, ist sie dankbar.

Bedürfnisse vor Ort sind der Maßstab

Klaus van Briel kann nachempfinden, was die Reise mit den Teilnehmern gemacht hat. „Afrika wird häufig als ein Kontinent des Elends gesehen. Natürlich gibt es viel Elend, aber eben auch viel mehr als das. Die Menschen dort sind sehr selbstbewusst und haben einen Lebensmut und eine Lebensfreude, die für uns manchmal schon fast beschämend ist“, sagt er. Er weiß auch, dass die Bedürfnisse vor Ort der Maßstab für die Hilfe aus dem Ausland sein sollte. „Man kann den Leuten nicht unsere westlichen Standards aufdrücken. Die wissen selber ganz genau, was sie gerade brauchen“, ist er überzeugt. Deshalb gibt es auch den Partnerverein in Dogbo, der Pläne erstellt und Rechenschaftsberichte ablegt, stets im „kritischen Dialog“ mit dem Verein, wie Bernd Vos ergänzt. „Die Menschen haben dort eine Zukunft, wenn wir ihnen Zugang zu Bildung geben und ihnen nicht nur den Schulbesuch, sondern auch eine Ausbildung ermöglichen“, sagt er und sieht diese Unterstützung nicht zuletzt auch als beste Investition gegen die Migration.

Hilfe zur Selbsthilfe

Der Besuch von Schulen stand natürlich auch auf dem Programm. Foto: pro dogbo/privat

Von der sinnvollen „Hilfe zur Selbsthilfe“ konnten sich die Gäste vom Niederrhein nun also selbst überzeugen. „Wir haben einen jungen Mann besucht, der selbst in einer der von pro dogbo finanzierten Schulen gelernt und später dort auch eine Ausbildung gemacht hat. Heute führt er ein Unternehmen mit 20 Mitarbeitern“, nennt Petra Kormann ein Beispiel. Zwei Schulen standen ebenfalls auf der to-do-Liste. „Lachen und Weinen liegen oft sehr nah beieinander“, durchlebten Kormann und Holderberg eine große Bandbreite an Gefühlen. Die überschwängliche Freude der Kinder auf der einen Seite, bittere Armut auf der anderen. Berührungsängste? „Die gab es nicht“, sagen die beiden. Es wurde gemeinsam getanzt und gescherzt und „häufig waren wir die Attraktion, wegen unserer Hautfarbe“, sind die beiden von unzähligen Handykameras gefilmt worden.

Der Verein sorgt dafür, dass Kinder Zugang zu Bildung haben. Foto: pro dogbo/privat

Loben möchten sie nicht nur die Arbeit des Vereins und ihren „Reiseleiter“, sondern auch die Homogenität der Gruppe. „Da wurde ganz schnell aus dem Ich ein Wir“, sagen sie. Gelebt haben sie während der zehn Tage übrigens auch „im“ Projekt, denn einige Mitglieder des Vereins haben für ihre Besuche in Dogbo ein Gästehaus bauen lassen. „Das wurde nicht mit Spendengeldern finanziert“, betont van Briel. Mittlerweile werden die Zimmer auch vermietet, „so trägt sich das selbst“, erklärt er. Im kommenden Jahr wird es erneut eine Reise nach Dogbo geben, „aber wir sind schon bei der Reserveliste“, räumt Vos ein.

Wer Interesse an einem Besuch in Benin hat, sich über die Arbeit des Vereins informieren oder ihn mit Spenden unterstützen möchte, findet mehr Infos, Kontakt- und Kontodaten unter pro-dogbo.com.

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