Ingrid Kühne
Ingrid Kühne und Markus Hermsen von der Volksbank Niederrhein gaben am Anfang des Abends die vorläufige Spendensumme durch. NN-Fotos (4): Theo Leie

XANTEN. Toms* Geschichte hat Ingrid Kühne emotional berührt. „Nach einem meiner Auftritte hat mich eine Besucherin angesprochen, dass Tom nicht mit auf Klassenfahrt fahren kann, weil seine Mutter die 80 Euro nicht aufbringen kann“, berichtet die 55-Jährige. „Ich habe der Frau die Geschichte sofort geglaubt, 100 Euro aus dem Spendentopf genommen und ihr gegeben. Sie war total perplex und wollte das erst gar nicht annehmen. Ich habe aber drauf bestanden und gesagt: Doch, nimm die 80 Euro für die Klassenfahrt und 20 Euro Taschengeld, die er ja auch noch braucht“, erzählt Kühne immer noch gerührt. Ein paar Monate später erhielt die Xantenerin eine Dankesnachricht von Tom. Er konnte an der Klassenfahrt teilnehmen – dank einer Frau, „die ihn doch gar nicht kenne“. „Er wird sich ewig an diese Klassenfahrt erinnern“, ist sich die Kabarettistin sicher.

Es sind Geschichten wie diese, die Ingrid Kühne immer wieder zeigen, dass ihre Idee, eine eigene Stiftung – die Ingrid-Kühne-Stiftung – zu gründen, die richtige war. „Ich stehe auf der Sonnenseite des Lebens. Ich habe mein Hobby zum Beruf machen können, bin gesund und habe eine tolle Familie“, sagt die Kabarettistin, der aber bewusst ist, dass es nicht allen Menschen – insbesondere vielen Kindern – so gut geht wie ihr.

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Lukas‘* Schicksal im Sommer 2022 war letztendlich der Beginn der Ingrid-Kühne-Stiftung. „Eine Freundin hat mir damals erzählt, dass er mit einer Plastiktüte zur Schule geht, weil seine Eltern ihm keinen Tornister und kein Mäppchen kaufen konnten. Das von der Stadt dafür gegebene Geld mussten seine Eltern aufwenden, um ein anderes Loch zu stopfen“, erzählt Kühne, die nicht lange überlegte und einen Tornister, ein Mäppchen sowie eine Sporttasche für Lukas besorgen ließ. Alles bezahlte sie aus eigener Tasche.

Ingrid Kühne
Ingrid Kühne (m.) inmitten ihrer Unterstützer Chris Koch, Ludger Kazmierczak, Jürgen B. Hausmann und Lena Milewicz (v.l.).

Doch die ergreifenden Schicksale von so vielen Kindern ließ die Kabarettistin nicht mehr los. Sie wollte nicht nur Lukas, sondern auch vielen anderen Kindern in Nordrhein-Westfalen helfen. „Ich habe mir gedacht, wenn ich eine Spendendose bei meinen Shows aufstelle, die 250, 500 oder sogar 1000 Menschen besuchen, von denen jeder zweite einen Euro gibt, habe ich schon eine Menge gesammelt“, berichtet Kühne. Also probierte sie es aus, stellte an zwei Abenden eine Spendendose an den Ein- und Ausgang und sammelte 1500 Euro. „Das ist viel Geld, mit dem man Gutes tun kann“, dachte Kühne sich und machte weiter, bis sie nach wenigen Wochen schon 4.000 Euro zusammen hatte.

100 Prozent für das Gemeinwohl

Mit dem Geld ging sie zur Volksbank Niederrhein und fragte, wie sie nun am besten weiter fortfahre, damit das Geld auch zu 100 Prozent gemeinnützigen Zwecken zugutekommen kann. Auf ihr eigenes Konto konnte sie es aus steuerrechtlichen Gründen natürlich nicht einzahlen. „Die Volksbank Niederrhein hat eine Solidarstiftung und mich bei der Gründung unterstützt“, berichtet Kühne. Am 13. November 2022 ging schließlich offiziell ihre Ingrid-Kühne-Stiftung an den Start, die unter dem Motto „Helfen mit ganz viel Herz“ steht.

Ingrid Kühne
Bei Kabarettist Ludger Kazmierczak gab es viel zu lachen.

Das vergangene Jahr nutzte die gebürtige Aldekerkerin intensiv, um Spenden vor allem bei ihren Auftritten zu sammeln. „Ich sage am Ende meines Programmes immer: Wenn es Ihnen gefallen hat, und sie noch einen Euro übrig haben, dann spenden Sie diesen doch“, sagt Kühne und ergänzt lachend: „Das meiste, was übrigens gespendet wird, sind zwei-Euro-Stücke. Vielleicht weil die Leute dann denken, dass sie ja 100 Prozent mehr gegeben haben, als ich ja eigentlich wollte.“ Zum Spendensammeln hat sie mittlerweile drei Leitpfosten als große Spendendose umbauen lassen, die sie mittlerweile zu allen Auftritten begleiten. „Einmal hat ein Mann sein komplettes Kleingeld gespendet. Ein paar Tage später bekam ich eine E-Mail, dass er seinen Kegel wohl mit reingeworfen hat und nun Strafe zahlen muss, wenn er ihn beim nächsten Kegel-Abend nicht dabei hat“, erzählt Kühne. Sie schickte dem Mann seinen Kegel per Post zu und bekam im Gegenzug 20 Euro auf das Stiftungskonto überwiesen: „Die hätte er bestimmt als Strafe ja eh zahlen müssen, wenn er den Kegel zum nächsten Kegelabend nicht mitgebracht hätte.“

Ingrid Kühne
Chris Koch sorgte für musikalische Unterhaltung.

Die größte Spendensammel-Aktion veranstaltete Ingrid Kühne aber am Ende dieses Jahres, als sie zur Spendengala ins Schützenhaus Xanten einlud. Das Geld der Eintrittskarten, die – angelehnt an die Jahreszahl – 23 Euro betrugen, gingen komplett an die Stiftung. Künstler wie Jürgen B. Hausmann, Sänger Chris Koch und der Klever Kabarettist Ludger Kazmierczak unterstützten Kühne zwar auf der Bühne, traten aber ebenfalls ehrenamtlich auf. „Das ist mir auch wichtig, dass keiner für die Stiftung etwas gegen Geld macht. Die kompletten Spendengelder sollen wirklich an die Kinder in Nordrhein-Westfalen gehen. Ihnen möchte ich ganz unbürokratisch, schnell und einfach helfen können“, betont Kühne.
Anlässlich der Spendengala hatte die 55-Jährige auch noch eine Versteigerung für den guten Zweck organisiert, bei dem sie unter anderem Trikots der Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln, Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 an den jeweils Höchstbietenden versteigerte. Außerdem unterstützten sie 23 Kollegen aus der Comedy- und Kabarettbranche mit Eintrittskarten. „Keiner, den ich gefragt habe, hat abgesagt. Das war großartig“, freut sich Kühne. Frieda Braun setzte sogar noch einen drauf und spendete aus eigener Tasche 500 Euro. „Sie hat gesagt, ich habe keine Zeit, um auch so etwas zu machen, aber dann helfe ich wenigstens mit Geld“, berichtet Kühne. Ihr guter Freund Ingo Oschmann hatte sich auch etwas Besonderes ausgedacht und versteigerte ein Wohnzimmer-Konzert mit und von ihm. „Traurigerweise musste er aber aus gesundheitlichen Gründen seinen Auftritt bei der Spendengala absagen.“

107.000 Euro

Die Summe, die am Ende des Abends da stand, war zwar immer Kühnes heimlicher Wunsch gewesen, für möglich gehalten hatte sie dieses Ergebnis aber nicht. Am Anfang des Abends stand die Spendensumme, die seit Stiftungsgründung zusammengekommen war, bei knapp 88.000 Euro; am Ende belief sie sich auf 107.000 Euro. Viel Geld, mit dem Ingrid Kühne nun Kinderaugen wie die von Tom und Lukas strahlen lassen kann. „Ich denke ja immer, dass diese Kinder später vielleicht auch etwas zurückgeben, weil sie sich daran erinnern, wie ihnen geholfen wurde, als sie in Not waren“, meint Kühne. Sei es die Klassenfahrt oder der Tornister für die Schule – kleine Freuden haben oft die größte Wirkung.
Weitere Infos online unter www.ingrid-kuehne.de/stiftung/.
Sabrina Peters

*Namen von der Redaktion geändert

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