NIEDERRHEIN. Krisenfest, vielseitig, erfüllend: Philipp Kramer weiß aus langjähriger Erfahrung, was alles auf den Beruf des Apothekers zutrifft – wenn man gewisse Eigenschaften mitbringt. Er erklärt, welche genau das sind, wie vielfältig die Arbeit tatsächlich ist und warum auch aktuelle Entwicklungen nichts an der Zukunftssicherheit des Berufs ändern werden.

Wie viele vor ihm war der heute 47-Jährige in seiner Abiturzeit noch ein wenig orientierungslos. Das änderte sich, als ihm sein früherer Nachbar, der damalige Besitzer der Drachenapotheke in Geldern, ein Pharmazie-Studium vorschlug. Kramer folgte dem Vorschlag, was sich als eine der besten Entscheidungen seines Lebens herausstellte. „Es war genau mein Ding! Wenn er mich nicht darauf gestoßen hätte, hätte ich es vermutlich nie studiert“, sagt er.

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Dass er hier sein Glück gefunden hat, lag vor allem an seinem Hang zu Naturwissenschaften. „Man muss schon ein Faible für sie haben. Sonst geht man im Studium irgendwann unter.“ Das gelte ganz besonders für Chemie.
Auch die übrigen Rahmenbedingungen sollte man sich vor Augen führen. Acht Semester in Frankfurt, drei Staatsexamen und ein praktisches Jahr in Wiesbaden warteten auf den damals noch jungen Gelderner. Heute kommt noch der hohe Numerus clausus dazu, der mit dem Medizinstudium vergleichbar sei, sagt Kramer. Er selbst habe es diesbezüglich früher ein bisschen leichter gehabt. „Ich war nicht so gut in der Schule und habe mich über den Zivildienst in der Warteliste nach vorne gearbeitet“, gibt er verschmitzt zu.

Zurück nach Haus

Als er nach dem 3. Staatsexamen in seine Heimatstadt Geldern zurückkehrte, schloss sich für Philipp Kramer ein Kreis. Hier arbeitete er zunächst als Angestellter für seinen ehemaligen Nachbarn. 2011, etwa neun Jahre später, übernahm er schließlich die Führung der Apotheke und in den folgenden Jahren noch für zwei weitere. Die Selbstständigkeit ist sogar so etwas wie eine neue Familientradition geworden, denn auch seine Frau, die er während seines Studiums kennengelernt und die ihn zurück in seine alte Heimat begleitet hatte, führt eine eigene Apotheke.

Das zeigt auch, dass der Spaß am Job für Philipp Kramer bis heute ungebrochen ist. Getrübt werde dieser aktuell eigentlich nur durch die politischen Verwicklungen, erzählt er. Wie viele seiner Kollegen streikte auch Kramer kürzlich unter anderem wegen der Gesundheitspolitik und der fehlenden Wertschätzung für die Apotheken – vor allem, nachdem diese einen gewichtigen Beitrag zur Überwindung der Coronakrise geleistet hätten. „Wir haben Masken ausgegeben, getestet und Impfstoffe an die Heime und Ärzte ausgeliefert.“ Daran zeigt sich zudem beispielhaft, wie groß die Bedeutung dieses Berufsstandes noch immer ist.

Deshalb glaubt Philipp Kramer auch nicht, dass die derzeitigen Geschehnisse der Zukunftsträchtigkeit des Berufes schaden werden. „Der Apothekerberuf ist krisen- und zukunftssicher. Er wird noch sehr lange bestehen.“ Selbst künstliche Intelligenz werde daran nichts ändern, vor allem wegen dem Faktor Mensch. „Unsere Basis ist nämlich die Kundenberatung.“

Ein Gefühl von Sicherheit

Fest steht, dass die Leute immer älter werden, entsprechend steige laut Kramer der Bedarf an kompetenter pharmazeutischer Beratung. „Aber es geht nicht nur um Medikamente“, sagt er, sondern auch darum, ein offenes Ohr und Zuspruch bieten zu können. Er teilt die Ansicht der Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, nach der Apotheken ein maßgeblicher Bestandteil des sozialen Friedens seien. „Wie vermitteln den Menschen hier ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen“, sagt Kramer. „Ich glaube, das macht uns aus.“

Das bedeutet aber auch, dass die Freude am und die Fähigkeit zum Umgang mit Menschen eine weitere wichtige Voraussetzung ist, wenn man in einer Apotheke arbeiten möchte.

Vielseitiger Alltag

„Wir sind Ansprechpartner Nummer eins für viele Menschen. Oft kontaktieren sie uns noch vor dem Arzt.“ Der Weg sei oft kürzer und das Angebot niedrigschwellig. Das ermögliche eine erste Einschätzung, ehe es, wenn nötig, zum Arzt gehe. Auch wenn die Grenzen beider Berufsgruppen durch manche Entwicklungen etwas verschwimmen – in Apotheken etwa wird mittlerweile auch geimpft – nehme man Ärzten eigentlich nichts weg, findet Kramer. Man unterstütze sie vielmehr. „Wir sind keine Mediziner. Apotheker sind die Arzneimittelspezialisten“, stellt er klar.

Wie vielseitig der Alltag eines solchen Spezialisten ist, zeigt sich auch abseits des regulären Kundenkontakts. Das Tätigkeitsspektrum erstreckt sich auch über den eigenen Arbeitsplatz hinaus bis zur pharmazeutischen Betreuung von Pflegeeinrichtungen und -diensten.
„Viele wissen außerdem nicht, dass wir noch immer viele Arzneimittel selbst herstellen: Kapseln, Salben, Tropfen, bei Lieferproblemen auch mal Säfte.“ Dann gehört natürlich noch die Qualitätskontrolle der Arzneien zu den Aufgaben eines Apothekers.

Viele Optionen

Arbeit finden jene aber nicht nur in der Stadt- oder Dorfapotheke. Je nach Charakter und Neigungen tun sich noch viele weitere Arbeitsfelder auf: Wem zum Beispiel weniger der Kundenkontakt liegt, könnte sich für die Pharmazeutische Industrie entscheiden. „Hier promoviert man aber in der Regel. Das muss man wohl auch, um sich behaupten zu können“, erläutert Kramer. Wem das nicht liegt, kann unter Umständen noch als Amtsapotheker, für Krankenkassen oder in Kliniken arbeiten. Auch Spezialisierungen sind möglich, sei es in der Industrie oder in der klassischen Apotheke, zum Beispiel als Fachapotheker für Altenheimbetreuung. Oder man macht sich wie Kramer selbstständig, wenn man in den Beruf hineingewachsen ist.  „Der Job hat viel mehr Möglichkeiten, als man denken würde“, sagt er. Nicht zu vergessen der Fachkräftemangel: „Man tut sich als Apotheker wirklich schwer, keinen Job zu finden.“

Mögliche Alternative
Der Weg zum Apotheker führt nur über das Studium. Wer das nicht möchte oder kann, sich aber dennoch für einen pharmazeutischen Beruf interessiert, kann sich auch für die Ausbildung zum Pharmazeutisch-Technischen Assistenten entscheiden. Ein Studium ist auch danach noch möglich.
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