KREIS WESEL/KREIS KLEVE. Die Agentur für Arbeit Wesel hat zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres wieder ihre Bilanz zum Vorjahr präsentiert. Demnach ist der Ausbildungsmarkt 2022/2023 stabil geblieben. Um die Herausforderung zu meistern, dem Abgang der geburtenstarken Jahrgänge und damit dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, hat man nicht nur auf Beratungsformate für Schüler gesetzt, sondern auch Elternarbeit weiter in den Mittelpunkt gerückt.

Auch wenn sich der Ausbildungsmarkt im vergangenen Jahr allgemein als stabil erwiesen hat, zeigen sich im Detail leichte Rückgänge. Zum einen, was Bewerber und Ausbildungsstellen angeht. So ist die Zahl der Bewerber im Agenturbezirk (Kreise Kleve und Wesel) im September 2023 insgesamt um 72 oder 1,8 Prozent auf 3.892 gefallen (September 2022: 3.964). Im Kreis Wesel waren es 2.377 Bewerber (2022: 2.422, -1,9 Prozent) und im Kreis Kleve 1.515 Bewerber (1.542, -1,8 Prozent). „Darüber freuen wir uns, weil es trotzdem eine Stabilität darstellt. Wir hatten schon höhere Zahlen, teils bis zu zehn Prozent“, sagt Barbara Ossyra, Vorsitzende der Geschäftsführung. Im großschrittigeren Vergleich zu 2019 liegt der Rückgang sogar bei 31 Prozent.

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Die gemeldeten Berufsausbildungsstellen im Kreis Wesel sind dagegen auf 2.746 Stellen (2.799, -1,9 Prozent) gefallen, im Kreis Kleve auf 1.601 Stellen (1.645, -2,7 Prozent) und insgesamt im Bezirk um 2,2 Prozent oder 97 auf 4.347 (4.444). Verglichen mit 2019 ist das ein Rückgang von 9,1 Prozent.

Vorteile für Arbeitsuchende

Insgesamt habe sich der Markt mehr zu Gunsten der Arbeitsuchenden verschoben, erklärt Barbara Ossyra: Auf 100 gemeldete Stellen kamen zuletzt 90 Bewerber. 2022 waren es 89. „Man kann sagen, für jeden Bewerber steht eine Stelle zur Verfügung.“ In anderen Bezirken ist das nicht so. Zum Vergleich: Im Bezirk Gelsenkirchen, dem Spitzenreiter, kommen 150 Bewerber auf 100 Stellen. Das heiße aber nicht, dass in den Kreisen Wesel und Kleve auch jede Stelle eins zu eins besetzt werde. Es gebe immer auch Passungsprobleme, etwa bei der Mobilitätsfrage oder weil die Beteiligten charakterlich weniger gut zusammenpassten, nennt Ossyra zwei Beispiele.

Gab es im September 2022 noch 293 unversorgte Bewerber, ist die Zahl 2023 auf 271 gesunken (- 7,5 Prozent). Anders sieht es bei den unbesetzten Ausbildungsstellen aus: 335 gab es letztes Jahr, dieses Jahr sind es 486. Das ergibt einen Anstieg von 45,1 Prozent. Auf 100 unbesetzte Ausbildungsstellen kommen in dieser Kategorie 56 Bewerber.
Erschrecken sollte man angesichts mancher höheren Zahlen aber nicht sofort, sagt Barbara Ossyra und erläutert dazu, dass die Agentur für Arbeit nach wie vor auf frühzeitige Berufsorientierung, Praktika, Beratung und Förderungen setze. „Wenn das alles gut funktioniert, finden junge Menschen und Arbeitgeber schon früher zusammen. Das wird dann von uns gar nicht mehr erfasst.“ Demnach stellten die präsentierten Zahlen nur einen Teil des Ausbildungsmarktes dar.

Millionen für Förderung

Um jungen Menschen den Berufseinstieg zu erleichtern, hat die Agentur für Arbeit insgesamt 3,5 Millionen Euro in verschiedene Ansätze investiert: Zu den Maßnahmen gehörten zum Beispiel Beratungsgespräche (5.928), Berufsorientierungsveranstaltungen in Schulen (934), Elternveranstaltungen (54), berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (285) und assistierte Ausbildungen (10.700 Stunden).

Besonders im Eventcharakter sehen die Verantwortlichen große Chancen, niederschwellig Kontakte zwischen den Betroffenen entstehen zu lassen. „Wir versuchen, mit möglichst vielfältigen Ansätzen möglichst alle bei der Berufsorientierung abzuholen“, sagt Kai Kunzel, Teamleiter Berufsberatung vor dem Erwerbsleben in Kleve.

Zu den geplanten Schwerpunkten für 2023/2024 gehören nicht nur neue Angebote zur Online-Terminvereinbarung, sondern die generelle Zusammenarbeit mit den verschiedenen Akteuren und Partnern, betonen Kunzel und Ossyra. Nicht nur möchte man auch zukünftig weiter die Kommunikation mit den Eltern und die Zusammenarbeit mit den Schulen verstärken, sondern auch die Arbeitgeber dazu motivieren, mehr Praktika anzubieten. Laut Ossyra seien diese nicht nur ein hervorragendes Mittel, um Ausbildungsverhältnisse anzubahnen, Betriebe kennenzulernen und die eigenen Interessen zu überprüfen, sondern auch, um Ausbildungsabbrüchen vorzubeugen.

Im Kreis Wesel werden nämlich 32,1 Prozent der Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst, im Kreis Kleve 32,2 Prozent. „Dann Ersatz zu finden, ist vor allem für kleine Unternehmen schwierig. Das ist ein Problem“, sagt Barbara Ossyra.

Trotz der noch vorhandenen Probleme, dem Abgang der Babyboomer mit genügend Nachwuchs zu begegnen, ist sie überzeugt, dass der Nachwuchs bei Diskussionen hinhört. Denn die aktuellen Themen der Zeit schlagen sich im Ausbildungsmarkt nieder. „Zu den top ten der Ausbildungsberufe gehören auch die Anlagenmechaniker, Sanitär-, Heizung- und Klimatechnik sowie Elektroniker und Energiegebäudetechnik.“

Wer noch einen Platz sucht, kann übrigens noch jetzt in eine Ausbildung einsteigen: 170 Angebote in beiden Kreisen umfassen unter anderem kaufmännische, handwerkliche und medizinische Berufe. „Wir können noch eine breite Palette anbieten“, verspricht Ossyra.

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