GELDERN. Der Niederrhein als Weinbauregion: Was noch vor einigen Jahren kaum vorstellbar war, ist mittlerweile gar nicht mehr abwegig. Gianluca Antoniazzi geht mit gutem Beispiel voran und zeigt schon jetzt, wie es funktionieren kann. Der Winzer aus Geldern hat sein Projekt zuletzt Gästen aus der Politik vorgestellt, darunter auch Silke Gorißen, Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NRW.

Wo einst Kartoffeln wuchsen, gedeihen nun die Weinreben: Als Gianluca Antoniazzi letztes Jahr 9.000 Reben auf flachen 2,4 Hektar an der Burgstraße nahe der Venloer Straße angepflanzt hat, rechnete er eigentlich mit drei Jahren bis zur ersten Lese. Aber die Wetterbedingungen erwiesen sich als besser als gedacht, das nasse Frühjahr und die trockeneren Monate Mai und Juni wirkten wahre Wunder bei den Trauben. „Zucker war genug drin und auch die Säure ist abgesackt“, schildert Antoniazzi. So konnte der ausgebildete Winzer und studierte Bauingenieur, dessen Familie aus Italien stammt, schon vor drei Wochen die ersten Trauben ernten: fast sechs Tonnen. In dieser Woche sollen die Nächsten folgen. „Es ist perfekt gelaufen“, zeigt sich Antoniazzi erfreut.
Zu jeder pilzresistenten Sorte, zu denen die weißen Riesel und Muscaris sowie die rote Cabaret Noir gehören, sollen 500 Flaschen abgefüllt werden. Nach aktueller Schätzung ist geplant, dass am Ende rund 3.000 Liter Weißwein und 1.400 Liter Rosé in den Verkauf wandern.

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Potenzial seit 20 Jahren

Wie Gianluca Antoniazzi erklärt, biete der Niederrhein eigentlich bereits seit 20 Jahren geeignete Voraussetzungen für den Weinbau. Dafür sorgen würden ein guter Boden, angemessene Sonnenstunden, ausreichend Niederschlag und eine Durchschnittstemperatur von zehn Grad Celsius. Nutzen lässt sich dieses Potenzial aber erst seit einer Änderung im EU-Recht im Jahr 2016, durch die die Weinreben im Falle einer Genehmigung seither auch außerhalb der anerkannten Anbaugebiete angepflanzt werden dürfen. Damit kann die Rebfläche in Nordrhein-Westfalen jährlich um fünf Hektar wachsen, was mittlerweile immer mehr Menschen zu kommerziellen wie auch privaten Zwecken nutzen. Wie Ministerin Silke Gorißen erläutert, hat sich die Anzahl der Weinbauern in NRW seitdem um mehr als das Sechsfache auf rund 30 erhöht. Für sie ist das nicht nur ein „spannendes Thema“, sondern es eröffne auch neue Möglichkeiten für die Landwirtschaft. Zumal der Klimawandel, so schrecklich seine Folgen grundsätzlich seien, im Falle des Weinanbaus die Bedingungen weiter verbessern würde.

Aber die Entwicklung hin zur „Weinregion Niederrhein“ verläuft dennoch schleppend, sagt Gianluca Antoniazzi. Zwar wünscht er sich mehr Winzerkollegen in der Region, weiß aber auch, dass es zuerst erfolgreiche Vorreiter brauche. Denn: „Es ist eine große Investition.“ Förderungen gibt es auch für ihn nicht, er arbeitet ausschließlich mit Eigenkapital.
Weil es allerdings gut für ihn läuft, plant er derzeit seinen Weinanbau 2024 weiter auszudehnen: 1,4 Hektar Anbaufläche sollen nächstes Jahr hinzukommen.
Einen Wermutstropfen gibt es für den Gelderner Weinbauern dennoch: die Einschränkungen bei der Namensfindung. Vermarkten darf Antoniazzi seine Erzeugnisse nämlich nur als deutschen Wein, nicht jedoch als Wein vom Niederrhein. Wer Regionales in den Namen bringen wolle, müsse kreativ werden, erklärt Markus Uhe von der Landwirtschaftskammer NRW. „Die meisten arbeiten mit Fantasienamen.“ Ein paar Ideen gibt es in Geldern ebenfalls schon. „Niersling ist ganz weit vorne“, sagt Antoniazzi mit einem Lachen.

Wein vom Niederrhein: Verkauf Anfang 2024

Wenn alles glatt läuft, steht der Wein aus Geldern bereits im kommenden Januar zum Verkauf bereit. Auch die Ministerin freut sich schon darauf, hat Gianluca Antoniazzi ihr doch versprochen, eine Flasche Weißwein für sie zurückstellen. Eine erste Gaumenfreude wartete aber bereits im Anschluss an die Besichtigung auf die zahlreich erschienenen Gäste. Zum Abschluss des Tages lud Antoniazzi alle auf ein gutes Glas Federweißer in Pont ein.

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