Erfundene Entführung eines Mädchens dient dem Datendiebstahl

Wurde in Uslar, Simmering und Steyr dasselbe Mädchen entführt? In einigen Facebook-Gruppen kursiert eine Meldung, die diesen Eindruck erweckt. Doch die angebliche Entführung gab es nicht – sie dient einer Betrugsmasche.

„Wir müssen dieses Mädchen finden!“, lautete eine Aufforderung, die sich im August 2023 in mehreren Facebook-Gruppen verbreitete. Wo das Mädchen entführt wurde, unterscheidet sich von Beitrag zu Beitrag: Mal wird in der Überschrift das niedersächsische Uslar angegeben, mal das österreichische Steyr oder der Wiener Stadtteil Simmering. Die Beiträge verlinken auf eine Internetseite – im Titel sind das Foto eines brünetten Mädchens und das Phantombild eines Verdächtigen zu sehen.

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Eine Bilder-Rückwärtssuche bei Google mit dem Foto des Mädchens führt jedoch nach Australien. Die Tageszeitung The West Australian berichtete am 19. August 2022 über die fünfjährige Grace, die am 7. August 2022 in der Gegend von Berrimah, Northern Territory, gemeinsam mit ihrer Mutter vermisst gemeldet wurde. Am 19. August 2022 seien beide lebend aufgefunden worden.

Das Phantombild des Verdächtigen in den Facebook-Beiträgen hat dagegen keinen Bezug zu dem entführten Mädchen in Australien – und auch nicht zu Uslar, Simmering oder Steyr. Das ist das Ergebnis einer weiteren Bilder-Rückwärtssuche, die zu einer Pressemitteilung vom 27. August 2019 von der Chesterfield Polizeistation in Detroit, im US-Bundesstaat Michigan, führt. Demnach wurde der Mann wegen eines bewaffneten Raubüberfalls gesucht.

Wir haben zusätzlich bei den für Simmering, Steyr und Uslar zuständigen Polizeistellen nachgefragt. Keine der Pressestellen weiß von einem solchen Entführungsfall. Seitens der Polizeidirektion Göttingen hieß es, identische Facebook-Beiträge mit anderen Ortsangaben, wie Göttingen oder Osterode, seien bereits Anfang August veröffentlicht worden. Diese seien nur kurz online gewesen und inzwischen nicht mehr abrufbar.

Hinter den erfundenen Entführungsfällen steckt der Versuch, persönliche Daten von Nutzerinnen und Nutzern abzugreifen. Das zeigt ein Klick auf den beigefügten Link bei einem der Facebook-Beiträge. Anstatt einer Webseite zeigen die Internetbrowser Mozilla Firefox und Google Chrome einen Warnhinweis an, der auf einen Phishing-Versuch hinweist.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik schreibt auf seiner Webseite über Phishing: Das Fischen nach Passwörtern könne gravierende Folgen haben. Es stehe „am Anfang verschiedenartiger Delikte, die vom ‚einfachen‘ Datendiebstahl über illegale Kontoabbuchungen bis hin zu Angriffen auf kritische Infrastrukturen reicht“. Die Polizei rät dazu, in verdächtigen Situationen stets die Adresszeile eines Links zu prüfen und keine vertraulichen Daten anzugeben.

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