Bürgergeld im Ausland beziehen: Wie ein Google-Suchergebnis falsch aufgefasst wird

Auf Facebook und X kursiert ein Bild, wonach Bürgergeld-Empfänger „das Recht haben“, Leistungen auch im Ausland zu beziehen. Dem fehlt wichtiger Kontext: Wer Bürgergeld beantragen will, muss den Lebensmittelpunkt in Deutschland haben.

Ein Bild von einem Google-Suchergebnis wird aktuell auf X und Facebook verbreitet, um Stimmung gegen Migrantinnen und Migranten zu machen. Auf dem Bild, das seit dem 16. Januar 2024 zehntausende Menschen erreichte, steht: „Die Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld haben das Recht und die Möglichkeit, Bürgergeld auch im Ausland zu beziehen“.

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Manche schließen daraus, dass Migrantinnen und Migranten, die dauerhaft in ihren Herkunftsländern sind, deutsche Sozialleistungen beziehen können. Doch das stimmt nicht, dem Screenshot fehlt wesentlicher Kontext. Er zeigt lediglich ein Zitat aus einem Linkedin-Beitrag, in dem ein Verein schreibt, unter welchen Bedingungen Bürgergeld-Beziehende vorübergehend ins Ausland können, ohne dass ihre Leistungen gestrichen werden.

Bürgergeld gibt es nur für Menschen mit Lebensmittelpunkt in Deutschland

Bürgergeld wird „grundsätzlich nur im Inland gewährt“, schreibt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Der gewöhnliche Aufenthalt muss in Deutschland sein, um Bürgergeld zu beziehen. Beziehende können vorübergehend ins Ausland. Christian Ludwig, Pressesprecher der Bundesagentur für Arbeit, nennt auf Anfrage von CORRECTIV aber Einschränkungen, die damit einhergehen.

Diese Konstellationen, bei denen eine Person Bürgergeld bezieht, sich aber im Ausland aufhält, sind möglich:

Die Person ist zwar vorübergehend im Ausland, aber für das Jobcenter erreichbar: Beziehende müssen an Werktagen für das Jobcenter erreichbar sein, das ist im zweiten Buch des Sozialgesetzbuches geregelt. Was genau das bedeutet, steht in der Erreichbarkeits-Verordnung: Die Person muss den Weg zum Jobcenter in zweieinhalb Stunden Fahrt erreichen. Dabei darf sie auch im Ausland sein, allerdings nicht weiter als 30 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. Bleibt die Person innerhalb dieses Radius, muss sie das vorher dem Jobcenter nicht ankündigen und bezieht ganz regulär Bürgergeld.

Die Person muss aus wichtigen Gründen für kurze Zeit ins Ausland: Muss eine Person zum Beispiel wegen eines Arzttermins aus diesem Radius – und damit weiter als 30 Kilometer aus Deutschland – raus, muss das zuständige Jobcenter dies vorher erlauben. Das ist in den fachlichen Weisungen zum Sozialgesetzbuch geregelt. Stimmt das Jobcenter zu, wird das Bürgergeld weiter regulär bezahlt.

Die Person muss oder will aus einem anderen Grund vorübergehend ins Ausland: Will die Person zum Beispiel Urlaub machen, kann sie dafür auch ins Ausland – egal wie weit weg von der Grenze Deutschlands. Auch dann muss das Jobcenter dem zustimmen.

Das geht im Normalfall nur drei Wochen im Jahr. Auch in dieser Zeit bekommt die Person weiterhin Bürgergeld.

Der Verstoß gegen diese Regelungen kann ein Bußgeld oder strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, schreibt eine Sprecherin des BMAS auf Anfrage von CORRECTIV. Die Bundesagentur für Arbeit nennt auf Anfrage keine Zahlen zu Verstößen, schreibt aber: „Derartige Fälle kommen vor und werden geprüft.“

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