30.000 Euro Sozialhilfe? Alte Falschmeldung über syrische Familie verbreitet sich erneut

Online wird mit einer Falschmeldung gegen Geflüchtete gehetzt. Obwohl sie seit 2017 widerlegt ist, verbreitet sie sich weiter: Angeblich würde ein Syrer mit vier Frauen und 23 Kindern 30.000 Euro Sozialhilfe im Monat erhalten. Das ist falsch.

Seit Jahren kursiert im Netz die Behauptung, ein nach Deutschland geflüchteter Syrer mit vier Frauen und 23 Kindern bekomme monatlich 30.000 Euro Sozialhilfe. Nachdem wir in den Jahren 2017 und 2019 darüber berichtet hatten, tauchte die Behauptung in diesem Jahr erneut auf. Damals wie heute ist sie falsch.

-Anzeige-

Die Geschichte hat ihren Ursprung im Jahr 2016, als Medien wie Bild und die Rhein-Zeitung über eine syrische Großfamilie berichteten, die 2015 nach Montabaur in Rheinland-Pfalz kam. Auf Grundlage dieser Berichte veröffentlichte ein Autor auf der Website des Deutschen Arbeitgeber Verbands e.V. eine fiktive Schätzung, wie viel Sozialhilfe man in Deutschland „mit dem Modell 4 Frauen und 23 Kinder“ erhalten könne: angeblich rund 30.000 Euro monatlich.

Im Jahr 2019 teilte uns die Bundesagentur für Arbeit mit, wie viel Sozialhilfe die Familie nach den für sie gültigen Regelsätzen hätte bekommen können. Bei ihrer Berechnung kam sie insgesamt auf einen Betrag von 10.062,82 Euro. Dafür seien überall die maximal möglichen Bedarfe angenommen worden. Die Rechnung wurde mit 23 Kindern gemacht, obwohl laut den Medienberichten von 2016 ein Kind gar nicht in Deutschland lebte.

Auch Hilfen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz hätten sich im Jahr 2019 nicht auf 30.000 Euro belaufen. Auf eine damalige Presseanfrage von uns antwortete das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), dass die Bezüge der höchsten Bedarfsstufe 354 Euro pro Person betragen. Das Landesministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Rheinland-Pfalz habe mitgeteilt, es könne „auch ohne die genauen Ansprüche der Familie zu kennen […] eine solche Summe ausschließen.“

Wir haben das BMAS zudem um eine aktuelle Einordnung der Behauptung gebeten, da sich die Höhe der Sozialleistungen seither geändert hat (betrifft Bürgergeld und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz).

Bei 30.000 Euro auf 28 Familienmitglieder (ein Mann, vier Frauen und 23 Kinder) müsste im Durchschnitt jede Person Leistungen von rund 1.070 Euro monatlich bekommen. Eine Sprecherin des BMAS teilte uns dazu mit: Eine alleinstehende und alleinlebende erwachsene Person könne mit „besonderen Bedarfslagen“ diesen Wert zwar erreichen, als „altersunabhängiger Durchschnittsbetrag je Person in einer ‚Großfamilie‘“ könne eine solche Größenordnung jedoch ausgeschlossen werden. Eine Zahlung in Höhe von 30.000 Euro ist für die Familie demnach nicht möglich.

Weiter teilte das BMAS mit: Die aktuellen Regelbedarfe für alleinstehende Erwachsene im Jahr 2023 im Rahmen des Bürgergeldes betragen monatlich 502 Euro, für zusammenlebende Partner beziehungsweise Partnerinnen je 451 Euro und für Kinder unter 18 Jahre zwischen 318 Euro (unter 6 Jahre) und 420 Euro (14 bis unter 18 Jahre). Hinzu kämen die Bedarfe für die Wohnung (Unterkunft und Heizung), die nur in Höhe angemessener Aufwendungen berücksichtigt werden könnten.

Fazit: Die Behauptung, dass ein Syrer mit vier Frauen und 23 Kindern in Deutschland monatlich 30.000 Euro Sozialhilfe erhalte, ist falsch. Der Betrag geht auf eine theoretische Berechnung zurück, der das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie die Agentur Bundesagentur für Arbeit widersprechen.

Vorheriger ArtikelWenig Straftaten und friedliche Stimmung beim San Hejmo
Nächster ArtikelWer pflegt künftig diese Hecke?