Tiktok-Video: Keine Anzeichen für „Uran-Wolke“ über Berlin nach Explosionen in der Ukraine

Eine Tiktok-Nutzerin behauptete im Mai, nach Explosionen in Chmelnyzkyj im Westen der Ukraine habe eine „Uran-Wolke“ Berlin erreicht. Das ist falsch – die Strahlenwerte lagen im normalen Bereich.

Nach russischen Drohnen- und Raketenangriffen kam es am 12. Mai 2023 zu mehreren Explosionen in der Stadt Chmelnyzkyj im Westen der Ukraine. Ukrainischen Medienberichten zufolge wurde dabei kritische Infrastruktur getroffen. Von russischer Seite wurde behauptet, darunter sei ein Lager mit Munition gewesen, die abgereichertes Uran enthalte.

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In einem Tiktok-Video vom 19. Mai suggeriert eine Frau, dass davon eine direkte Gefahr für Deutschland ausgehe: „Was ihr glaube ich auch noch nicht wisst, ist, dass die Uran-Wolke Berlin erreicht hat“, sagte sie. Zudem hätten Medien hierzulande erst fünf Tage nach der Explosion darüber berichtet. Am selben Tag verbreiteten auch russische Staatsmedien die Falschbehauptung, eine radioaktive Wolke sei auf dem Weg nach Europa.

In Berlin gab es keine erhöhten Strahlenwerte

Zum Verständnis: Es gibt in Deutschland rund 1,700 Messstationen, die stündlich die örtliche Strahlendosis aufzeichnen. Diese Messstationen messen die sogenannte Ortsdosisleistung (ODL) in Mikro-Sievert pro Stunde.

CORRECTIV hat bei der Strahlenmessstelle der Berliner Senatsverwaltung für Klimaschutz und Umwelt nachgefragt: Constanze Siedenburg, die Pressereferentin der Senatsverwaltung, schrieb, es habe weder am 19. Mai, noch an den Tagen davor und danach erhöhte Strahlenwerte in Berlin gegeben. „Die vorhandene natürliche radioaktive Strahlung […] beträgt im Berliner Stadtgebiet typischerweise 70 bis 120 Nano-Sievert [entspricht 0,07 bis 0,12 Mikro-Sievert] pro Stunde. Die aktuellen Werte liegen in diesem normalen Bereich.“

Sowohl öffentlich zugängliche Messdaten des Bundesamtes für Strahlenschutz, als auch die Umgebungsmessstellen des Forschungsreaktors BER II in Wannsee zeigten, dass die Strahlenwerte in diesen Tagen im normalen Bereich waren, so die Sprecherin.

Keine Belege für „Uran-Wolke“ nach Explosion in der Ukraine

Selbst wenn es eine solche „Uran-Wolke“ gegeben hätte, wäre es unwahrscheinlich, dass diese Berlin erreichen könnte. Denn der Wind wehte laut der Berliner Senatsverwaltung wortwörtlich in eine andere Richtung: Zwischen dem 18. und 23. Mai sei die vorherrschende Windrichtung aus nordöstlicher Richtung gekommen. Auch der Leiter des Geschäftsbereichs Sicherheit und Strahlenschutz am Forschungszentrum Jülich, Burkhard Heuel-Fabianek, sagte, das Szenario, dass so eine Wolke Berlin erreichen könnte, sei „fachlich wirklich nicht vertretbar“.

Das Bundesamt für Strahlenschutz überprüft laut eigener Angabe täglich 500 bis 600 Messwerte in der gesamten Ukraine. Am 30. Mai teilte die Behörde mit, es gebe keine Hinweise darauf, dass bei der Explosion in Chmelnyzkyj überhaupt radioaktive Stoffe freigesetzt wurden. Zwar habe es nahe Chmelnyzkyj „minimal erhöhte Radioaktivitäts-Messwerte“ einzelner Sonden gegeben, so das Bundesamt weiter, für die könne es jedoch verschiedene Gründe geben: Wartungsarbeiten, Defekte und technische Fehler sowie andere lokale Begebenheiten. Ein Zusammenhang mit der Explosion sei „aus zeitlichen Gründen sowie aufgrund der vorherrschenden Wetterlage“ äußerst unwahrscheinlich.

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