XANTEN. Dieses Jahr gibt es nachweislich seit 450 Jahren evangelische Christen in Xanten. Die evangelische Gemeinde begeht dieses Jubiläumsjahr nicht nur mit dem Gottesdienst am Ostermontag, sondern auch mit einigen Veranstaltungen im Oktober. Dabei blickt sie auch auf die Gegenwart und Zukunft.

Die Anfänge sind wahrscheinlich eher anzusetzen, die erste Erwähnung evangelischen Lebens in Xanten spricht allerdings vom Jahr 1572. Kennzeichnend für diese Zeit ist Vertreibung, denn in diesem Jahr waren Protestanten gezwungen, die Stadt zu verlassen. Andere schafften es hingegen, ihrem Glauben im Geheimen nachzugehen.

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Es waren wahrscheinlich reformierte Christen aus den Niederlanden, die zuerst nach Xanten gelangten, als sie im Achtzigjährigen Krieg vor dem spanischen Herzog von Alba flohen. So ergeben sich Parallelen zu heute: „Die Gemeinde war in ihrem Ursprung schon durch Bewegung gekennzeichnet“, sagt Brigitte Messerschmidt vom Presbyterium. Bekannt ist auch, dass 1563 ein Kaplan versuchte, das Abendmahl in beiderlei Gestalt mit Brot und Wein zu feiern– ein protestantisches Merkmal.

Zeiten ändern sich

Solche Reformen wurden damals zwar schnell zurückgedrängt, aber als der letzte Klever Herzog keinen Nachfolger hatte und das Herzogtum Kleve an den reformierten brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm I. fiel, förderte dieser schließlich die evangelische Gemeinde in Xanten. „Deshalb heißt die Straße heute Kurfürstenstraße“, sagt Pfarrer Hans-Joachim Wefers. 1649 fand der erste Gottesdienst in der neuen Kirche statt – mit dem Kurfürsten als Gast.

Wie sehr sich Zeiten ändern können, zeigte sich auch im Jahr 1780, als die Kirche baufällig war, die Protestanten aber die Räumlichkeiten der Katholiken nutzen durften. „Das ist ein frühes Zeichen der Ökumene. Dahinter stand der Geist der Aufklärung“, sagt Wefers.

Jubiläum feiern

Angesichts einer bewegten Geschichte wird der Ostermontag-Gottesdienst dieses Jahr noch einmal besonders ausfallen. Als Prediger wird der Präsident der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, anreisen. Zu diesem Anlass wird er sich auch gleich in das goldene Buch der Stadt eintragen.

Der weitere Gottesdienst wird durch eine Art Rollenspiel ergänzt, bei dem einige Teilnehmer als evangelische Christen der Vergangenheit auftreten. Dabei treten sie von den Ursprüngen, symbolisiert durch den Auftritt aus dem Kellergewölbe heraus, nach oben in die Gegenwart. Einer dieser Teilnehmer wird Jürgen Rosen sein, der sich nicht nur mit der evangelischen Geschichte Xantens befasst hat, sondern auch selbst Zeitzeuge der NS-Zeit ist. „Er sagt etwas zu dem Teil der Gemeinde, zu dem wir fast nichts haben“, sagt Messerschmidt über die Jahre von 1936 bis 1945.

Damals gab es in Deutschland die „Bekennende Kirche“ als Gegenbewegung zu den christlichen NS-Sympathisanten. „Damit können wir jedoch nicht dienen“, sagt Wefers. Rosen, studierter Historiker, stieß bei seinen Recherchen Anfang der 70er Jahre nicht auf Gegenliebe. Die Abneigung und Furcht einiger Einwohner vor der Offenlegung und Wiedersichtbarmachung unrühmlicher Zeiten brachten ihm immer wieder Beschimpfungen ein.

Das Jubiläumsjahr wird zudem im Oktober zwischen Erntedank und Reformationstag von einigen Veranstaltungen abgerundet. Zu nennen ist da zum einen ein Vortrag von Rosen, der den geschichtlichen Akzent der Feierlichkeiten setzt.

Zudem wird es wahrscheinlich eine Veranstaltung mit Musik aus den Anfängen der christlichen Gemeinde geben. Ebenfalls ist eine musikuntermalte Lesung mit Bibeltexten geplant. All das ist aber noch nicht final. Es habe zwar Ideen für ein ganzes Festjahr gegeben, „aber das wäre ein großer Aufwand gewesen“, sagt Wefers. Zumal die Zeiten noch immer alles andere als planungssicher sind.

Der Höchststand an Gemeindemitgliedern sei 2006 zu verzeichnen gewesen, mit rund 4.600 Mitgliedern. Mittlerweile liege die Zahl laut Wefers bei etwa 4.300. Der Abwärtstrend liege vor allem an den Kirchenaustritten und dem demografischen Wandel.
Für die Zukunft müsse die evangelische Kirche daher erneut ihre Lebendigkeit unter Beweis stellen und sich reformieren. Wefers ist überzeugt, dass der normale kirchliche Betrieb aufgrund des gesellschaftlichen Wandels nicht mehr funktioniere. „Er entspricht nicht den Bedürfnissen heutiger Menschen.“

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