WALLACH. Haus der Kleinen Forscher. Was wie ein Buch- oder Filmtitel klingt, ist in Wahrheit eine Stiftung und dessen Projekt gleichen Namens. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, schon in Kindergärten und Grundschulen Kinder an Mint-Fächer wie Naturwissenschaften heranzuführen und dafür zu begeistern. Seit 2014, als eine Kollegin das Projekt an der Schule am Deich bekannt gemacht hat, gab es bereits zahlreiche „Forscherwochen“. Jetzt erhielt die Schule das Zertifikat, mit dem sie sich als „Haus der kleinen Forscher“ bezeichnen darf.

„Wir waren davon sehr angetan, weil wir es wichtig finden, die Mint-Fächer zu fördern. Wir haben dann erst einmal eine gemeinsame Lehrerfortbildung zum Thema Wasser hier im Haus absolviert. Da wird man angeleitet, wie das praxisorientiert aussehen kann“, erklärt Schulleiterin Michaela Joost.

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Mindestens zwei Mal im Schuljahr, jeweils zwei Wochen lang, bietet die Schule die Forscherwochen zu verschiedenen Themen an: Die Kinder beschäftigten sich bereits mit Elektrizität, Licht und Schatten, Luft, Magnetismus, mein Körper, Technik und Wasser. Wenn die kleineren Schüler forschen, treten die Kinder aus den vierten Klassen als Experten auf, die den Kleineren nichts vorgeben, aber Tipps, wenn sie gebraucht werden.

Netzwerke im ganzen Land

Die Stiftung als bundesweite Einrichtung sucht sich in ganz Deutschland lokale Netzwerke als Partner. Die Hochschule Rhein-Waal übernimmt diese Aufgabe seit 2011 für den Kreis Wesel.

„Das Programm ‚Haus der kleinen Forscher‘ funktioniert nach dem Prinzip ‚train the trainer‘. Erzieher und Grundschullehrer werden in Fortbildungen in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzteam des Kreises Wesel ausgebildet, um dann selbst mit ihren Schülern das Programm durchzuführen“, erklärt Dr. Martin Kreymann, Projektkoordinator vom ZDI-Zentrum der Hochschule Rhein-Waal, der gemeinsam mit Nicole Wardenbach, Schulaufsichtsbeamtin des Kreises Wesel, das Zertifikat überreichte.

Wardenbach ist außerdem Leiterin des Kompetenzteams für staatliche Lehrerfortbildung im Kreis Wesel. „Ziel ist es, dass das Projekt keine einmalige Sache ist. Man sollte es als Schulentwicklungsvorhaben betrachten“, sagt sie.

Die Organisation übernimmt die Hochschule, aber „in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzteam macht dieses eigentlich den Großteil der Arbeit“, stellt Kreymann heraus. Das Kompetenzteam stellt Lehrkräfte zur Verfügung, die die ganztägigen Schulungen durchführen. Wenn nicht spätestens in der Grundschule der Wunsch und das Interesse an Naturwissenschaften geweckt werde, gelinge es meistens nicht mehr in den weiterführenden Schulen, sagt Kreymann.

Eine andere Art des Lernens

„Für mich sind die Fortbildungen immer ganz witzig, weil die Lehrkräfte genau die gleichen Erfahrungen wie die Kinder machen, die gleichen Experimente“, sagt Kreymann. Das Schöne sei auch, dass es eine andere Art des Lernens sei. „Es geht darum, die Neugier zu entwickeln.“

Das bestätigt auch Joost. „Alle Lehrer hatten einen Riesenspaß, es war total praxisorientiert.“ Die Kinder beschäftigen sich zuerst mit dem Thema und überlegen sich ihre Fragen. Diese werden gesammelt und dann geht schon in die Forschung, an das Ausprobieren.

Das ZDI-Zentrum versorgt Schulen mit bestimmten Unterrichtsmaterialien, wie Anleitungskarten für bestimmte Experimente. Die zeichnen sich aber dadurch aus, dass sie mit einfachen Materialien aus der Natur oder dem Küchenschrank durchgeführt werden können, etwa mit Kaffeepulver, Sand und Zucker. In Forscherheften tragen die Schüler ihre Beobachtungen ein, manchmal gemalt, manchmal geschrieben. Die Ergebnisse werden nachher im Unterricht besprochen und reflektiert.

So entstanden in der Schule am Deich auch sogenannte „Forscherkisten“ mit den Materialien zu jedem Thema, auf die immer wieder zurückgegriffen werden kann. So hat die Schule jetzt feste Themen, die in anderen Fächern mitbearbeitet werden können. „Das heißt, wir haben vernetzte Arbeitspläne erarbeitet, sodass auch in Musik, Mathematik oder Kunst etwas zum Thema Wasser gemacht werden kann“, erklärt Joost.

Ein anderer Vorteil: „Die Hemmschwelle, sich mit dem Thema zu beschäftigen, ist wirklich sehr gering. Wir hören immer wieder, dass die Kinder zu Hause noch etwas Neues ausprobiert haben“, sagt Konrektorin Birgit Kröll und belegt damit die Begeisterung der Schüler.

Wie Kröll erklärt, wachsen auch die Experten aus den vierten Klassen in ihrer Rolle über sich hinaus. „Da werden auch soziale und sprachliche Kompetenzen vermittelt“, ergänzt Kreymann. Er lobt auch, wie kostengünstig das Programm obendrein ist: „Es wird leicht finanzierbar, weil sich alle Partner die Lasten teilen.“

Zertifikat erneuern

Für eine Zertifizierung dokumentieren die Schulen in einem bestimmten Zeitraum ein Projekt, was sie dann an die Stiftung in Berlin schicken. Die Wertschätzung nach Bestehen der Prüfung kommt in Form einer Urkunde und eines Schildes. Das möchte die Schule am Deich draußen am Eingang anbringen. Dieser Vorgang muss aber nach geraumer Zeit wiederholt werden, wenn man die Bezeichnung „Haus der kleinen Forscher“ weiterhin tragen möchte.

Wie Kreymann schätzt, nehmen im Kreis Wesel etwa zwei Drittel aller Grundschulen am Projekt teil. Der Erfolg dieses Prinzips ist jedenfalls sichtbar: Sogar in Thailand und den Niederlanden gibt es Schulen, die solch ein Programm übernommen haben.

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