Neue Ausstellung im PAN:
Bilder gegen das Vergessen

Die polnische Künstlerin Anetta Küchler-Mocny stellt ihre Werke von „Timeline Border“ in Emmerich aus.

Der „Grenzknoten“ steht im Mittelpunkt der Ausstellung. Anetta Küchler-Mocny übernimmt selbst die Komposition der einzelnen Teile. NN-Foto: MB

EMMERICH. Es sind zwei Ereignisse, die Polen erschüttert haben und bis heute bewegen: das Massaker von Katyn von 1940 und die Smolensk-Tragödie von 2010 (s. Info-Kasten). Mit der Ausstellung „Die Grenze der Zeitlinie – Timeline Border“ wagt sich die in Berlin lebende polnische Künstlerin Anetta Küchler-Mocny an dieses Thema, zeigt die Verbindung der beiden Ereignisse und für Wojciech J. Poczschowski, den Direktor des Polnischen Instituts in Düsseldorf, „eine neue Interpretation des Katyn-Massakers und der Smolensk-Tragödie“. Die Ausstellung wird am Samstag, 11. Mai, um 18.30 Uhr im PAN in Emmerich eröffnet.

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das Werk „Grenzknoten“ als Hauptbild und Ausgangspunkt der „Grenze der Zeitlinie“. Es verbindet die beiden Ereignisse. Gleichzeitig sind alle Bilder Teile eines großen Ganzen. Auffällig sind die verblassende Farben, mal im Zentrum eines Bildes, mal zu den Seiten hin. „Ich will damit zeigen: Die Gefühle mögen mit der Zeit verblassen, die Ereignisse dahinter aber dürfen wir nicht vergessen“, erläutert Küchler-Mocny. Gleiches gilt für das weiß-rote Absperrband, das sich über große Teile des „Grenzknoten“ zieht und für Polen steht; in anderen Werken sind nur noch vereinzelte roten Flecken zu sehen. Für Poczschowski steht dahinter auch eine sehr humanistische Ansicht der Frage: Was bedeuten die Tragödien nicht nur für Polen, sondern für ganz Europa?

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Historie
Das Massaker von Katyn: Auf einen Befehl des Politbüros der KPdSU begannen am 3. April 1940 Einheiten des sowjetischen Innenministeriums NKWD mit der systematischen Ermordung tausender polnischer Offiziere und Intellektueller. Die Tragödie von Smolensk: Am 10. April 2010 stürzte eine polnische Regierungsmaschine naheder russischen Stadt Smolensk ab. An Bord befanden sich unter anderem der polnische Staatspräsident Lech Kaczynski, seine Frau Maria, Abgeordnete des Parlaments und weitere Regierungsmitglieder. Kaczynski reiste mit einer Delegation zu einer polnischen Gedenkfeier für die Katyn-Opfer. Laut offiziellen Untersuchungen war die Ursache ein Pilotenfehler, Zweifel an dieser Version äußerte aber nicht nur der deutsche Journalist und Autor Jürgen Roth.

Die Werke zur „Grenze der Zeitlinie“ sind zwischen 2010, unmittelbar nach dem Flugzeug-Absturz, und 2013 entstanden. „Über die Smolensk-Tragödie von 2010 wurde hier nur wenig gesprochen und berichtet. Ich habe aber viel mit Verwandten und Freunden telefoniert, war mit dem Herzen und meinen Gedanken dabei“, erinnert sich Küchler-Mocny. Diese Gefühle verarbeitete sie in ihren Bildern: „Ohne Gefühle kann ich meine Arbeit nicht machen.“ Sie malt Öl auf Leinwand, arbeitet viel mit verlaufenden Farben, mal feinfühlig und minimalistisch, mal kräftig. „So kann ich Gefühle ausdrücken, die mich während des Malens beschäftigt haben.“

Der Baum als Symbol für Menschen

Wiederkehrendes Motiv in den Bildern, die in Emmerich zu sehen sind, ist der Baum. „Mir ist das Thema Bäume generell sehr wichtig. Sie sind ein Symbol für so viele Dinge“, sagt Küchler-Mocny, die eigentlich als Porträtmalerin tätig ist. „Für verschiedene Themen nutze ich unterschiedliche Materialien und Motive. Hier symbolisieren Bäume auch Menschen.“

Mit ihren Werken greift Küchler-Mocny nicht nur zwei Ereignisse der Historie auf. „Wir dürfen die Geschichte nicht vergessen – gewisse Dinge kommen wieder“, sagt die Künstlerin. Poczschowski zitiert Cicero, der sagte: Die Geschichte ist die Lehrmeisterin des Lebens. „Wir müssen aus der Historie lernen, um diese Fehler nicht zu wiederholen“, fordert Poczschowski. „Katyn und Smolensk waren zwar polnische Ereignisse, beinhalten aber Lehren für ganz Europa.“ Für ihn ist Küchler-Mocny „eine berühmte zeitgenössische Künstlerin. Sie ist mutig, stellt sich auch gegen die ‚political correctness‘.“

Für die Hängung ihrer mal sehr groß dimensionierten und mehrteiligen, mal kleinformatigen Bilder ist Küchler-Mocny selbst ins PAN gekommen. Zuvor hatte sie bei einem ersten Besuch bereits die Räume in Augenschein genommen. „Es ist die erste Ausstellung für mich in Emmerich, mit einem sehr speziellen Thema, bei dem die Komposition überaus wichtig ist.“

“Ich gebe keine Antworten”

Bleibt die Frage: Wie viel muss der Betrachter über die Ereignisse von Katyn und Smolensk wissen, bevor er die Ausstellung besucht? „Natürlich hängt manches auch davon ab, was der Betrachter weiß“, sagt Küchler-Mocny. „Allerdings gebe ich mit meinen Bildern keine Antworten.“

Zur Ausstellungseröffnung am 11. Mai kommen neben der Künstlerin selbst und Wojciech J. Poczschowski auch Emmerichs Bürgermeister Peter Hinze, der polnische Botschafter in Deutschland, Professor Dr. Andrzej Przyłebski, und Professor Dr. Thomas Steinberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. „Der Besuch des Botschafters zeigt die Bedeutung dieser Ausstellung“, sagt Reimund Sluyterman, Vorsitzender des PAN.

Die Ausstellung ist auch im Rahmen der Kreis Klever Kultourtage am 18. und 19. Mai zu sehen; an dem kreisweiten Kulturwochenende beteiligen sich außerdem das Haus im Park und das Rheinmuseum in Emmerich sowie das Koenraad-Bosman-Museum in Rees.

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