Eine Brücke sorgt für Ärger

Kritik an Standortwahl und Informationspolitik rund um dritten Autobahn-Anschluss für Emmerich. Bürgerinitiative Klein-Netterden bringt einstweilige Verfügung gegen Neubau der Brücke über die A3 an der Netterdenschen Straße auf den Weg. Landesbetrieb sagt: „Die richtige Variante.“

EMMERICH. Die Pläne sind alt, der Wunsch noch älter. Das Vorhaben ist notwendig, aber umstritten. Die zugrunde liegenden Annahmen sind aus Sicht der Kritiker veraltet – es gibt viele Diskussionen rund um den geplanten neuen Autobahn-Anschluss Emmerich-Ost. Die Bürgerinitiative Klein-Netterden will die Arbeiten mit einer einstweiligen Verfügung stoppen lassen, eine Entscheidung wird in ein bis zwei Wochen erwartet.

Gegen die Kritik der Anwohner, die auf die Budberger Straße als Standort für den neuen Anschluss drängten – wo auch der Nettpark liegt, in dem sich weitere Industrie ansiedeln soll –, wurden in der Vergangenheit vor allem zwei Argumente für die Netterdensche Straße angeführt: Es handelt sich um eine Landesstraße, und es muss – im Gegensatz nur Budberger Straße – keine neue Brücke gebaut werden. Inzwischen ist aber klar, dass auch die Brücke an der Netterdenschen Straße erneuert werden muss. Heißt: keine Kostenersparnis. Zu den 3,8 Millionen Euro für den Anschluss kommen noch einmal 1,5 Millionen Euro für die neue Brücke.

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Die ersten Arbeiten zum neuen A3-Anschluss haben begonnen. Doch geht es auch weiter? NN-Fotos (2): Rüdiger Dehnen
Die ersten Arbeiten zum neuen A3-Anschluss haben begonnen. Doch geht es auch weiter?
NN-Fotos (2): Rüdiger Dehnen

Die Bürgerinitiative hat über Wolfram Tacke, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht, eine einstweilige Verfügung zum Stopp der Abriss­arbeiten eingebracht. Dass der Brückenneubau im vorliegenden Planfeststellungsbeschluss fehle, sei nur ein Argument. „Die Frage des Eingriffs in die Trinkwasserversorgung der Nachbargrundstücke ist nicht geklärt“, erläutert Tacke, „hier sind Anwohnerrechte tangiert.“ Tacke nennt weitere Gründe für die einstweilige Verfügung: „Das Gericht wird auch über die Frage des Lärmschutzes für die naheliegenden Landwirte nachdenken müssen.“ Durch den Brückenneubau würden die Schallreflexionen verstärkt. Das Argument, die Netterdensche Straße sei – im Gegensatz zur Budberger Straße – eine Landesstraße, hält Jörg Kaste von der Bürgerinitiative für „Blödsinn. Die Netterdensche Straße war vor 25 Jahren auch mal eine Kreisstraße.“ Auch Tacke sieht in einer Neuklassifizierung der Budberger Straße „keinen Hinderungsgrund“. Er geht sogar noch weiter: „Bei der Netterdenschen Straße muss man die Frage stellen, ob sie in ihrer bisherigen Funktion als Landesstraße überhaupt richtig eingestuft ist.“

Hüthums CDU-Chef Erik Arntzen hatte in der Vergangenheit immer wieder betont, die Budberger Straße sei – aufgrund des nahegelegenen Nettparks – die bessere Wahl für den dritten Anschluss. Nun stelle sich für ihn vor allem eine Frage: „Wer hat was wann gewusst?“ Er kritisiert die Informationspolitik: „Weshalb hat man die Bürger erst so spät und nur unzureichend in Kenntnis gesetzt.“ Er bleibe dabei, dass die Budberger Straße eine „optimale Alternative“ sei. Emmerichs Pressesprecher Tim Terhorst sagt: „Wir haben erst im Februar in einer Pressemitteilung von Straßen.NRW erfahren, dass die Brücke erneuert werden muss. Es wurde in einem Nebensatz erwähnt.“ Zur Frage des Standortes des dritten Anschlusses sagt er: „Wir gehen davon aus, dass Straßen.NRW alles sorgfältig geprüft hat.“

[pull_quote_left]Es handelt sich um eine
1:1-Ersetzung des Brückenbauwerks. Wir sprechen dabei von einem ‚Fall von unwesentlicher Bedeutung‘.[/pull_quote_left]Das bestätigt Christoph Jansen, Leiter der Regionalniederlassung Niederrhein von Straßen.NRW, mit Nachdruck und verweist auf einen Gerichtsentscheid aus 2015: „Dabei wurde abschließend gesagt, dass es die richtige Variante ist.“ Eine Vielzahl von Gründen hätten seinerzeit bei der Variantenbetrachtung dazu geführt, dass die Wahl auf die Netterdensche Straße fiel. Als dann im Sommer 2014 klar war, dass auch dort das Brückenbauwerk erneuert werden muss („Wir wurden davon überrascht“), „haben wir die Auswirkungen auf unterschiedlichste Faktoren noch einmal geprüft“, sagt Jansen. Das Ergebnis: „Durch das neue Bauwerk, das 1:1 das alte ersetzt, gibt es keine neuen Betroffenheiten.“ Man habe die Öffentlichkeit informiert, sobald geklärt war, wie das neue Bauwerk zu realisieren ist und alle Auswirkungen geprüft waren.

In puncto Kosten betont Jansen, dass die Brücke an der Netterdenschen Straße in jedem Fall hätte erneuert werden müssen – selbst bei einer Entscheidung pro Budberger Straße. Er geht davon aus, dass die Arbeiten wie geplant ablaufen können; Mitte November soll der Abriss der Brücke erfolgen. Der einstweiligen Verfügung der Bürgerinitiative räumt er keine Chancen ein: „Es handelt sich um eine 1:1-Ersetzung des Brückenbauwerks. Wir sprechen dabei von einem ‚Fall von unwesentlicher Bedeutung‘. Wir haben alles abgeprüft und können das Ganze auch ohne Baurechtsverfahren durchführen. Der Gesetzgeber bietet diese Möglichkeit.“


Ab Mittwoch ist die Brücke gesperrt

Die Regionalniederlassung Niederrhein von Straßen.NRW beginnt am Mittwoch, 2. November, mit den Vorbereitungen zum Abriss der Brücke Netterdensche Straße. Ab dann wird die Brücke vollgesperrt. Eine Umleitung wird über den Ravensacker Weg, die Budberger Straße, Weseler Straße, Speelberger Straße, den Lött- und den Steinackerweg ausgeschildert. Der Abbruch der Brücke erfolgt voraussichtlich von Freitag, 18. (22 Uhr), bis Montag, 21. November (5 Uhr). Während der Abbrucharbeiten wird die A3 zwischen der Anschlussstelle Emmerich und Rees in beiden Fahrtrichtungen gesperrt.

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