Kümmern statt wegschauen

Verein „Shalom“ sorgt sich um Menschen und Tiere in Not und setzt sich ein für mehr Menschenwürde

XANTEN. „Es ist traurig, dass die  Leute, die im Stadtpark Xanten für Ordnung sorgen, zwar Abfall auflesen, aber weggucken, wenn Beine aus dem Gebüsch rausschauen. Diese Beine gehören Obdachlosen, die hier im Park schlafen. Aber niemand fühlt sich für sie zuständig“, so sieht es Bettina Beil-van Dijk.

Bettina Beil-van Dijk (2.v.l.), Irmtraud Terhorst (M.) und Ruth Beil (4.v.l.) mit Menschen , für die sie da sind. NN-Foto: Lorelies Christian
Bettina Beil-van Dijk (2.v.l.), Irmtraud Terhorst (M.) und Ruth Beil (4.v.l.) mit Menschen , für die sie da sind. NN-Foto: Lorelies Christian

Seit über drei Jahren engagiert sie sich für den Verein Shalom im Kreis Kleve und auch in Xanten, zunächst hauptsächlich für Tiere in Not, inzwischen noch mehr für hilfsbedürftige Menschen. Sie schaut nicht weg, sondern trifft sich mit denen, die von vielen als „Penner“ oder „Sozialschmarotzer“ angesehen werden im Xantener Park, Hausnummer 7. Die Insider wissen, dass die Bank im Park, wo das Vogelhäuschen mit der Nummer 7 hing, der soziale Treffpunkt für Menschen geworden ist, die inzwischen ausgegrenzt von der Gesellschaft leben. Dabei kommen sie aus „gutem Elternhaus“, wie sie betonen, haben was gelernt, gearbeitet, doch dann lief etwas gewaltig schief: Trennung, Tod von Familienangehörigen, Arbeitslosigkeit und irgendwann auch der Verlust der Wohnung und damit einhergehend Verlust der gewohnten sozialen Kontakte, Scham und das Gefühl der Ausweglosigkeit, das etliche mit Alkohol bekämpfen.

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Eigentlich bräuchte in Xanten niemand auf der Parkbank schlafen. Doch wie sieht die Alternative aus? Es gibt ein Haus in Vynen am Rheindamm 39 – die Adresse ist bekannt und „mit Vorurteilen besetzt, wenn man sie bei einem potentiellen Arbeitgeber angibt“, wissen die Ehrenamtlichen des Vereins „Shalom“. Zu zweit leben die Obdachlosen in einem 10,23 Quadratmeter „großen“ Raum. Insgesamt sind es elf Menschen, die sich eine Dusche im Keller teilen (die andere ist seit langem defekt). Fließendes Wasser gibt es nicht in den Zimmern, Kühlschrank – Fehlanzeige. Die Fenster im Duschraum sind kaputt, im Winter frieren die Rohre zu. Die Schlafräume sind zum Teil verschimmelt. „Im Knast herrschen bessere Bedingungen“, äußern die Bewohner dieses Hauses, sind resigniert, weil sich nichts ändert. „Hier müsste dringend renoviert werden. Auch der Außenbereich sieht verwahrlost aus. Wir würden auch gerne mithelfen bei den Arbeiten“, sind sie sich einig. Doch eigentlich haben sie einen anderen Wunsch. Sie würden lieber in die Stadt ziehen, nicht so weit weg vom Schuss leben, wo sie kaum weg kommen. „Das Sozialticket für den Bus kostet inzwischen 34,75 Euro im Monat“, schimpft einer über die ständig steigenden Preise.

Bettina  Beil-van Dijk ist ihre „gute Seele“, sie hilft, vermittelt,  begleitet zu Ämtern, füllt Anträge aus, versorgt die Obdachlosen mit Essen, Hygiene-Artikeln und Wäsche, die sie alle 14 Tage an der Tafel Xanten ausgibt. „Die Obdachlosen können auch zur Tafel gehen, aber sagen Sie ehrlich, was soll einer, der auf der Parkbank schläft, mit einem Kopf Salat“, stellt sie das eigentlich sehr gute Hilfsangebot für diese Klientel in Frage. Sie ist der Meinung, dass diese Menschen eine warme Mahlzeit am Tag bräuchten – ihre über 80-jährige Mutter Ruth bekocht die Obdachlosen immer wieder. Ein Rückzugsort, ein Aufenthaltsraum, in dem sie sich auch bei Kälte mal treffen könnten, das wäre sinnvoll und hätte nicht dieses Negativimage wie eine Parkbank, um die Spaziergänger einen Bogen machen. „Ein Kümmerer, ein Streetworker, kein Moralapostel, den müsste man haben“, fordert sie. Dabei will der Verein Shalom sich nicht aus der Verantwortung ziehen, doch ehrenamtliche Kräfte haben Grenzen.

Irmtraud Terhost, ebenfalls Mitglied, macht klar: „Wir haben ein Fahrzeug, mit dem im Monat rund 3.600 Kilometer gefahren werden. Diese Kosten müssen wir auch noch selbst stemmen. Dazu führen wir Trödelmärkte durch, zum Beispiel am 17. September in Kevelaer am Bahnhof und im Oktober in Xanten.“ Infos gibt es unter http://www.gooding.de/shalom-hilfe-fuer-mensch-und-tier.

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