Vom Förderzentrum geht‘s jetzt hin zur Schule für alle

55 Jahre Schulgeschichte gehen im Sommer zu Ende, für alle wurde ein guter Übergang geschaffen

XANTEN. Vor einigen Wochen erhielten die NN Post aus Mallorca von einer ganz besonderen Klassenfahrt: Die Schüler und Lehrer, die derzeit noch das Engelbert-Humperdinck-Förderzentrum in Xanten besuchen, das im Sommer endgültig seine Pforten schließt, hatten einen Bericht von ihrer letzten Fahrt geschickt. Doch wie geht es mit ihnen nach der Schulschließung eigentlich weiter, wo werden sie lernen und wo werden sie lehren? Martin Nenno, der seit 2001 das Förderzentrum geleitet hat, gibt die Antworten.

Die Geschichte einer Schule in 27 Bänden: Martin Nenno hat das letzte Kapitel der Schulchronik geschrieben, die Linus Riedel im Jahr 1961 begonnen hatte und die belegt, was das Engelbert-Humperdinck-Förderzentrum in den vergangenen 55 Jahren geleistet hat. NN-Foto: Ingeborg Maas
Die Geschichte einer Schule in 27 Bänden: Martin Nenno hat das letzte Kapitel der Schulchronik geschrieben, die Linus Riedel im Jahr 1961 begonnen hatte und die belegt, was das Engelbert-Humperdinck-Förderzentrum in den vergangenen 55 Jahren geleistet hat.
NN-Foto: Ingeborg Maas

Der Sonderschulpädagoge hat die Leitung der Grundschule Sonsbeck übernommen, als abzusehen war, dass das Förderzentrum geschlossen würde. Doch er wollte diese neue Stelle nicht antreten, ohne seine bisherige Aufgabe so zu Ende zu führen, dass für alle von der Schließung Betroffenen eine gute Lösung gefunden wurde. Deshalb bleibt er noch bis zum Sommer in Abordnung weiterhin der Leiter des Förderzentrums.
„Schon vor zwei Jahren, als abzusehen war, dass das Förderzentrum aufgrund zu geringer Schülerzahlen schließen würde, haben wir begonnen, mit den damals 15 Kollegen zu überlegen, wo sie demnächst eingesetzt werden können. Sie konnten ihre Wünsche äußern und neun von ihnen sind dann auch an ihre Wunschschulen versetzt worden. Für die übrigen sechs wird jetzt in gemeinsamen Gesprächen mit der Schulaufsicht auch noch eine für alle zufriedenstellende Lösung gefunden.“
Gleiches gilt auch für die 11 Schüler der Klassen 6 bis 10, die noch bis zur Schließung am Förderzentrum unterrichtet werden. „Auch hier haben wir einen guten Weg gefunden“ so Nenno. „Eine Schülerin wird – gemeinsam mit den Hauptschülern – aus der Klasse 10 entlassen und fünf Schüler werden voraussichtlich an die Hauptschule in Sonsbeck wechseln.“ Im letzten Jahr hatte man ja bereits das Gebäude an der Johannes-Janssen-Straße geräumt (dort sind jetzt Flüchtlinge untergebracht) und war in einen Pavillon auf dem Gelände der Hauptschule gezogen.
„Wir sind hier mit offenen Armen empfangen worden und unsere Schüler konnten schon gute Kontakte zu den Hauptschülern knüpfen. Da ja auch die Hauptschule hier in Xanten ausläuft, werden unsere fünf Schüler nun gemeinsam mit den Hauptschülern der Klassen 9 und 10 zur Hauptschule in Sonsbeck wechseln. Die läuft ja noch zwei Jahre weiter. Die Eltern sind alle befragt worden, ob sie damit einverstanden sind, ihre Kinder in den Ganztag zu geben. Außerdem werden die Schüler von einer sonderpädagogischen Kraft begleitet, so dass sie bei diesem Schulwechsel nicht alleine sind.“
Die anderen fünf Schüler werden an eine andere Förderschule wechseln, für sie ist der Übergang in eine Regelschule nicht möglich. Auch sie werden auf diesem Weg begleitet, es werden den neuen Schulen detaillierteFörderplände übermittelt, damit alle Kinder pädagogisch genau dort abgeholt werden, wo sie zur Zeit stehen.

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Diesen wunderbaren „Engel Bert“ hat das Förderzentrum als Weihnachtsgruß verschickt. Foto: nno.de
Diesen wunderbaren „Engel Bert“ hat das Förderzentrum als Weihnachtsgruß verschickt.
Foto: nno.de

Martin Nenno sieht durchaus die Vorteile der Inklusion, wenn es demnächst nur noch heißt: „Gemeinsames Lernen an einer Schule für alle“. Aber er warnt davor, Inklusion voranzutreiben ohne die Ressourcen entsprechend aufzustocken: „Um den Rahmen zu schaffen, den alle Schüler für ihre persönliche Entwicklung brauchen, muss noch viel geschehen. Es werden zwar immer mehr Sonderschulpädagogen an Regelschulen eingesetzt werden, aber dafür müssten sie auch eine entsprechende zweigleisige Ausbildung im Studium und im Referendariat erhalten. Und auch die Kollegen an den Regelschulen müssen Fortbildungen besuchen und vor allem die Bereitschaft mitbringen, sich mit ‚anders lernenden‘ Kindern auseinanderzusetzen. Man muss jedes Kind immer als gesamte  Persönlichkeit sehen und es so annehmen, wie es ist, anders geht es nicht.“
Martin Nenno und seine Kollegen haben dies in den letzten Jahren mit großem Erfolg getan.  Sie sind natürlich traurig, dass die Ära Förderzentrum nun zu Ende geht. „Aber wir müssen nach vorne schauen und sehen, ob Inklusion gelingt“ versucht Nenno optimistisch zu sein. „Ich hoffe, dass sich der Satz ‚Gemeinsam wird es uns wohl gelingen!‘ bewahrheitet und wir nicht in 10 Jahren wieder von vorne anfangen müssen.“
Neben der Trauer emfpindet Nenno aber auch große Dankbarkeit dafür, dass es in Xanten so lange dieses Förderzentrum für die Region Sonsbeck-Alpen-Xanten gegeben hat. Deshalb lädt er auch jetzt schon alle Ehemaligen  – Schüler, Lehrer und Eltern – zu einem Dankgottesdienst ein, der am Samstag, 2. Juli um 9.30 Uhr unter Mitwirkung des Gospelchores Confidence im Xantener Dom gefeiert wird.

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