KALKAR. Mit „Folk Spirit on Orgel“ startet in diesem Jahr die Reihe der Geistlichen Abendmusik in der St. Nicolai Kirche. Kirchenmusiker Jan Szopinski freut sich auf den Abend mit dem Orgelvirtuosen und Komponisten Hans-André Stamm aus Leverkusen, der das statische Klangbild der Orgel auflockert und dazu Elemente aus verschiedenen Kulturen, Figurationen und ungewöhnliche Metren einbezieht. „Das wird ein ganz besonderes Konzert“, ist Szopinski guter Dinge, dass der Auftakt der Konzertreihe am 21. April wieder viele Musikinteressierte locken wird.

Für den 65-Jährigen ist die diesjährige Abendmusik ohnehin etwas besonderes. Es ist nämlich das letzte Mal, dass er für die Planung und Durchführung verantwortlich zeichnet. „Zum 1. März nächsten Jahres gehe ich in den Ruhestand“, sagt er. Ob und in welcher Form die Reihe fortgeführt wird, weiß er nicht. „Aber ich hoffe, dass mein Nachfolger weitermacht“, sagt Szopinski. Er sei stolz darauf, dass die Kirchenmusik in Kalkar noch eine beachtliche Rolle spielt. Ob Nikolaus Kantorei, Choralschola, Pankratiuschor oder Blockflötenensemble – Szopinski hinterlässt seinem Nachfolger eine ganze Reihe von gut eingespielten und engagierten Gruppen, die es zu begleiten gilt. Einen klaren Schlussstrich will er ziehen, „obwohl mir diese Gruppen sehr am Herzen liegen“, sagt er. Als Kirchenmusiker habe er von 1987 an, als er seine erste Stelle in Krefeld angetreten hat, jeden Sonntag und an allen Feiertagen gearbeitet, habe unzählige Messen begleitet und Proben abgehalten. „Jetzt freue ich mich darauf, bald mehr Zeit für meine Hobbys und meine Familie zu haben“, sagt er. Die Verwandtschaft in Polen oder im Emsland besuchen, lange Fahrradtouren unternehmen, Segeln auf dem Wisseler See, mit den Enkelkindern spielen. Langeweile kommt da bestimmt nicht auf. Einen Schlussstrich zu ziehen, sei auch für seinen Nachfolger wichtig. „Er soll seine eigenen Ideen einbringen können, vielleicht auch ganz neue Akzente setzen und ganz neue Zielgruppen ansprechen“, sagt Szopinski. „Kirchenmusiker zu sein, war immer mein Traum und es ist ein toller, kreativer Beruf“, stellt er klar. Nur eben mit Blick aufs Privatleben, da bleibe wenig Spielraum.

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Wenn Szopinski an „seine“ Konzerte denkt, dann fallen ihm viele besondere Momente ein. Da gab es zum Beispiel den Abend, an dem Professor Norbert Düchtel zusammen mit einem seiner Studenten („mit vier Händen und vier Füßen“) konzertierte und die Nicolai-Kirche aus allen Nähten platzte. Da gab es die Projekte mit polnischen und niederländischen Musikern, etwa die Aufführung des Requiems von Gabriel Fauré im Jahr 2009. Da gab es die große Friedensmesse 2015 oder das Konzert mit Jazzgitarre und Schlagzeug. Gespielt wurde „Shine on you crazy diamond“ von Pink Floyd. „Das hatte sich Karl-Martin Hartmann zur Einweihung eines seiner Fenster gewünscht“, erklärt Szopinski. Ein anderes Mal war es „Paint it black“ von den Rolling Stones. „Da kann man mit der Bach-Toccata beginnen und fließend zu den Stones übergehen“, sagt Szopinski, der gern Dinge ausprobiert und offen für musikalische Experimente ist.

Geistliche Abendmusik 2024

Die Reihe der Geistlichen Abendmusik hob er im Jahr 2006 aus der Taufe, neun Jahre nach Dienstantritt in Kalkar. „Davor gab es natürlich auch Konzerte, aber ich musste erstmal testen, wie man die Leute am besten mitnehmen kann“, sagt er. Bei der Finanzierung der Konzerte sei er nämlich auf Spenden und die jeweiligen Kollekten angewiesen. „Da muss ich schon sehen, wen ich mir leisten kann und mit wem ich das Defizit wieder ausgleiche, wenn die Gage eigentlich zu hoch für uns ist“, erklärt Szopinski, dass die Planung der Reihe viel taktisches Geschick erfordert. Mittlerweile gibt es zwar ein festes Stammpublikum, aber die Zahl der Besucher variiert dennoch und ist schwer vorhersehbar. „Zwischen 100 und 500“, sagt Szopinski. Mit regem Andrang aus dem Nachbarland könne man zum Beispiel rechnen, wenn am 26. Mai die „Ulftse Nachtigallen“ zusammen mit dem Jugendchor und Vokalensemble Luscinia nach Kalkar kommen.

Voll wird‘s vermutlich auch beim Sommerkonzert am 23. Juni, wenn es heißt: „Von Bach bis Pink Floyd“. Gestaltet wird der Abend von der Nikolaus Kantorei und einigen Solisten: Magdalena Lapaj (Saxophon), Max Lagow (Gitarre), Georg Neinhuis (Schlagzeug) – und Szopinski nimmt Platz an der Orgel. „Wir spielen auch Elvis Presley und Ennio Morricone“, freut sich Szopinski. Weiter geht es mit der Konzertreihe nach der Sommerpause am 8. September. Dann wird wieder Professor Norbert Düchtel an der Orgel Platz nehmen, die Nikolaus Kantorei ist ebenfalls mit von der Partie. Ein Konzert für Streicher bietet das Kammerorchester von St. Nicolai am 6. Oktober und zum Finale am 3. November reist der Kammerchor vom Dom zu Münster an und trägt unter dem Titel „In Paradisum“ unter anderem Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy und Josef Gabriel Rheinberger vor.

“Es kommen schwere Zeiten auf dich zu”

Wenn Jan Szopinski im nächsten Jahr aufhört, dann geht er nicht so ganz, denn Kalkar ist seine Heimat geworden – auch die seiner Familie. Bei Bedarf nimmt er gern hin und wieder („als Vertretung“) an „seiner“ Orgel Platz. Die – und die tolle Akustik im Kirchenraum – ist für ihn nämlich etwas, das die Pfarrei auch in Zukunft herausstellen sollte. Noch ist seine Stelle nicht ausgeschrieben und Szopinski weiß, dass auch mit Blick auf Kirchenmusiker Fachkräftemangel herrscht. Kirche kriselt. Trotzdem bleibt er zuversichtlich. „Als ich 1987 meine erste Stelle hatte, hat mein Vorgänger gesagt: Es kommen schwere Zeiten auf dich zu. Das gilt heute vermutlich mehr denn je.“ Er habe damals die Herausforderung angenommen und am Ende doch viel erreicht. „Es erfordert viel Kraft, aber es geht“, macht Szopinski Mut. Und fügt hinzu: „Es wäre wirklich traurig, wenn das nicht gelingen würde.“

Weitere Infos zum diesjährigen Programm findet man hier

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