Magdalenenheim Aldekerk
Unter anderem mit einer Petition möchte das Magdalenenheim die Abschiebung von Reza Mahmoudi Torfi (r.) und seiner Frau Soheila Mohamadi Khalafloo verhindern. NN-Foto: Thomas Langer

KERKEN. Der Fachkräftemangel ist eine große Herausforderung, vor allem in der Pflege. Und dennoch werden immer wieder Fachkräfte mit Migrationshintergrund abgeschoben. Dieses Schicksal droht nun auch Reza Mahmoudi Torfi und seiner Frau Soheila Mohamadi Khalafloo, die vor Jahren ihre berufliche Heimat im Magdalenen-Heim in Aldekerk gefunden haben. Dieses setzt nun alles daran, die drohende Abschiebung zu verhindern.

Reza Mahmoudi Torfi und Soheila Mohamadi Khalafloo sind ein gutes Beispiel für gelungene Integration. 2016 kamen sie nach einer schwierigen, zweimonatigen Reise aus dem Iran nach Deutschland, fanden über Stationen in Essen und Leverkusen 2017 ihren Weg nach Kerken. Während die 50-jährige Khalafloo im Magdalenen-Heim als haushauswirtschaftliche Mitarbeiterin anfing, begann ihr heute 47-jähriger Mann nach einem ersten Praktikum 2019 eine Ausbildung zur Pflegefachkraft, die er 2022 beendete. Und zwar sehr erfolgreich: „Er hat mit eins bestanden“, sagt Pflegedienstleitung Tanja Barian. Auch Heimleiter Wilhelm Pampus ist von seinen beiden Mitarbeitern sehr angetan: „Sie sind offenherzig, zielstrebig, diszipliniert und ergebnisorientiert im Beruf. Wir möchten sie wirklich nicht mehr missen.“ Wegen ihrer Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft waren die beiden auch bei den Heimbewohnern und den übrigen Kollegen sehr schnell beliebt.

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Voraussetzungen nicht erfüllt

„Ich habe mit großer Hoffnung angefangen und meine Ausbildung geschafft“, erzählt Reza Mahmoudi Torfi, der in den vergangenen Jahren dabei immer auch auf die Hilfe seiner Kollegen zählen konnte. Währenddessen hing der Aufenthalt des Ehepaars jedoch stets in der Schwebe – bis jetzt. Der erfolgreichen Integration zum Trotz schickte der Kreis Kleve vor knapp zwei Wochen die Abschiebungs-Bescheide. Der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte sei unanfechtbar abgelehnt worden, heißt es darin, die Voraussetzungen habe man nicht feststellen können. Schon in wenigen Tagen sollen die beiden ihre Papiere abgeben.

Auch wenn das Ehepaar aus Angst nicht öffentlich über die Gründe seiner Flucht nach Deutschland sprechen möchte, wird im Gespräch schnell klar, dass eine Abschiebung der beiden schon aus menschlicher Sicht ein großer Fehler wäre. Eine Rückkehr in den Iran sei keine Option.

„Nach sieben Jahren können wir Deutschland doch nicht einfach innerhalb von vier Wochen verlassen“, zeigt sich Torfi vom Urteil geschockt. Zumal er und seine Frau sich neben dem Beruf in Aldekerk auch privat in Nieukerk eingelebt haben und sehr zufrieden in ihrer neuen Heimat sind.

Wirtschaftlich unsinnig

Aber auch aus wirtschaftlicher Sicht ergebe die Abschiebung keinen Sinn, sagt die Heimleitung. Zumal Torfi als Pfleger in einem Bereich arbeite, der besonders stark vom Fachkräftemangel betroffen sei. In der stationären Versorgung könnten in Deutschland bis zum Jahr 2035 rund 307.000 Pflegekräfte fehlen, schätzt das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Das Statistische Bundesamt wiederum erwartet bis 2055 einen Anstieg um 1,8 auf 6,8 Millionen Pflegebedürftige – ein sattes Plus von 37 Prozent. Hinzu kommt, dass die Bundesregierung selbst in der Migration und der Integration von Flüchtlingen einen Baustein zur Lösung des Fachkräftemangels sieht. Und trotzdem gibt es immer wieder Fälle, in denen – manchmal auch angehende – Fachkräfte mit Migrationshintergrund abgeschoben werden sollen.

Für Wilhelm Pampus ist das ein Unding: „Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Hier kommt jemand aus dem Ausland und schließt in Deutschland eine qualitativ hochwertige Ausbildung ab. Der soll jetzt abgeschoben werden und unsere Politiker jetten um die Welt und werben in anderen Ländern ungelernte Menschen an, die uns in der Pflege helfen sollen, weil wir einen großen Pflegenotstand haben. Das stinkt doch zum Himmel.“ Die Abschiebung trete nicht nur die Bemühungen der Ausbilder mit Füßen, sondern auch das Engagement der übrigen Mitarbeiter, die Torfi während seiner Ausbildung nach Feierabend auch Nachhilfe gegeben hätten. „Da braucht sich die Politik nicht zu wundern, wenn die Menschen trotz ihrer Appelle ihr Engagement aufgeben.“

Kampf gegen die Abschiebung

Die Abschiebung möchte das Team um Wilhelm Pampus und Tanja Barian nicht ohne Kampf hinnehmen und hat seither verschiedene Hebel in Bewegung gesetzt. „Wir haben systematisch angefangen, Druck aufzubauen“, sagt Pampus. Neben Pressearbeit und Flyern habe man Kontakt zum Bundespräsidenten, zu verschiedenen Ministern und Ministerien aufgenommen, „zu allem, was irgendwie im Entferntesten damit zu tun hat.“ Positive Rückmeldungen habe es bereits von Seiten der Kerkener Parteien gegeben. „Sie unterstützen uns, wo sie können.“ Auch eine Unterschriftenaktion hat das Team des Seniorenheims im Netz angestoßen, die zuletzt 2.858 Unterstützer aus ganz Deutschland zählte. „Die nördlichste Unterschrift kommt aus Schleswig-Holstein, die südlichste aus Bad Reichenhall. Das Echo ist enorm“, sagt Pampus freudig. Wenn seine beiden Schützlinge bald vorstellig werden müssen, möchte er sie begleiten. „Sechs Ohren hören mehr als vier. Wir hoffen, dass es dann zu einer Entscheidung kommt, die in unserem Sinne ist.“

Welches Ende der Fall auch immer nehmen wird, Reza Mahmoudi Torfi und Soheila Mohamadi Khalafloo sind dankbar für die Hilfe, die ihnen von so vielen Seiten entgegengebracht wurde. „Ich bedanke mich bei allen, die uns geholfen haben. Vielen, vielen Dank!“, sagt Reza Mahmoudi Torfi.

Die Petition ist zu finden unter change.org/p/verhindern-sie-die-abschiebung-einer-wertvollen-pflegefachkraft.

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