Reichswald
Dietrich Cerff (Nabu) erläuterte beim Spaziergang einiges zum Klever Reichswald. NN-Foto: Thomas Langer

KLEVE. 20 Jahre nach der Gründung des Nationalparks Eifel soll NRW einen zweiten Nationalpark bekommen. So lauten die Pläne der Landesregierung. Als möglicher Kandidat wird auch der Reichswald in Kleve gehandelt, eine offizielle Bewerbung gibt es aber noch nicht. Dafür aus sprechen sich der Nabu-Kreisverband Kleve, die Heimatvereine Materborn, Nierswalde, Asperden und Kessel sowie die Werkgroep Milieubeheer Berg en Dal.

Ein Nationalpark ist immer etwas besonders, aber was macht den Reichswald eigentlich zu einem geeigneten Kandidaten? Zum einen ist er der größte Wald im eher waldarmen nordwestdeutschen Tiefland, sagt Dietrich Cerff, Leiter der Nabu-Naturschutzstation Niederrhein. Außerdem ist er NRW-weit der größte zusammenhängende Staatswald und „ein sehr artenreicher Lebensraum. Es gibt hier eine ganze Reihe Arten, die nur da leben können, wo der Wald schon sehr lange als solcher bestanden hat und nicht vor 100 Jahren durch Aufforstung begründet wurde.“

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Interessant machen den Reichswald zudem die geschichtlichen und nachbarschaftlichen Aspekte: Im Mittelalter war das Waldgebiet nämlich noch einheitlich, ehe es in die Grafschaften Geldern und Kleve und später auf Deutschland und die Niederlande aufgeteilt wurde. Um den Kreis hin zum ehemaligen „Ketelwald“ wieder zu schließen, möchten die Befürworter daher auch die Verantwortlichen in den niederländischen Provinzen Limburg und Gelderland für sich gewinnen, um so mit grenzübergreifender Zusammenarbeit einen International-Park mit europäischem Gedanken zu begründen. Zu den 5.000 Hektar auf deutscher Seite würden sich bis nach Nijmegen weitere 4.000 Hektar gesellen, die Heidebestände, Moore und Sümpfe einschließen.

Gemeinsames Papier

Weil die Bewerbung vom Kreis und den Gemeinden ausgehen muss und der Landrat sich noch nicht zu sehr von der Sache überzeugt zeigt, hat die Interessensgemeinschaft ein gemeinsames Papier vorgestellt, das ihre Sicht der Dinge erläutert.

Einschränkungen für die Landwirtschaft kann Dietrich Cerff nicht erkennen. „Ich kenne keine landwirtschaftliche Fläche, die davon betroffen wäre.“ Ein Nachteil wäre der Nationalpark jedoch für die Holzproduktion, die in diesem Fall auslaufen würde. Zumindest werden aber keine Enteignungen nötig, da der Reichswald Eigentum des Landes NRW ist.
Für die Befürworter überwiegen dennoch klar die Vorteile: „Wir haben gute Gründe“, sagt Adalbert Niemers, Vorstandsmitglied des Nabu-Kreisverbands. Einer davon sei der zu erwartende Anstieg der Besucherzahlen. Das habe nicht nur neue Einrichtungen, Wanderwege und Bildungsangebote für Touristen und Bürger zur Folge, sondern auch einen wachsenden Markt für Gaststätten, Unterkünfte verschiedenster Art, den Einzelhandel und weitere Dienstleistungen.

Der Reichswald und seine Bedeutung

Abseits der touristischen Vorteile heben die Befürworter vor allem die grundlegenden Aspekte des Reichswalds hervor: Dieser sei nicht nur ein geschätzter Erholungsort, sondern auch von großer Bedeutung für die Biodiversität, den Klimaschutz und als eine Art Schwamm für den Wasserhaushalt der Stadt Kleve. Durch die Ernennung zum Nationalpark ließe sich, in Kombination mit Umbaumaßnahmen, eine naturnahe Entwicklung des Waldes noch viel besser umsetzen, mit positivem Einfluss auf die genannten Aspekte – zum Schutz des Waldes und damit auch zum Vorteil der Menschen.

Bei einem Waldspaziergang erläuterte Cerff noch mehr zum Zustand des Waldes. „Der Reichswald wurde im Krieg schwer beschädigt und ist danach stark geplündert worden.“ Die großen Kahlfläche wurden in den 50er Jahren daher vor allem mit Kiefern- und Fichtenplantagen aufgeforstet. Zwar hat sich das Verhältnis bereits mehr zu Gunsten des gewünschten Mischwalds verschoben, an verschiedenen Stellen bildet sich aber noch immer ein Kontrast durch Nadelbaum-Monokulturen heraus. Die sind nicht nur anfällig für Schädlinge, Sturm und Feuer, sie binden auch weniger Stickstoff, der dann vermehrt seinen Weg ins Grundwasser finden kann. Es besteht also noch immer Handlungsbedarf. Im Nationalpark sehen die Befürworter eine hervorragende Gelegenheit dazu.

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