GELDERN. Wenn Ludger Kazmierczak die Menschen in der Region nicht gerade als Journalist, Hörfunk- und Fernsehkorrespondent informiert, lässt er seit gut zehn Jahren als Kabarettist gerne mit pointierten Beobachtungen und viel Fantasie die Lachmuskeln spielen – am 16. November auch in der Aula des Lise-Meitner-Gymnasiums in Geldern. Im Gespräch mit den NN erzählt er von seinen Anfängen als Kabarettist, was sein Comedy-Programm ausmacht und welche Rolle die niederländischen Nachbarn dabei spielen.

Herr Kazmierczak, man kennt Sie ja vor allem als Journalist im Auftrag seriöser Berichterstattung. Wann und vor allem wie sind sie eigentlich zum Kabarett gekommen?

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Ludger Kazmierczak: Es gab vor zehn Jahren diese absurde Diskussion um die Bebauung des Minoritenplatzes in Kleve. Ich durfte damals in der Stadthalle eine Veranstaltung moderieren, wo die Politik mit den Bürgern mehr oder weniger im Clinch über die möglichen Bebauungspläne sprach. Das war teilweise so absurd, was die Lokalpolitik sich da geliefert hat, da dachte ich: Was hier in Kleve passiert, müsstest du eigentlich einmal aufschreiben und am Ende des Jahres zusammenfassend auf der Bühne darbringen. Ich hatte aber keine Idee, wo oder wie. Ich hatte zwar das ganze Jahr über Notizen gemacht, es dann aber mehr oder weniger vergessen. Bei einer WDR-Lesung im Museum Kurhaus sprach mich dann jemand vom Aussichtsturm an und fragte, ob ich einmal dort eine Lesung halten könnte. Da kam mir die Idee und der Aussichtsturm bot die Location. So sind wir zusammengekommen. Das waren damals vier Abende, noch sehr überschaubar. Jedes Jahr wurden es dann mehr, im 5. Jahr waren es 23 Abende. Das war irgendwann so viel, dass wir gesagt haben, ob wir es nicht doch in die Stadthalle verlegen sollen. So ist es dann auch gekommen. Wenn mich damals keiner angesprochen hätte, hätte ich den Gedanken vielleicht irgendwann in die Tonne gekloppt.

Ich habe kürzlich das Wort „Freizeit-Kabarettist“ in Bezug auf Sie aufgeschnappt: Welchen Raum nimmt das Kabarett mittlerweile in ihrem Leben ein? Kann man vielleicht doch schon von einem zweiten beruflichen Standbein sprechen?

Kazmierczak: Das wäre zu viel. Das würde der WDR glaube ich auch nicht unbedingt akzeptieren. Er muss ja alles, was ich mache, absegnen und das tut er auch, weil es sich doch sehr im Rahmen hält. Das ist einerseits natürlich sehr anstrengend, denn wenn ich ein neues Programm mache, trete ich damit vielleicht solo acht bis zehn Mal irgendwo auf, während andere zwei Jahre damit durch die Gegend touren. Aber so bekomme ich es zeitlich gut in den Griff, sonst würde der Job beim WDR leiden. Trotzdem: Ich stehe ja manchmal tatsächlich mit etwas bekannteren Kolleginnen und Kollegen auf der Bühne. Da würde ich mich dann scheuen, Freizeitkabarettist zu sagen, weil die Kollegen dann sagen: Der macht hier einen auf Understatement. Wenn du’s machst, musst du es richtig machen, dann bist du halt auch Kabarettist oder Comedian, selbst wenn du es nur in der Freizeit machst.

Also soll das Kabarettisten-Dasein auch erst einmal Nebensache bleiben?

Kazmierczak: Ja, dafür mache ich meinen Job einfach zu gerne. Wenn man es tatsächlich hauptberuflich macht, wäre der Druck vielleicht auch zu groß. Ich denke mir immer, wenn du gezwungen bist, jeden Tag oder alle paar Wochen neue Gags zu erfinden und Geschichten zu schreiben, da weiß ich gar nicht, ob das dann auch so leicht von der Hand ginge. So macht es mir im Moment Spaß und ich spüre den Druck nicht wirklich.

Wie gut lässt sich ihr Beruf zeitlich gesehen überhaupt mit Ihrem Dasein als Kabarettist vereinbaren? Über zu wenig Auslastung können Sie wahrscheinlich nicht klagen, oder?

Kazmierczak: Ja, der Job hat sich bei allen Journalisten ein bisschen geändert. Früher war ich nur Hörfunkreporter und hatte einen Techniker, jetzt mache ich alles selbst. ich bin mein eigener Techniker, mache mittlerweile auch Fernsehen für die Lokalzeit in Duisburg und bin deshalb viel unterwegs. Also der Beruf nimmt einen schon so ein, dass mehr Kabarett gar nicht ginge, das muss ich ganz ehrlich sagen.

Sprechen wir von ihren Auftritten: Inwiefern färbt ihre Berufskarriere auf ihr Kabarettprogramm ab? Wie sehr und auf welche Weise kommt da der Journalist auf der Bühne durch?

Kazmierczak: Meine Themen sind sehr regional, ich beschäftige mich mit dem Niederrheiner und dem Niederländer. Es ist im Grunde genommen das, was auch meinen Beruf ausmacht. Ich bin ja Niederlande-Korrespondent und auch für den Niederrhein zuständig. Insofern mag es Geschichten geben, die mir beruflich unter die Nase kommen, die ich dann verwurschtel. Durch die vielen Aufenthalte in Holland und das Vertrautsein mit der niederländischen Sprache kann ich natürlich viel mit der niederländischen Sprache machen. Das finden die Menschen hier am Niederrhein auch sehr nett, denn da muss man nicht viel übersetzen. Wenn ich damit nach Düsseldorf gehe, weiß ich, dass ich diese Niederländisch-Nummern ein bisschen einordnen und zwischendurch übersetzen muss. Aber hier in Kleve, Kalkar oder Xanten kann man wunderbar mit der niederländischen Sprache spielen. Insofern färbt der Beruf schon ein bisschen ab, aber es gibt jetzt keinerlei Themen, die mich journalistisch beschäftigen – politische oder andere – die sich irgendwie im Programm wiederfinden. Das wäre glaube ich auch nicht gut, denn ich versuche schon, Job und Kabarett voneinander zu trennen. Ich könnte ich mir nicht vorstellen, eine lokalpolitisch brisante Geschichte auch als Kabarett-Nummer zu verarbeiten.

Sie haben ja gerade schon gesagt, dass der Niederrhein zur DNS ihres Programms gehört. Können Sie noch einmal genauer zusammenfassen, welche Inhalte und Themen Sie behandeln und was sich über ihren Stil sagen lässt? 

Kazmierczak: Es heißt ja immer so schön, die Geschichten liegen auf der Straße. Da ist etwas dran. Wenn du mit offenen Augen durch den Tag gehst, wenn du zum Beispiel beim Bäcker bist, schnappst du irgendwelche Gespräche auf, die du im Kopf noch ein bisschen weiterspinnen kannst. Oder du siehst irgendwelche kleinen Geschichten. Der Niederrheiner ist da schon dankbar, weil ich ihn A: gut kenne und B: weil er natürlich eine besondere Spezies Mensch ist mit seiner eigenen Sprache und eigenen Mentalität. Um ein Beispiel zu nennen, wie es funktioniert: Lange war es geschlossen, aber jetzt ist das Eiscafé Cortina auf der Hoffmannallee in Kleve wieder offen. Schon früher saßen da morgens schön mit dem Rücken zur Wand immer die gleichen Rentner und guckten auf die Hoffmannsallee. Das fand ich immer so nett, sie saßen da stundenlang. Dann habe ich nur aufgrund dieses täglichen Anblicks einfach mal herumgesponnen, was sie sich da erzählen und ihnen ein Gespräch in den Mund gelegt. Völlig erfunden. Da ist eine sehr schöne Nummer draus geworden, von der auch die Rentner damals gehört und mich dann mal zum Kaffeetrinken eingeladen haben. So kann man seine Nummern entwickeln. Man sieht etwas, man hört etwas und spinnt das dann ein bisschen weiter.

Ehe das neue Programm im Dezember kommt, sind Sie noch bis November mit „Hier is’ wat los!“ unterwegs. Was können Sie über dieses Programm verraten, was erwartet ihre Zuhörer?

Kazmierczak: Ich nehme mein Publikum mit in mein Heimatsdörfchen. Ich komme aus Nütterden und erzähle auch immer ein bisschen von der Jugend auf dem Dorf. Ich mache mit dem Publikum immer gerne einen kurzen, aber knackigen Niederländisch-Kurs, der ist immer sehr lustig. Ich verrate einige Geheimnisse über die niederländische Küche – ich nenne sie immer die „Haute Fritteuse” – und mache mir auch Gedanken, ob Campingurlaub das richtige ist und komme zu dem Schluss: für mich nicht. Und ich schnappe ein paar Gespräche auf, dort wo der Niederrhein sich trifft. In meinem Fall beim Bäcker, da erlebt man immer nette Geschichten, die man dann weiterspinnen kann. Es sind immer der Niederrhein und die Niederlande, die die größere Rolle spielen. Ich versuche nicht, die große Politik zu machen. Das überlasse ich anderen. Das erwartet von mir auch keiner, mein Publikum möchte von mir nichts über Herrn Scholz, Herrn Lindner oder Frau Baerbock hören. Meine Nische ist eher das Regionale.

Kommen unsere niederländischen Nachbarn auch gerne mal zu Shows über die Grenze zu Ihnen?

Kazmierczak: Ja, da sind immer wieder ein paar dabei. Ich frage das auch öfter. Das sind aber meistens Leute, die hier leben, da haben wir ja doch einige. Wenn ich zum Beispiel in Kranenburg bin, dann gehen sogar relativ viele Finger hoch. Das Schöne ist, sie lachen da auch drüber. Auch wenn ich die Niederländer ein bisschen Hopps nehme, merken sie alle, dass es doch mit viel Sympathie und nicht von oben herab und beleidigend geschieht, sondern immer mit einem Augenzwinkern.

Sie sagten zwar gerade, dass die große Politik nicht unbedingt zu ihrem Programm gehört, aber egal wohin man blickt, es scheint immer Krisen und Probleme zu geben. Fällt es ihnen da manchmal schwer, ihren Humor beizubehalten?

Kazmierczak: Eigentlich nicht. Ich glaube, es ist gerade in diesen Zeiten, wenn es nicht so gut läuft, wichtig, dass man Leute zum Lachen bringen kann. Ich hatte zum Beispiel während der Corona-Zeit bei Facebook kleine Videos, in denen ich isoliert in meinem Garten gesessen und herumgesponnen habe. Das ist dann teilweise bis zu 6.000 Mal geklickt worden, was für mich sehr, sehr viel war. Das zeigt einfach, dass die Leute gerade dann, wenn es nicht so gut läuft, auch Abwechslung und Unterhaltung brauchen. Ich finde gerade in Zeiten, in denen man Angst vor einem Krieg hat, der vielleicht noch eskaliert und auch uns irgendwann treffen könnte, wichtig, den Humor nicht zu verlieren und sich die gute Laune zu bewahren.

Auftritt in Geldern
Die Show am Donnerstag, 16. November, in Geldern ist eine Kooperation des Kunstvereins Gelderland mit dem Kulturbüro Niederrhein. Tickets gibt es unter niederrhein-nachrichten-ticket.reservix.de/tickets und an den bekannten VVK-Stellen, darunter die Buchhandlung Keuck in Geldern.

 

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