GELDERN. Wenn Schüler des Berufskollegs Liebfrauenschule freitags bis spät abends in der Schule bleiben anstatt wie alle anderen ins Wochenende zu starten, kann das eigentlich nur eines bedeuten: Das nächste Musical bahnt sich an. Mit „Die Schattenlilie“ entführt die Musical-AG die Zuschauer in ein Fantasy-Abenteuer vor naturalistischer Kulisse.
Seit Schuljahresbeginn stecken die Beteiligten eine Menge Zeit und noch mehr Leidenschaft in die Vorbereitungen, nun gehen sie in den Endspurt über: die letzten Kostüme, Requisiten und Masken stehen kurz vor der Fertigstellung, dementsprechend ausgestattet gehen derzeit auch die Proben über die Bühne. „Es wird also ernster“, sagt Lehrerin Ursula Funke mit einem Lachen. Aber selbst wenn hier und da langsam die Nervosität steigen sollte, gibt es keinen Grund zur Panik: Die Stimmen der Sänger bilden eine treffsichere Harmonie, die Tänzerinnen kommen der Vollendung ihrer Choreografien immer näher. In den letzten Tagen geht es nun in allen Bereichen um den letzten Feinschliff. Vom Ergebnis überzeugen können sich die Besucher ab Samstag, 18. März: Dann findet die Premiere statt.

Wahrheit und Lüge

Thomas Cöhnen und Ursula Funke sind schon jetzt stolz auf die Leistungen ihrer Schüler, heben aber auch die tatkräftige Hilfe ihrer Kollegen und ehemaliger AG-Mitglieder hervor, die extra dafür an ihre alte Schule zurückkehren. Geschrieben haben Cöhnen und Funke „Die Schattenlilie“ gemeinsam. Eingebettet in die Kulisse „Wald“ und durchsetzt von Fantasy-Elementen dreht sich ihr Stück thematisch um die Subjektivität von Lüge und Wahrheit – ein nach wie vor brandaktuelles Thema.
Im Stück stehen die verschiedenen Völker des Waldes vor einem großen Problem: Die Schattenlilie wurde gestohlen. Das bringt schreckliche Gefahren mit sich, schützt diese doch die Wasser-, Erd- und Tiervölker vor den Menschen – und damit vor dem drohenden Untergang. Die Waldbewohner beschuldigen sich gegenseitig, aber die Zeit drängt. Schließlich machen sich Vertreter eines jeden Volks auf zum mystischen „Labyrinth der Wahrheit“, um der Sache auf den Grund zu gehen. Wo sich die Besucher während der ersten Hälfte wahrscheinlich ein wenig an „Der Herr der Ringe“ erinnert fühlen könnten, geht es für die Figuren danach ein bisschen mehr „in Richtung Indiana Jones“, wie Thomas Cöhnen erzählt.
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Auch auf tolle Choreografien können sich die Besucher schon jetzt freuen.

Natürlich handelt es sich hierbei aber um ein Musical – und dabei dürfen auch die Ohrwürmer nicht fehlen. Um die Musik hat sich das Lehrer-Duo ebenfalls selbst gekümmert. „Wir haben Texte aus bekannten Musical-Songs umgeschrieben oder moderne Stücke genommen“, erläutern sie.

Tief sitzt noch immer der Verlust des verstorbenen Komponisten Sebastian Benthin. „Wir haben noch Schwierigkeiten, die Lücke zu füllen – künstlerisch und emotional“, sagt Cöhnen. Entsprechend hat sich der Schwerpunkt des Stücks wieder mehr von der Musik hin zum Schauspiel verlagert.

Die Pandemie wirkt nach

Auch wenn es schon im vergangenen Jahr wieder ein Musical geben konnte: Das große C macht sich auch heute noch bemerkbar, vor allem bei der Anzahl der Beteiligten. Dieses Jahr liegt diese bei rund 80 Schülern, früher waren es rund 120. Laut Cöhnen und Funke sei das angesichts der langen Pause aber normal. „Es muss sich erst einmal wieder etablieren“, sagen sie. Trotzdem seien die Schüler immer noch mit der gleichen Begeisterung dabei wie früher. Die Lehrer loben besonders die eigenverantwortlich und kompetent arbeitenden Gruppen sowie die große Harmonie untereinander. Für Ursula Funke zeigt sich so auch, was in der Institution Schule noch alles möglich ist: „Nicht nur in Fächern unterwegs zu sein, sondern an persönlichen Kompetenzen zu arbeiten.“ Und die persönliche Entwicklung der Schüler sei beeindruckend.

Faszination Musical

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Die Kostüme erstellen die Schülerinnen ebenfalls in mühevoller Detailarbeit.

Auch wenn beim Casting dieses Mal weniger vorgesprochen haben als sonst – die Gattung Musical hat nichts von seiner Faszination eingebüßt. Das können Berit Janowitz, Joelina Panders und Mashona Schildmacher – drei der Hauptdarstellerinnen – nur bestätigen. Sie sind bereits das zweite Mal im Auftrag der schönen Künste unterwegs. „Ich wollte auf jeden Fall einmal das Schauspielern probieren“, erzählt Berit Janowitz. Auch, weil ihre Geschwister dabei waren, hat sie in der Vergangenheit schon viele der Liebfrauen-Musicals gesehen.

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Das Singen und Schauspielern hat es auch Joelina Panders schon früh angetan. Dementsprechend war nicht nur die Teilnahme an der Musical-AG eine Selbstverständlichkeit, diese war sogar der ausschlaggebende Grund, warum sie überhaupt auf die Liebfrauenschule gewechselt ist, wie sie verrät. Mashona Schildmacher ihrerseits ist durch ihre Schwester auf den Geschmack gekommen, es einmal zu probieren. „Letztes Jahr hatte ich viel Spaß daran. Man wurde immer neu herausgefordert und ist tatsächlich daran gewachsen.“ Auch wenn sie viele teils unangenehme Situationen habe bewältigen müssen, sei das Gefühl am Ende ein ganz besonderes gewesen. „Dann hat man Lust, noch einmal mitzumachen.“ Betonen wollen die drei besonders das Zusammengehörigkeitsgefühl und die neuen Freundschaften untereinander. „Es entsteht eine große Familie“, fasst es Janowitz zusammen.

Viel Liebe zum Detail

Das kann man auch in den einzelnen Werkstätten beobachten, deren Mitglieder nicht minder eingespielt sind und alles Nötige in liebevoller Detailarbeit selbst gestalten. In der Requisite etwa werkeln 13 Schüler in kleinen Gruppen an Köpfen, Augen und allem darum herum. Ihre Inspiration haben sich die Schüler zwar teils auch von „Der Herr der Ringe“ geholt, lassen aber vor allem ihrer eigenen Kreativität freien Lauf. Dabei braucht es freilich viel Geschick und Geduld: „Es nimmt viel Zeit in Anspruch, weil die Requisiten eben auch immer wieder trocknen müssen“, erläutert Felix Hammans ein Beispiel.
Ähnlich läuft es beim rund 16-köpfigen Kostümteam, das alle Schauspieler und Tänzer ausstaffiert: Am Ende sind die Arbeiten an einem Kostüm stets langwierig – vor allem dann, wenn alle zufrieden sein sollen und sich die kreative Vision mittendrin ändert. Was oft der Fall ist. „Eigentlich ist es nie die Idee, die man am Anfang hat“, erläutern die Schülerinnen. Jede Feder zeugt von minutiöser Handarbeit. Zwar können sich die Frauen auch mal beim Kostümbestand der Schule bedienen, nicht wenige Stoffe kaufen sie aber auch selbst ein.
Das Ergebnis dieser Leidenschaft bestaunen können Musical-Freunde schon sehr bald selbst: Aufgeführt wird „Die Schattenlilie“ in der Aula der Liebfrauenschule, Weseler Straße 17, am Samstag und Sonntag, 18. und 19. März, sowie am Donnerstag, Freitag und Samstag, 23., 24. und 25. März, jeweils ab 19.30 Uhr.
Karten gibt es bei Bücher Keuck, im Bücherkoffer sowie im Berufskolleg für zwölf Euro beziehungsweise zehn Euro für Schüler.
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