Wieder mal der Beste

KLEVERLAND. Das Prozedere ist bekannt. Alljährlich, wenn das Jahr die letzten Ehrenrunden dreht, wird der „Kalender für das Klever Land“ vorgestellt und alljährlich ist es „der beste Kalender, den wir bisher gemacht haben“. Zum dritten Mal wird der Kalender (73. Jahrgang) vom Klevischen Verein für Kultur und Geschichte herausgegeben. Auf dem Cover findet sich – wie immer von Fritz Poorten gezeichnet – diesmal der Kranenburger Mühlenturm.

Vielseitig

Der Kalender für das Klever Land deckt nicht nur regional sondern auch thematisch einiges ab. Es geht um „Musik, Kunst und Literatur“, „Geschichte“, „Natur und Landschaft“, „Religion“, „Erinnerungen“, „Gedichte“, „Mundart“ und „Verschiedenes“.
Soll man‘s erwähnen? Vielleicht ja: Im Jahreskalender, der das Kompendium einleitet und also auch einläutet, fehlen die Heiligen, die sich sonst als Fotos über den Monaten fanden. Wiltrud Schnütgen von der Redaktion: „Das hatten wir vor zehn Jahren schon mal ausprobiert. Damals führte das zu Protesten.“ Mal sehen, was diesmal passiert. Immerhin finden sich statt der Heiligen religiöse Fotomotive – die sich verschiedenen Kirchen zuordnen lassen.

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Nichts für den eiligen Gast

Der Kalender ist – das hat sich gehalten – „nichts für den eiligen Gast“ und vielleicht ist auch nicht jeder der Artikel für jeden Leser gleich interessant. Fest steht: „Das Ding“ gehört eigentlich überall dorthin, wo Menschen über Heimat nachdenken und nachlesen möchten.
Da werden Randkapitel aufgeblättert, die nicht jedem geläufig sind. Wer zum Beispiel war Klaus-Jürgen Rattay, der im Alter von 18 Jahren bei einem Autounfall ums Leben kam und an den in Berlin-Schöneberg ein Kreuz auf dem Bürgersteig erinnert. Der Text von Alexander Ahrens beginnt so: „Am 22. September 2021 jährte sich der tragische Unfalltod des damals achtzehnjährigen Klevers Klaus-Jürgen Rattay zum 40. Mal. An diesem Tag wurde in der Nähe der damaligen Unfallstelle in der Potsdamer Straße 127 in Berlin Schöneberg unter Anwesenheit von lokalen Politik- und Kulturvertretern sowie Zeitzeugen eine Gedenktafel enthüllt, die an den Verstorbenen erinnern soll.“ Dann rollt Ahrens die kurze, anrührende und erzählenswerte Biografie eines jungen Mannes aus, dessen Leben 1981 in Berlin endete.
Beatrix Terlinden erzählt aus ihren „Erinnerungen an Kindheit und Schulzeit in der Wittenhorst 1930 – 1946“ [Wittenhorst liegt in Rees-Haldern, Anm. d. Red.]. Für die einen werden Erinnerungen wach – andere bekommen Einblicke in eine irgendwie schon versunkene Zeit und erfahren, wie es damals quasi vor der Haustür zuging.

Geocaching und Modellstehen

Alles von Gestern? Von wegen. Im Bereich „Natur und Landschaft“ schreiben Achim Matenaar und Julian Krause über „Geocaching im Kleverland“. Das wäre dann ein Thema, bei dem die älteren Leser etwas über das „Heute“ lernen könnten, wenn sie es nicht längst kennen.
Und wer war Ruperta Lamers? Nun – ihre Wiederbelebung wird von Werner van Ackeren beschrieben und begann mit der Übergabe eines Koffers. „Als mir meine Mutter 1988 diesen Koffer übergab, sagte sie: ‚Das ist das Familienarchiv, es passt zu dir‘.“ Rupertas Vater war der Maler Heinrich Lamers. Der wiederum „nutzte“ die Tochter für Figurenstudien und es wird mächtig spannend, wenn man plötzlich ein altes Foto von Johanna Vordermayer-Lamers mit ihren Kindern Ruperta und Hans sieht und dann deren Transformation auf ein Bild des Josefsaltars in der Düsseldorfer Kirche St. Peter nachverfolgen kann. Da wird aus dem knieend fotografierte Familientrio das malerische Personal einer heiligen Anbetung. Das nächste Altarbild (und nicht nur das) wird man anders sehen. Natürlich: auch in der Literatur ist die den Schreiber umgebende Wirklichkeit Steinbruch für große und kleine Erzählungen.
Der Kalender erzählt spannende Geschichten und ist – mehr als sonst – auch mit Fotos versehen. „Die sollen aber nicht den Text ersetzen“, erklärt Barbara Mühlenhoff von der Redaktion, „es geht darum, die Texte zu unterstützen.“ Mission erfüllt.

Lost Places

Und dann wäre da noch die „Fotostrecke“ von Ines Malangeri, die sich auf die Fährte von „Lost Places“ begibt und die alte Molkerei in Grieth sowie den NIAG Betriebshof in Rees aufsuchte. Da liegt auf einem der Fotos ein Papier mit der Aufschrift „Nicht vergessen“ im Bild. Seinerzeit eine Art Merkzettel – sind die zwei Worte jetzt zum Zentrum des Denkens geworden, das den neuen Kalender einhüllt: Nicht vergessen.
Der Kalender umfasst 224 Seiten, kostet 14,90 Euro und ist im Buchhandel sowie in Kleve bei der Tourismus Info zu haben (ISBN 978-3-402-22438-0).

Stolz auf den neuen Kalender: Hansi Koepp, Barbara Mühlenhoff, Wiltrud Schnütgen und Julian Krause (v. l. n. r.). NN-Foto: HF

 

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