Ein oranges Zeichen gegen Gewalt an Frauen

KREIS KLEVE. Die Zahlen sind schlichtweg erdrückend: Bereits 2020 gab es mehr als 120.000 Frauen, die in einer Partnerschaft Gewalt erfahren haben. 139 von ihnen sind sogar an den Folgen gestorben. Die Dunkelziffer dürfte sogar noch weitaus höher liegen. Zudem steigen die Zahlen eher, als dass sie sinken. „Die aktuelle, schwierige Situation trägt erschwerend dazu bei. Erfahrungsgemäß nimmt die Gewalt an Frauen zu, wenn Probleme wie die aktuelle Inflation oder die Energiekrise hinzukommen und die Situation allgemein angespannt ist“, weiß Yvonne Tertilte-Rübo, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Kleve.

Frauenrechtsorganisationen wie „Terre de Femmes“ oder der weltweite Zusammenschluss berufstätiger Frauen „Zonta“ kämpfen seit Jahren für die Menschenrechte von Frauen. Seit 2001 ruft „Terre de Femmes“ jährlich am 25. November zum internationalen Aktions- und Gedenktag „NEIN zu Gewalt an Frauen!“ auf. Auch ZONTA beteiligt sich jedes Jahr daran. Der gestrige Freitag war zudem der Start der Kampagne „ZONTA sagt NEIN“, die bis zum 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte, andauert.

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Wie in den vergangenen Jahren steht die Kampagne auch dieses Mal unter dem Motto „Orange the World“ beziehungsweise „Orange the City“. Allerdings werden dieses Mal keine Gebäude in der Stadt angestrahlt. „Dazu aufzurufen wäre in diesem Jahr aufgrund der Energiekrise und der aktuellen Situation ein falsches Zeichen gewesen“, sagt Maria Diedenhofen vom ZONTA-Club Niederrhein. Orange sollen die Städte aber dennoch werden; etwa in Form von orangenen Händen in den Schaufenstern, orangenen Armbändern am Handgelenk oder orangene mit Fingerfarben gestalteten Bildern. Der Kreativität sind da keine Grenzen gesetzt.

Körperliche und psychische Gewalt

Gewalt gegen Frauen hat allerdings viele Gesichter. Sie ist nicht nur rein körperlicher Art, sondern hat auch psychische und seelische Formen. Außerdem kommt sie nicht nur in häuslichen Verhältnissen, sondern auch etwa am Arbeitsplatz vor. „Wir müssen ein Zeichen gegen alle Formen von Gewalt setzen“, sagt Tertilte-Rübo. Statistisch gesehen ist jede vierte Frau von häuslicher Gewalt betroffen. In ihrer akuten Not helfen ihnen besonders die Frauenhäuser, von denen es auch eines im Kreis Kleve gibt. „50 Frauen nehmen wir pro Jahr im Kreis Kleve auf“, sagt Andrea Hermanns, Leiterin des Awo-Frauenhauses in Kleve. NRW-weit müsse es allerdings wesentlich mehr Frauenplätze als aktuell geben. Das fordert auch die Frauenrechtsorganisation „Terre des Femmes“, die sich nicht nur für einen flächendeckenden Ausbau, sondern auch für eine sichere und auskömmliche Finanzierung von Frauenhausplätzen einsetzt. Frauen, die keine Empfänger von öffentlichen Unterstützungen sind, müssten die Kosten von 40 Euro pro Nacht nämlich selbst tragen. „In anderen Frauenhäuser werden sie sonst abgewiesen. Wir hatten das bislang noch nicht. Über Spenden konnten wir diese Unterbringungen bisher immer finanzieren“, sagt Hermanns. Trotzdem müsse die Regierung hier helfen.

„Terre des Femmes“ fordert außerdem die Aussetzung des Sorge- und Umgangsrechtes für Täter, die flächendeckende Einrichtung von Gewaltschutzambulanzen, ein bundeseinheitliches Risikomanagement bei der Polizei und Justiz, um Risikofaktoren frühzeitig zu erkennen und Frauen vor weiterer Gewalt zu schützen, eine Definition und Datenerhebung von Femiziden (Tötung von Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts; Anm. d. Red.) sowie einen Rechtsanspruch auf kostenlose psychosoziale Prozessbegleitung. Yvonne Tertilte-Rübo wünscht sich außerdem ein Set für ärztliche Untersuchungen und Spurensicherungen nach einem Sexualdelikt in Krankenhäusern. Auch präventive Maßnahmen etwa in Form von Aufklärung an Schulen seien wichtig.

Telefonberatungsaktion

In der kommenden Woche bieten die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten des Kreises Kleve eine Telefonberatungsaktion unter Telefon 02821/851840 zu folgenden Zeiten an: Montag, 9 bis 17 Uhr (Awo Kreisverband Kleve), Dienstag, 14 bis 17 Uhr (Sozialdienst katholischer Frauen im Kreis Kleve), Mittwoch, 9 bis 17 Uhr (Caritasverband Kleve), Donnerstag, 10 bis 16 Uhr (Frauenberatungsstelle Impuls), Freitag, 9 bis 17 Uhr (Opferschutzbeauftragte der Kreispolizeibehörde Kleve). Darüber hinaus stehen die Gleichstellungsbeauftragten am kommenden Mittwoch von 10 bis 12 Uhr auf dem Geistmarkt in Emmerich für Gespräche rund um das Thema Gewalt für alle Betroffenen und Interessierte zur Verfügung.

Weitere Informationen gibt es online unter www.frauenrechte.de und www.zonta.org. Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ steht als bundesweites Beratungsangebot unter Telefon 08000/116 016 für Frauen rund um die Uhr zur Verfügung.

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