Rolf-Jürgen Kirsch
Freuen sich auf die Besucher und viele Gespräche: (v.l.): Sven Nowak und Julia Giesers (beide Kunstnavigation), Rolf-Jürgen Kirsch sowie Christiane van Haaren (künstlerische Leitung Kunstforum). NN-Foto: Thomas Langer

EMMERICH. Um renommierte, zeitgenössische Künstler aus dem Rheinland zu würdigen, sind dieses Jahr im PAN Kunstforum Niederrhein in Emmerich einige Sonderausstellungen geplant. Bis Donnerstag, 31. März, stehen Werke des Kölner Malers und Konzeptkünstlers Rolf-Jürgen Kirsch aus. Unter dem Titel „Reanimation“ tauchen Besucher in sein Schaffen von 1990 bis heute ein.

„Störung“ ist der übergeordnete Begriff, dem man Kirschs Ausstellungswerke zuordnen kann. „Sie greifen teilweise inhaltlich und thematisch ineinander, funktionieren, was die Techniken angeht, aber auch verschieden“, erläutert er. Der Moment der Störung wird vor allem am ersten der zwei großen Ausstellungsbereiche ersichtlich: Hier nimmt er die Gestalt einer Auseinandersetzung mit Verkehrsunfällen als eine Art Prototyp eines gestörten technischen Ablaufs an. Diese begann Kirsch mit einer fast schon dokumentarischen Serie von kleinformatigen Ölskizzen. Diese hat er in Form von Collagen zusammengefügt. „Das sind alles Ereignisse, die tatsächlich passiert sind.“

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Der Titel „Reanimation“ ist in diesem Rahmen als Versuch zu verstehen, diese Störungen auf einer neuen Ebene zu erweitern, um sie so in ihrer Ästhetisierung zu neuem Leben zu erwecken. „Es ist keine Ästhetisierung, die nur den Effekt sucht, sondern meine Art, mit dieser Tatsächlichkeit zurechtzukommen“, erläutert Kirsch.

In weiteren Schritten führte er den Fokus immer näher an die Objekte heran. Die so entstandenen neuen Werke betitelt er als ‚Kollisionen‘. „Sie sehen den Unfällen zum Teil sehr ähnlich, sind aber eigentlich Montagen aus einzelnen Versatzstücken.“ Die hier nun vorherrschende, fast schon abstrakte Malweise zeigt, wie er mit seinen Werken zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit wandelt.

Zurück zu einem Klassiker

Kirschs weitere künstlerische Entwicklung spiegelt die Ausstellung mit den daraus nach weiteren Abstraktionsschritten erfolgten Verfaltungen wider. „Es wurde mir klar, dass das der Malerei noch am ehesten entgegenkommt“, sagt er. Zudem wollte er sich zunehmend von den konkreten Ereignissen lösen. „So waren die Verfaltungen ein schönes Thema, um zur Malerei selbst und zur Geschichte der Malerei zurückzukehren.“ Denn seit Ewigkeiten schon würden Faltenwürfe zum Kernthema der Malerei gehören.

Schließlich entstand eine ganze Reihe solcher Gemälde in verschiedenen Zusammenhängen, die den meisten Betrachtern auf den ersten Blick fast wie Fotografien vorkommen dürften. So realistisch sie aber von weitem aussehen, so erkennt man von nahem doch die Malspuren: „Mir war es wichtig, keine fotorealistische Malerei abzuliefern“, erläutert Kirsch. Zudem wollte er keinen bestimmten Stoff wiedergeben, „sondern eine Art Idealstoff, der diese kinetische Energie wiedergibt, die zur Verfaltung führt.“ In anderen Exemplaren hingegen brachte er eine metallische Optik ein. „Ich habe mich in verschiedenen Spielarten bewegt.“

Nach der malerischen Illusion von Faltenwürfen kam Kirsch durch viele Experimente schließlich von der zweiten in die dritte Dimension, indem er tatsächliche, materielle Verfaltungen in den Leinwänden selbst schuf. Zuletzt entstanden so drei Werke aus Alublech. „Durch den monochromen Anstrich hängt das Bild als Relief an der Wand.“

Spiel der Schatten

Im zweiten Bereich der Ausstellung spielt die Immaterialität eine Rolle, wenn die Schattenwürfe durch Skulpturen hinzukommen. Diese sind über den gesamten Ausstellungsraum verteilt, aber besonders eindrucksvoll präsentiert sich der speziell darauf ausgerichtete „Schattenraum“. Hier wird eine in der Luft hängende, sich drehende Skulptur mit dreifarbigem Licht angestrahlt, sodass sie großformatige, sich wandelnde Schatten an die Wand wirft. Vor diesem Raum gibt es zudem zahlreiche Fotogramme, die ebenfalls mit dieser Arbeitsweise entstanden sind. „Hier habe ich lichtempfindliches Material bearbeitet.“
Um diesen Bereich herum finden Besucher zudem Zeichnungen mit kleinen Kürzeln. Mit diesen Skripten gibt Kirsch eine Art imaginären Film wieder. Diese Zeichnungen waren für ihn eine gedankliche Vorarbeit der Schattenprojektionen, die er zuvor zu Papier gebracht hat. Ebenfalls vorhanden sind Lichtkästen als Frühwerke Kirschs: „Das waren erste Gehversuche, Schattenprojektionen als malerische Arbeitsweise zu nutzen.“

Katalog und Führungen

Die Ausstellung findet im Art Basement des Kunstforums statt und ist eine Zusammenarbeit des PAN Kunstforums mit der „Kunstnavigation Bonn“, das sind die Kuratoren Sven Nowak und Julia Giesers. Die Idee selbst kam ursprünglich von Nowak. „Wir haben den Katalog gesehen und waren sofort begeistert“, erzählt Christiane van Haaren, die künstlerische Leitung des Kunstforums, über die Entstehung.

Den 150-seitigen Katalog gibt es für rund 20 Euro. Der Eintritt kostet fünf und ermäßigt drei Euro.

Geöffnet ist das Museum immer donnerstags bis sonntags von 11 bis 16 Uhr. Weitere Informationen unter pan-forum.de. An den Wochenenden können Interessenten zudem an Führungen mit Nowak und Giesers teilnehmen. Anmeldungen per E-Mail an ausstellungen@kunstnavigation.de.

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