Ja-Wort, Ape, Kaffeelust

BEDBURG-HAU. Man könnte ewig quatschen mit Birgit und Klaas. Die beiden sind Kommunikatoren der besten Art. Je mehr man quatscht, umso höher steigt der Gutelaunepegel.

Unterwegs

Dabei geht es nicht mal um den nächsten Urlaub – es geht … um Kaffee. Endlich glaubt man, ein Wort wie Kaffeklatsch einordnen zu können und schnell wird klar: Die beiden wissen, wovon so reden. Aber sowas von.
Birgit ist „ursprünglich“ Bäckereifachverkäuferin. Da ist der Kaffee nicht wirklich weit weg. Klaas ist Vertreter für industrielle Klebemaschinen. Das hat – zugegeben – nicht wirklich viel, wenn nicht sogar nichts mit Kaffee zu tun. Und dann wieder doch. Wenn einer wie Klaas viel unterwegs ist, kennt er sich mit Kaffee aus. Er kennt das Schlimmste und das Beste. Kaffeetrinken ist – natürlich – weit mehr als Flüssigkeitsaufnahme.

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Schluck für Schluck

Kaffee – das reicht von der kleinen Lust bis zur großen Passion. Das reicht vom Bürokaffee, der stundenlang in einer Warmhaltekanne auf Opfer wartet, bis zum handgemachten Espressolattecappuccinoundsoweiter. Am Ende – auch das begreift man Stück für Stück oder besser: Schluck für Schluck – am Ende also ist Kaffee eine Weltanschauung. Klaas hat längst den ersten Espresso zubereitet. Und während man trinkt, ist da dieser beobachtende Blick: „Und?“ Jetzt nur nichts Falsches sagen. Muss man auch nicht. Ein Espresso vom Feinsten.

Ja-Wort, Ape

Zurück zu den Kommunikatoren: Birgit und Klaas sind verheiratet. Für beide ist es das zweite Mal. Die Kinder aus den ersten Ehen: längst raus aus dem Gröbsten. Spielt das eine Rolle? Irgendwie schon, denn Birgit und Klaas können sich in aller Ruhe auf den Kaffee konzentrieren. Zurück zum zweiten Ja-Wort: Was Birgit und Klaas heute machen, hat mit Heiraten zu tun – im doppelten Sinn. 2014 gaben die beiden sich das Ja-Wort. Zum besonderen Tag im Leben gehört (unter anderem) natürlich Kaffee. „Der war bei unser Hochzeit nicht wirklich gut“, stellen die beiden in der Erinnerung fest und man glaubt, ihrem Mienenspiel diese Erfahrung noch heute anzusehen. Später – bei einem Urlaub in Lissabon – machten sie Bekanntschaft mit den Apes. Das sind die Piaggio-Dreiräder, mit denen dort Touristen befördert werden. Es entstand die Idee, eine Ape mit einer Kaffeebar zu vereinigen. Die rollende Kaffeebude. So beginnen große Geschichten.
Die beiden machten sich auf die Suche nach einer Ape – mindestens Retro, noch besser: Oldtimer. „Das meiste, was wir uns angesehen haben, war Rost mit ein bisschen Blech drumrum“, beschreibt Klaas die Angebote. Dann fanden sie – bei einem Volvohändler – ihre Ape. Ziemlich Retro. Ziemlich gut. „Wir haben dann in einer Werkstatt das Auto ‚aufschneiden‘ lassen.

Wenig Elektronik

Den Einbau der Kaffeemaschine habe ich anschließend selbst gemacht“, erklärt Klaas. Da sitzt man – stolzer Inhaber von mindestens drei linken Händen – und versucht nachzuvollziehen, was nicht nachvollziehbar ist. Also: Klaas baut die Maschine und alles, was dazu gehört, in die Ape ein. Die Maschine: aus Düsseldorf von Espresso Perfetto. Kostenpunkt: circa 5.000 Euro. Klaas‘ Anforderung an die Maschine: Möglichst keine Elektronik. „Ich muss in der Lage sein, die Maschine selbst zu warten“, sagt er und fügt wieder dieses Wortpartikel dazu: Retro. Merke: Je weniger Elektronik, umso selbster ist der Mann. Die Idee von Birgit und Klaas – umgesetzt: Eine Ape mit Kaffeemaschine. Und jetzt?
„Wir wollten nie einen Laden eröffnen“, sagt Birgit. Wir wollten mobil sein und dachten, dass vielleicht Hochzeiten das Richtige sein könnten. Klaas: Längst durch Schulungen zum Kaffee-Experten geworden. Es geht nicht ums Rösten – es geht um die Zubereitung.

Lauter Messen

Dann begann die Reiserei: Die beiden besuchten jede Menge Hochzeitsmessen, stellten sich und ihr Produkt vor. „Natürlich dürfen es auch Geburtstage sein oder Firmenjubiläen.“ Mittlerweile sind Birgit und Klaas bei rund 30 bis 40 Hochzeiten im Jahr unterwegs.
Engagements sind das Eine – die Qualität etwas ganz anderes.
Klaas ist der Schmecker – der Mann mit der feinen Zunge. Oder ist es der Gaumen? Fest steht: Wenn es um Kaffee geht, sollte man Zeit haben für ein ausführliches Gespräch. Es geht um Sorten, Röstungen, Mahlgrade, Wasserqualität. Den Kaffee bezieht Caffe Piccolo aus Italien. Italienische Röstung also. Merke: „Die besten Bohnen nützen nichts ohne gutes Wasser. Wenn wir zu einer Veranstaltung fahren, dann haben wir unser eigenes, vorher zuhause gefiltertes, Wasser dabei. Du weißt schließlich nie, was Du bekommst.“ Qualität darf kein Zufall sein.

Details

Längst ist Klaas in die Details eingestiegen: Es geht um Druck, um Durchlaufzeiten, Kaffeemengen und -maschinen; es geht um Erfahrungen und ein bisschen – auch das glaubt man zu verstehen – um eheliche Grundsätze. „… in guten wie in schlechten Tagen …“ Auch bei der Kaffeezubereitung gibt es eine Tagesform. Schon ist man bei der Musik. „Wenn ich einen Tag nicht übe, merke ich es selbst; nach zwei Tagen merkt es meine Frau und nach einer Woche die ganze Welt“, soll ein Klaviervirtuose einmal gesagt haben. Übersetzt in Klaas‘ Qualitätsstandards bedeutet das: Er darf es merken – vielleicht noch Birgit.

Das Davor

Nächster Punkt: Kaffeegenuss ist natürlich auch vom Davor abhängig. „Wenn du ein Leberwurstbrot gegessen hast, wundere dich nicht, dass der Kaffee anders schmeckt als sonst.“ Wohl wahr. Wenn Birgit und Klaas mit ihrer Ape bei einer Veranstaltung sind, ist es wichtig, Vorlieben und Aversionen der Kunden ausführlich geklärt zu haben.
Nächster Punkt: Es gibt verschiedene Kaffeetypen. „Das erkennst du mit ein bisschen Erfahrung sehr schnell. Es gibt den Cappuccino-Typ und den Typ Latte oder den Espresso-Typ. Gibt‘s eigentlich auch Filterkaffee old school? „Das müssen wir im Vorfeld wissen. Denkbar ist das – wird aber so gut wie nie nachgefragt.“ Zwischenzeitlich hat man einen Latte getrunken und dann noch mal einen Espresso. Die Qualität ist wiedererkennbar.

Bis neulich

Übrigens findet Klaas die Kaffeehauskultur der Portugiesen fast noch besser als die der Italiener. Gibt es denn eigentlich die portugiesiche Röstung? „Das habe ich tatsächlich noch nicht recherchiert“, gesteht Klaas. Und wie steht es eigentlich mit der österreichischen Kaffeekultur? „Sie müssen wiederkommen“, sagen die beiden. Das ließe sich einrichten. Also: Bis neulich.

Stimmt: Das ist nicht die Ape. “Die ist derzeit in der Werkstatt”, sagt Klaas. NN-Foto: Rüdiger Dehnen
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