Neue Kreisleitstelle geht nach zwei Jahren Bauzeit “auf Sendung”

KREIS KLEVE. Es ist ein Aufstieg – und das nicht nur im wahrsten Sinne des Wortes. Aus dem Platz im Souterrain ist ein Platz in Himmelsnähe geworden. Die neue Leitstelle des Kreis Kleve befindet sich in der zweiten Etage eines Neubaus und wenn man die Verantwortlichen über ihr neues Berufszuhause reden hört, wird kaum ein Superlativ ausgelassen.

11,8 Millionen – zwei Jahre Bauzeit

Zwei Jahre hat es gedauert, das neue Gebäude fertigzustellen. Das Bauvolumen betrug circa 11,8 Millionen Euro. 3.000 Kubikmeter Erde mussten ausgehoben werden … Zahlen. Eine Leitstelle muss autark sein. Das gehört zu den Grundvoraussetzungen. Einen Stromausfall darf es nicht geben – falsch. Kann ja passieren, aber in einem solchen Fall muss – ähnlich wie in einem Krankenhaus, das Notstromaggregat in Sekundenschnelle dafür sorgen, dass die Herzkammer weiter arbeiten kann.

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Wasserreserven für die Toilettenspülung

Dass aber bei all der Technik auch andere Dinge eine Rolle spielen, merkt man, wenn Michael Welbers, der Leiter der Kreisleitstelle – sie nennen ihn auch die Wunderwaffe – vom Reservetank für die Toilettenspülung spricht. Ja – richtig gelesen. „Stellen Sie sich vor, die Wasserversorgung bricht zusammen – dann arbeitet hier ein Krisenstab. Da will am Ende niemand, dass es übel riecht.“ Wohl wahr. Daher ein 1.000-Liter-Tank. „Das sollte dann für 72 Stunden ausreichen.“

Hochsicherheit ab der 1. Etage

Zurück zur Technik. Eine Leitstelle ist das, was man einen Hochsicherheitsbereich nennt. Im Erdgeschoss findet noch direkte Anbindung ans normale Leben statt, aber spätestens in der ersten Etage beginnt es mit der Sicherheit, denn hier tagt der Krisenstab, der aus der eigentlichen Leitstelle eine Etage darüber mit allem versorgt werden kann, was an Informationen notwendig ist, um Entscheidungen zu treffen.
Betritt man „die Brücke“ in der zweiten Etage, sieht es aus, wie es in einer Leitstelle halt so aussieht: Monitore, Monitore, Monitore: sieben für jeden Arbeitsplatz. Wahrscheinlich muss man in einen Flughafentower gehen, um noch mehr Technik zu finden. Michael Welbers: „Bei Unwetter- und anderen größeren Einsatzlagen können hier bis zu elf vollwertige Einsatzleitplätze besetzt werden.“

Hohes Sicherheitsniveau

Landrätin Silke Gorissen: „Das komplette Gebäude zeichnet sich durch ein sehr hohes Sicherheitsniveau aus. Mit anderen Worten: Wir sind für die Zukunft gerüstet.“
Jürgen Baetzen, Leiter des Fachbereichs 7 (Rettunsdienst und Bevölkerungsschutz): „Was wir jetzt hier an Technik haben, ist höchstes Niveau. Trotzdem ist es keinesfalls so, dass wir in der alten Leitstelle noch mit Karteikarten und Trommeln gearbeitet haben.“ 3,6 Millionen Euro (sie gehören zum Gesamtpaket der Baukosten) wurden für Technik und Einrichtung der neuen Leitstelle ausgegeben.

Kellerkinder – Himmelsstürmer

Die alte Leitstelle war im Keller des Hauptgebäudes der Kreisverwaltung angesiedelt. Aus den Kellerkindern sind jetzt also Himmelsstürmer geworden. Mit der Leitstelle ist auch der gesamte Fachbereich 7 im neuen Gebäude untergebracht. Kurze Wege – das war vorher anders. 2.000 Quadratmeter Fläche stehen zur Verfügung: Büros. Aufenthalts- und Ruheräume, der Stabsraum und eine Küche

27 Männer, eine Frau

Wer arbeitet eigentlich in der Leitstelle? Insgesamt gehören 45 Mitarbeiter dem Fachbereich 7 an. 28 davon (27 Männer, eine Frau) arbeiten in der Leitstelle, die 24 Stunden und sieben Tage in der Woche in Betrieb ist. Jeder, der in der Leitstelle Dienst tut, verfügt über eine ‚Feuerwehrtechnische Führungsausbildung‘. Dazu kommt noch eine ‚Rettungsdienstliche Ausbildung‘.
Jährlich gehen bei der Leitstelle mehr als 52.000 Notrufe ein – das sind rund 140 Notrufe täglich. Die Zahl der täglichen Anrufe ist allerdings höher: Sie liegt bei rund 330.
Pressesprecherin Ruth Keuken: „Der Kreis Kleve hat in den vergangenen Jahren ein umfangreiches Maßnahmenpaket für mehr Rettungsdienst geschnürt, denn die Einsatzzahlen des Rettungsdienstes sind nicht zuletzt aufgrund des demografischen Wandels auf hohem Niveau.“ Die Folge: Zusätzliches Personal, mehr Ausbildung, mehr Rettungswachen, mehr Fahrzeuge.

Fast schon der Zeit voraus

Michael Welbers, Leiter der Leitstelle: „Mit seinen hohen Sicherheitsstandards – von der Kameraüberwachung am Gebäude bis zu redundanten Strom- und Technikanlagen, von der Lüftungsanlage mit Luftaustausch bis zur Möglichkeit der digitalen Zusammenarbeit zwischen Leitstelle und Krisenstab – ist dieser Neubau seiner Zeit fast schon ein wenig veraus.“ Nur ein klitzekleines Manko ist aus der Sicht des Linux-Fans Welbers zu verzeichnen: Das Betriebssystem der Leitstelle: Microsoft. „Glauben Sie mir, ich hätte das gern anders gehabt“, sagt der Mann, an dessen Krawatte der Linux-Pinguin befestigt ist. Was soll man sagen? Klagen auf höchstem Niveau.

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