Versuchte Anstiftung zum Mord: Freispruch für Gelderner

Dem 58-Jährigen konnte nicht nachgewiesen werden, dass er einen Staatsanwalt töten lassen wollte

GELDERN/KLEVE. Etwa 20 Minuten mussten die Beteiligten am Klever Landgericht warten, ehe sie den niederländischen Belastungszeugen auf einem Fernseh-Monitor einer Video-Konferenz zwischen der deutschen und niederländischen Justiz sehen konnten. Die Qualität des Bildes war dann auch nur von bescheidener Natur. Wenige Minuten dauerte es hingegen lediglich, ehe der Niederländer von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hatte. Er wollte sich schließlich nicht selbst belasten. Der 58-jährige Angeklagte aus Geldern, der den Niederländer angeblich beauftragte hatte, einen Mord an einen Staatsanwalt in die Wege zu leiten, wurde daraufhin vom Vorwurf der versuchten Anstiftung zum Mord freigesprochen.

Der Angeklagte (2.v.l.) am ersten Prozesstag im Gerichtssaal.
NN-Foto: SP

Hintergrund: Der 58-jährige Gelderner saß von Januar bis August vergangenen Jahres im sogenannten „Schlüsseldienst-Prozess“ vor dem Klever Landgericht auf der Anklagebank. Im August wurde er schließlich unter anderem wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe zu einer Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren verurteilt (die NN berichtete).

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Bereits im Mai soll er den niederländischen Mithäftling gefragt haben, ob dieser jemanden kenne, der den Staatsanwalt des Verfahrens ermorden könnte. Dieser vertraute sich einem Anwalt an und wollte unter der Bedingung, dass seine wegen schweren Raubes verhängte Freiheitsstrafe herabgesetzt wird, er in die Niederlande überführt wird und er zudem noch eine finanzielle Belohnung erhalte seine Vorwürfe auch der Staatsanwalt mitteilen. Letztendlich sagte er bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft aus, ohne dass seine Bedingungen erfüllt wurden.

Zeuge wollte nicht in Kleve aussagen

Bereits am ersten Prozesstag des hiesigen Verfahrens (die NN berichtete) hatte der mittlerweile in einer niederländischen Justizvollzugsanstalt inhaftierte Belastungszeuge dem Klever Landgericht mitteilen lassen, dass er nicht zu einer Aussage in Deutschland bereit sei. Die niederländische Justiz lieferte ihn daraufhin auch nicht aus. Am vergangenen Mittwoch sollte daher eine Video-Konferenz zwischen dem Klever Landgericht und der Justiz in den Niederlanden diese Aussage vor dem Klever Landgericht ersetzen. Nach kurzer Zeit machte er jedoch von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Richter Gerhard van Gemmeren hatte ihn dazu bereits vorab belehrt, da er sich im Falle einer falschen Verdächtigung nicht selbst belasten müsse.

Aussage gegen Aussage


Da es keine Beweise, sondern nur die Aussage des Niederländers gab, die den Angeklagten belastete, blieb dem Schwurgericht letztendlich nichts anderes übrig, als den 59-Jährigen vom Tatvorwurf freizusprechen, wie van Gemmeren in seiner Urteilsbegründung erläuterte. „Es steht letztendlich Aussage gegen Aussage“, hatte auch der Staatsanwalt zuvor in seinem Plädoyer dargestellt. Da der niederländische Zeuge seine Anschuldigungen vor Gericht nicht noch einmal wiederholte, reichte dessen Aussagen vor der Polizei und bei der Staatsanwaltschaft nicht für einen Schuldspruch aus. „Darauf kann man kein Urteil stützen“, sagte der Staatsanwalt, wenngleich er Zweifel an der Einlassung des Angeklagten, der die Vorwürfe gänzlich bestritt, gehabt habe.

Die drei Anwälte des Gelderners erklärten in ihren Plädoyers jedoch auch, warum sie Zweifel an den Anschuldigungen des Niederländers haben. Dieser habe sich in seinen Aussagen widersprochen, zudem seien „Denkprozesse“ nicht nachvollziehbar gewesen. Kritik übten sie außerdem an der ihrer Meinung nach zu laschen Befragungsweise der Beamten bei der polizeilichen Vernehmung des Niederländers.

Entschädigung für Angeklagten

Neben dem Freispruch erhält der 58-jährige Gelderner auch eine Entschädigung aus der Staatskasse für die elfmonatige Untersuchungshaft, die er aufgrund dieses Vorwurfes in Isolationshaft verbringen musste. Gegen das Urteil kann die Staatsanwaltschaft binnen einer Woche allerdings noch Revision einlegen.

In seiner Urteilsbegründung ging Richter Gerhard van Gemmeren außerdem noch auf die schlechte Video-Konferenz mit der niederländischen Justiz ein. „Es ist schon beschämend, dass der Staat technisch nicht zudem in der Lage ist, was jeder Schüler täglich macht.”

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