„Es fehlt das nötige Feingefühl“

Konkurrenz vorm Geschäfte, Parkplätze blockiert – Emmericher Einzelhändler kritisiert Marktmeisterin.

EMMERICH. Seit einigen Jahren gibt es einen regelrechten Boom in Sachen Handarbeiten. „Häkeln und Stricken sind wieder ein großes Thema, auch bei der jüngeren Generation“, weiß Maik Kapelle. Entsprechend ist auch die Nachfrage nach Wolle und anderem Handarbeitsbedarf gestiegen, wie ihn Kapelle in seinem Geschäft „Schöne Dinge“ am Neumarkt in Emmerich verkauft. Weniger schön für den 37-Jährigen: die Konkurrenz direkt vor der Ladentür – in Form der Händler auf dem Wochenmarkt.

Direkte Konkurrenz: Maik Kapelle ärgert sich über einen Wochenmarkthändler, den die Marktmeisterin direkt vor seinem Geschäft positioniert hatte – mit demselben Warenangebot. Die Stadt betont, es sei nur einmal vorgekommen. Fotos (2): privat
Direkte Konkurrenz: Maik Kapelle ärgert sich über einen Wochenmarkthändler, den die Marktmeisterin direkt vor seinem Geschäft positioniert hatte – mit demselben Warenangebot. Die Stadt betont, es sei nur einmal vorgekommen.
Fotos (2): privat

Seit 45 Jahren gibt es das Familiengeschäft „Schöne Dinge“, 2002 übernahm Maik Kapelle von seinen Eltern den Laden, die aber weiter mitarbeiten, wie auch seine Frau. Das Hauptsortiment umfasst Handarbeitsbedarf und Tischdecken, dazu kommen Geschenk- und Deko-Artikel – auch sie überwiegend in Handarbeit gefertigt. „Wolle und andere Waren werden das ganze Jahr über gekauft, im Sommer ist die Nachfrage natürlich geringer“, weiß Kapelle. Im Gegensatz zu Herbst und Winter – dann aber bekommt er Konkurrenz.

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„Der Wochenmarkt ist etwas ganz Tolles“, findet Kapelle, ärgert sich aber gleichzeitig: „Die Stadt macht damit manchen Einzelhändlern Konkurrenz, anstatt sie zu stärken – das ist völlig unverständlich.“ Was er meint: In der Vergangenheit hätten sich Marktbeschicker für Wolle und anderen Handarbeitsbedarf bei der Stadt um einen Stand beworben und seien genau vor seinem Laden positioniert worden. Eine Konsequenz hat Mutter Gabriele Kapelle erlebt: „Wir hatten schon Kunden, die auf dem Wochenmarkt eine Tischdecke gekauft haben und sie bei uns im Laden als Geschenk einpacken lassen wollten. Da kann ich den Kunden noch nicht einmal einen Vorwurf machen: Sie dachten einfach, dass wir zusammengehören, weil der Stand direkt vor unserem Schaufenster aufgebaut war.“

Maik Kapelle vermisst da das nötige Feingefühl seitens der Stadt. „Sie sollten sagen: ‚Nein danke, wir sind hier in Emmerich in Sachen Wolle gut aufgestellt.‘ Immerhin gab es auch den Fall, dass die Anfrage eines in Emmerich ansässigen Ein-Euro-Shops für einen Obststand auf dem Markt abgelehnt wurde mit dem Hinweis, es gebe bereits ein ausreichend großes Angebot.“

[quote_left]”Die Marktmeisterin in Emmerich schützt nur ihre eigenen Leute.”[/quote_left]Noch unverständlicher aber sei für ihn, dass man den Händler für Wolle genau vor einem Laden positioniert hat, der dasselbe Angebot umfasst. „Es ist kein neues Phänomen, schon meine Eltern hatten damit zu kämpfen“, erzählt Maik Kapelle. „Aber die Marktmeisterin schützt nur ihre Leute, neue Beschicker kommen immer vor unseren Laden.“

Er habe daher sowohl beim ehemaligen Bürgermeister Johannes Diks als auch während des Wahlkampfes bei Peter Hinze, Emmerichs aktuellem Stadt­oberhaupt, vorgesprochen. „Beide haben gesagt, dass sie etwas ändern wollten – es ist aber nichts passiert.“ Nach seiner letzten Beschwerde habe ihm die Stadt geantwortet: Wenn sich jemand um einen Stand auf dem Wochenmarkt bewirbt, könne man ihn ja nicht ablehnen. Kapelles Fazit: „Die Stadt wirft den Einzelhändlern vor Ort Steine in den Weg.“

Bei der Verwaltung will man die Vorwürfe so nicht stehen lassen. Es sei richtig, dass ein Marktbeschicker mit einem vergleichbaren Angebot wie „Schöne Dinge“ genau vor dem Laden seinen Stand hatte. „Das ist aber nur einmal vorgekommen und nur aus dem Grund, weil sich der Beschicker sehr spät angemeldet hatte und der Markt zu diesem Zeitpunkt ansonsten voll war“, erläutert Pressesprecher Tim Terhorst. Ansonsten habe man diesem Händler andere Plätze zu gewiesen – im Übrigen sei er bereits seit einigen Monaten nicht mehr nach Emmerich gekommen. Was das Ablehnen von Händlern betrifft, so gestalte sich dieses tatsächlich schwierig, wie Terhorst darstellt: „Die Marktbeschicker haben Reisegewerbekarten, ähnlich eines Gewerbeausweises. Wenn sie diese vorlegen, haben wir als Stadt keine Möglichkeit, sie vom Wochenmarkt zu verweisen.“

Parkplatz blockiert: Laut Maik Kapelle und Anwohnern des Neumarktes eine gängige Praxis bei manchen Marktbeschickern.
Parkplatz blockiert: Laut Maik Kapelle und Anwohnern des Neumarktes eine gängige Praxis bei manchen Marktbeschickern.

Ein anderes Ärgernis für Maik Kapelle ist die Parkplatzsituation während des Wochenmarktes. „Teilweise blockieren die Marktbeschicker mit ihren Autos und Pylonen ganze Parkreihen, damit sie nach Marktende möglichst schnell weg können“, hat der 37-Jährige beobachtet. Dadurch fänden Anwohner und Kunden oft nur schwer einen Parkplatz. „Dabei bekommen die Marktbeschicker schon kostenfreie Parkplätze, obwohl sie – im Gegensatz zu den örtlichen Einzelhändlern – vielfach nicht einmal Steuern in Emmerich zahlen.“ Eine Anwohnerin des Neumarktes bestätigt die Pylonentaktik mancher Marktbeschicker und ärgert sich: „Wir Emmericher müssen für 110 Euro im Jahr einen Parkausweis kaufen und finden dann nicht einmal einen Platz.“

Stadtpressesprecher Tim Terhorst hat sich die Situation vor Ort bereits angesehen: „Gegen Ende des Marktes werden für einen begrenzten Zeitraum zwei Pylonen aufgestellt, um den Marktbeschickern die Möglichkeit zu geben, vom Markt wegzufahren.“ Terhorst ist der Ansicht: „Die Händler dürften selbst eigentlich kein Interesse daran haben, dass sie viele Parkplätze blockieren. Für sie ist es schließlich von Vorteil, dass ihre Kunden mit dem Auto zum Markt fahren und dort schnell einkaufen können.“ Zudem müssten Händler es bei der Marktmeisterin anmelden, wenn sie einen weiteren Parkplatz blockieren wollen. Er gehe davon aus, dass die Marktbeschicker nur in Ausnahmefällen zu Pylonen greifen.

Maik Kapelle jedenfalls erwartet, dass ab September wieder die „direkte Konkurrenz“ auf den Wochenmarkt kommt – im schlimmsten Fall auch wieder vor seinem Laden. Er kündigt an: „Wir werden immer wieder bei der Verwaltung vorsprechen, wir lassen uns nicht unterkriegen. Wir wohnen hier in Emmerich und halten der Stadt die Treue.“

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