Vom ehemaligen Grundstück sieht man noch heute die Kirche des Dorfes Krümmols. Aus dieser Perspektive hat Konrad Groeger sie auch schon als Kind betrachten können. Foto: privat

ALDEKERK. Es war ein Freitag, der 19. Juli 1946, als der neunjährige Konrad Groeger gegen 13 Uhr mit einem Bus in Aldekerk ankam. Mit ihm waren weitere 39 Personen in diesem Bus gekommen, die einige Tage zuvor, am 7. Juli 1946, aus ihrem schlesischen Heimatdorf Krummöls unfreiwillig eine Reise ins Ungewisse antreten mussten. Groeger blickt noch einmal auf diesen Tag zurück und lädt Interessierte dazu ein, anlässlich der 70. Wiederkehr der Vertreibung in sein Heimatdort zu fahren.

„Bereits um 6 Uhr in der Frühe ging es damals etwa 17 Kilometer zu Fuß nach Plagwitz, wo alle Dorfbewohner nach drei Tagen in einen sehr langen Güterzug verladen wurden. Laut Registrierschein war der Waggon Nr. 11 für die Familien Brückner, Effmert, Friedrich, Menzel, Renner und Groeger vorgesehen“, beginnt er. Diese Familien waren es, die im Bus nach Aldekerk gebracht worden waren. Und so saß und stand Groeger nun am 19. Juli auf dem Bürgersteig an der Ecke Alleestraße/Schulstraße, wo damals der Bauernhof Merry stand und vorne eine Gaststätte war. Die Schwestern vom damaligen Krankenhaus, heute Magdalenenheim, reichten den Ankömmlingen eine warme Suppe. Später kam ein Mann, sicher von der damaligen Amtsverwaltung Aldekerk, und führte die Familie Friedrich nach Thoeren, die Familie Menzel nach Boll, heute Rodenberg und die Familie Renner nach Haffmann, derzeit Koprek, wo sie vorerst untergebracht wurden. So gegen 16 Uhr kam dann ein Lastwagen, und brachte die Großfamilien Effmert, Brückner und die Familie Groeger zu der Windmühle in Stenden, die da vorerst das neue Zuhause sein sollte. So waren es dort 26 Personen, zwei Familien mit sieben Personen lebten schon dort. Das Mittagessen erhielten sie von der Fleischwarenfabrik Franz Kleinbongartz.

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Viele sind in Aldekerk und Stenden geblieben

Sie haben geheiratet, haben Familien gegründet und sind in der neuen Heimat doch glücklich geworden. Ja, sie haben sich in das Ortsleben von Aldekerk voll integriert, erinnert sich Groeger. Seitdem sind 70 Jahre vergangen und viele von ihnen denken heute noch gerne an ihre alte Heimat zurück. Sicherlich hat damals mancher Ortsbewohner nicht verstanden, warum plötzlich so viele fremde Menschen einquartiert werden mussten, obwohl in den eigenen Familien Not und Armut herrschten, betont der Aldekerker. „Nun, warum wir in den Westen kamen, das wissen wohl alle, aber woher wir kamen, ist den meisten nicht bekannt“, sagt er. Seit vielen Jahren fährt Groeger regelmäßig  mit einem Bus oder auch mit dem eignen Auto in seine verlorene Heimat Schlesien, das heute zu Polen gehört. So habe er erst jetzt dieses Land richtig kennengelernt, habe seine Kindheit, die Vertreibung und den Neuanfang hier am Niederrhein in einer Broschüre geschildert und fuhr gemeinsam mit vielen Verwandten vor kurzem zum Geburtsort seiner Vorfahren.

Reise ins Heimatdorf

Die 70. Wiederkehr der Vertreibung aus Schlesien möchte er nun zum Anlass nehmen, Interessierte aus seiner heutigen Heimat dorthin mitzunehmen. „Ja, ich möchte all denen, die ich während der vergangenen Jahrzehnte kennengelernt habe, und die sich dafür interessieren, einmal zeigen, woher wir damals kamen“, erzählt er. „Ich kann mir vorstellen, dass sich so mancher sagt: Ich will wissen, woher damals diese 40 Menschen kamen, die heute gute Freunde von uns sind.“ Während der viertägigen Reise geht es nach Krummöls; es soll der alte Ort mit der Kirche und das Kloster in Liebenthal besichtigt werden, bevor es nach Plagwitz und zum Schloss Braunau geht. Auf dem Rückweg sollen die Greiffwerke und der Marktplatz von Greiffenberg besucht werden. Am dritten Tag geht es mit einem Sessellift je nach Wetterlage auf die Heufuder Baude im Isergebirge, oder über Schreiberhau (Szklarska Poreba) zur Schneekoppe (Sniezka) und von dort aus nach Krummhübel (Karpacz) zur Stabkirche Wang. Auf dem Rückweg kommen die Mitreisenden an der ehemaligen Villa von Gerhard Hauptmann vorbei. Mittelpunkt der Reise ist der Kurort Bad Flinsberg, wo die Übernachtungen stattfinden. Als Reisetermin habe sich Konrad Groeger die Wochenenden 4. bis 7. August oder 11. bis 14. August gedacht, also von Donnerstag bis Sonntag. Wer Interesse hat, die Reise gemeinsam mit ihm anzutreten, kann sich unter Telefon 02833/ 7606 melden.

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