“Es lohnt sich einfach nicht”

KLEVE/GOCH. Irgendwie passt das Wetter zum Anlass. Rashid Akhtar sitzt in seinem Taxi – in der Hand die Konzession, die er in 15 Minuten abgeben wird. Es regnet. Ein trauriger Tag …
Wir treffen uns 30 Minuten später im Café. Der Regen würde die Tinte auf dem Papier verwischen. „Also dann: bis gleich“, sage ich und Akhtar nickt.

48 Jahre

Er stammt aus Pakistan. Seit 48 Jahren ist er in Deutschland, seit über 20 Jahren ist er deutscher Staatsbürger. Akhtar kam 1972 ins Land. „Damals habe ich für die Britisch Rhine Army gearbeitet.“ Das ging bis 1996. „Zwischendurch habe ich aber immer schon nebenbei gearbeitet“, sagt er und fügt hinzu: „Ich habe dem Staat nicht einen Tag auf der Tasche gelegen.“
1992 informierte der Vorgesetzte des Standortes seine Mitarbeiter darüber, dass in vier Jahren Schluss sei. Akhtar betrieb in Winnekendonk einen Imbiss und eine Kneipe. („Das muss zwischen 1992 und 2002 gewesen sein.“)
Akhtar machte den Busführerschein. Ab 2002 fuhr er hauptamtlich „für verschiedene Unternehmen hier in der Gegend“.

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Vielleicht der Erste

Einer seiner ersten Nebenjobs: Taxi fahren. „Ich glaube, ich war damals, 1978, der erste dunkelhäutige Taxifahrer in der Region.“ Akhtar hat drei (längst erwachsene) Kinder: zwei Söhne, eine Tochter. „Einer meiner Söhne gründete 2006 „GoTax“. Go – das steht für Goch und könnte auch für englisch „go“ stehen: gehen, fahren, oder Los!, Lauf!
Vor fünf Jahren, als es der Firma des Sohnes „nicht so gut ging“, übernahm Rashid den Laden. Elf Angestellte – vier davon in Vollzeit: Akhtar ist einer von ihnen. Er ist 72 Jahre alt und würde locker für 65 durchgewinkt. Ein netter, ruhiger Mann – keine Windmaschine. „Schön, dass Sie zuhören“, sagt er. GoTax hat zwei Konzessionen am Weezer Flughafen und acht Mietwagenkonzessionen in Goch. Vor drei Jahren dann die Taxikonzession in Kleve. „Konzessionen bekommen sie immer für einen Wagen.“ Zwei Konzessionen am Flughafen also bedeuten, dass GoTax dort mit zwei Taxis am Start ist.
Gemäß einem vom Kreis Kleve 2017 veröffentlichten Gutachten „liegen zurzeit dem Kreis Kleve insgesamt 85 Konzessionsanträge für Taxis vor. Anträge für 62 Fahrzeuge stammen von Bewerbern, die bereits ein Taxigewerbe im Kreis Kleve betreiben. Anträge für 23 Fahrzeuge stammen von (künftigen) Unternehmen, die bislang noch nicht im Taxigewerbe des Kreises aktiv sind.“ (Quelle: Internetseite Kreis Kleve.) In Kleve gab es – Stand 1. Juni 2017 drei Neubewerber und fünf Altunternehmer.

Büro oder nicht Büro?

Zurück zu Rashid Akhtar: „Die Klever Konzession ist die, um die es jetzt gegangen ist“, sagt er. Gegangen ist das richtige Wort, denn Akhtar hat sie zurückgegeben. „Es hieß unter anderem, dass ich, um eine Konzession für Kleve zu bekommen, dort auch ein Büro betreiben muss“, sagt er.
Anfrage bei der Pressestelle des Kreises: Braucht man, wenn man eine Konzession für Kleve möchte und anderswo wohnt, ein Büro? Die Sache verhält sich anders. Wer eine Taxikonzession für Kleve möchte, muss nicht dort wohnen, „aber Sie brauchen einen Firmensitz in Kleve“, erklärt Pressesprecherin Ruth Keuken. Dieser Firmensitz ist dann auch in einer entsprechenden Urkunde verzeichnet.

Grauwirtschaft

Akhtar mietete also ein Büro in Kleve, Am Spoyufer 3. Kosten: 470 Euro pro Monat. Das muss erst einmal „eingefahren“ werden. Akhtars Problem: „Es sind zu viele private Fahrer unterwegs. Ein Blick in das Gutachten, Punkt 1,2: Grauwirtschaft.  Gutachten zur Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes im Kreis Kleve, Punkt 1.2 Grauwirtschaft: Für das Taxigewerbe gilt: Nur wenige Branchen lassen dem Unternehmer so weite Spielräume zum ‚kreativen‘ Umgang mit Umsatz, Kosten und Gewinn. Der im November 2001 durch die Arbeitsgruppe des Bund-Länder-Fachausschusses Straßenpersonenverkehr vorgelegte Bericht über die ‚Illegale Beschäftigung im Taxen- und Mietwagengewerbe‘ kam in dieser Hinsicht zu desillusionierenden Ergebnissen, die bis heute nicht an Aktualität verloren haben: ‚Der Anteil der nicht erklärten Umsatzerlöse im Taxen- und Mietwagengewerbe ist nach Erkenntnissen der Finanzbehörden und der Sonderkommission auf etwa 30 bis 40 Prozent der erklärten Umsätze zu veranschlagen.

„Eine Demo wäre gut“

Akhtar: „Es sind einfach zu viele private Fahrer im Einsatz.“ Eine steile These. Akhtar jedenfalls hat seine Konzession abgegeben. Er ist sauer. Und enttäuscht. „Es lohnt sich wirklich nicht. Das sollten Sie mal recherchieren.“ Er habe schon öfter versucht, die Taxifahrer zu einer Demonstration zu motivieren. „Eine Demo wäre gut“, sagt Akhtar. „Die Öffentlichkeit soll das erfahren.“

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