NIEDERRHEIN. Wie lassen sich Neubauten gut in ein bestehendes, historisch geprägtes Umfeld einfügen? Das zeigt die neue Handreichung „Neubauten im historischen Kontext“ des LVR-Amts für Denkmalpflege im Rheinland. Neben rund 20 Paradebeispielen geben Magdalena Leyser-Droste, Dr. Jascha Philipp Braun, Dr. Elke Janßen-Schnabel und Dr. Andrea Pufke darin auch weiterführende Informationen an die Hand.

„Denkmäler stehen nicht im luftleeren Raum, sondern sind immer in einen städtischen oder ländlichen Kontext eingebunden“, sagt Dr. Ulrike Heckner vom LVR. Und dort wird natürlich auch um- oder neu gebaut. „Wie verhalten sich dann Denkmäler zu Um- und Neubauten, welche Aspekte müssen dabei beachtet werden?“ Mit dem neuen Leitfaden des LVR möchte dieser kurz und griffig darauf eingehen und liefert anschauliche Beispiele aus dem ganzen Rheinland.

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Neubauten angemessen planen

Neben konkreten Beispielen stand für die Broschüre eine zentrale Frage im Raum: Wie kommt man zu einem Neubau, der sich denkmalverträglich einfügt? Als Dreh- und Angelpunkt dient dafür ein „Analyse- und Planungsablauf“ mit sechs (unterteilbaren) Schritten.

Auf Grundlage der „gebauten Umwelt“ fallen diese in die Kategorien Ortsanalyse, Vorgaben und Umsetzung. „Die Handreichung bietet zu diesen Punkten auch unterstützende Fragen, um es etwas praxisorientierter zu gestalten“, sagt Jascha Braun. Eine wichtige Botschaft: „Man sollte möglichst früh ins Gespräch mit allen Beteiligten kommen, damit das Ergebnis am Ende auch alle überzeugen kann.“ Prinzipiell würden diese Inhalte bereits zum Handwerkszeug der Architekten gehören, sagt Ulrike Heckner. Es gehe aber darum, noch einmal auf die besonderen Umstände hinzuweisen und auf sie einzugehen. „Das Denkmal wirkt nicht nur in seinen optischen Qualitäten, sondern auch in seinen historischen Zusammenhängen.“

Hand in Hand arbeiten

Für Elke Janßen-Schnabel habe sich gezeigt, dass „wir von Architekten- und denkmalpflegerischer Seite aus Hand in Hand denken können. Es ist kein Widerspruch oder eine Verhinderung, wenn der Denkmalschutz dazugerufen wird. Es ist besser, von Anfang an Hand in Hand zu arbeiten.“ Auch die Denkmalpflege sei daran interessiert, dass Orte sich weiterentwickeln. „Weil sie lebendig bleiben müssen.“

LVR
Auch das Xantener Stiftsmuseum ist ein vorbildliches Beispiel.
Foto: LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland/Silvia Margrit Wolf

Die vorbildlichen Beispiele der Handreichung lassen sich in drei Gruppen einordnen: die unauffällige Anpassung – ohne zu kopieren, die zeitgemäße Weiterentwicklung architektonischer Elemente und der verträgliche Kontrast. Auch Beispiele aus den Kreisen Kleve und Wesel finden sich wieder.

In Kalkar-Grieth etwa wurde 2010 in einem Bereich mit mehreren Denkmälern ein Seniorenhaus erweitert. Seitdem schließt sich dem Hauptgebäude entlang der Schlossstraße eine Häuserzeile an. „Sie greift die typische Materialität auf, sprich Klinker“, sagt Braun. „Sie steht für das unauffällige Einfügen, wird in der Handreichung aber zeitgleich als harmonisches Weiterentwickeln beschrieben. Hier sind die Grenzen fließend.“
In Xanten finde das Thema schon seit Jahrzehnten Beachtung, erklärt Braun. „Xanten war für uns eine wahre Fundgrube. Hier findet sich eine besondere Dichte an Neubauten im historischen Kontext, die sich überzeugend einfügen.“ Dazu zählt das 2008 fertiggestellte Stiftsmuseum. Gemeinsam mit dem Verwaltungsbau am Karthaus 4-6 sind es löbliche Beispiele für das unauffällige Einpassen. „Im Material und in der Formsprache nehmen sie rücksichtsvoll Bezug auf den unmittelbar benachbarten historischen Bestand“, erläutert Elke Janßen-Schnabel.

Herausforderung Klimawandel

Auch der Klimawandel und die dafür notwendigen Reaktionen würden in Zukunft für die Fortsetzung des Projekts eine Rolle spielen, sagt Janßen-Schnabel. Diesbezüglich sollen noch weitere, vorbildliche Beispiele gesammelt werden. Sicherlich stünden gemäß Ulrike Heckner die Anforderungen an Bestandsgebäude manchmal in einem gewissen Konflikt zur Denkmalpflege, etwa wenn es um Außendämmungen oder Solaranlagen gehe. Für sie steht aber fest: Verträgliche Lösungen könne man finden –„wenn man beide Belange miteinander kombiniert. Man muss sich die Mühe machen, die Schnittmengen zu finden.“
Solaranlagen etwa könne man vielleicht auf die Rückseite und damit weg von der Straßensicht oder sogar auf benachbarte Dächer verlagern. Auch behutsame Sanierungen, die Klima- und Denkmalschutz unter einen Hut bringe, seien möglich.

Die bisher gesammelten Objekte sollen in das Portal des Landschaftsverbandes „KuLaDig“ eingestellt werden. Die Liste soll auch in Zukunft immer wieder erweitert werden. Die Broschüre gibt es kostenlos unter denkmalpflege.lvr.de/de/service/leitfaeden/leitfaeden_1.html.

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