Mehrwegsystem ersetzt Pappbecher am Berufskolleg Geldern

Mehr Nachhaltigkeit, weniger Müll: Stadt und Kreis hoffen auf Nachahmer

Geldern Berufskolleg Mehrwegsystem
„Kick-off“ für die neuen Mehrwegbecher am Gelderner Berufskolleg. NN-Foto: MB

GELDERN. Rund 250 Einwegbecher aus Pappe gehen täglich beim Berufskolleg in Geldern über den Tresen. „Das kostet nicht nur Geld, sondern belastet auch die Umwelt“, weiß Schulleiter Andreas Boland. Insgesamt fallen 1.100 Liter Müll in den Klassenräum an – an jedem Schultag. Daher ist Bohland „heilfroh“, dass in seinem Haus nun ein Mehrwegsystem an den Start geht. Statt der Pappbecher sollen künftig Mehrwegbecher zum Einsatz kommen. Damit hoffen Schulleitung, Stadt Geldern und Kreis Kleve, dass das Berufskolleg eine „Vorreiterrolle“ einnahmen kann, wie es Gertrud Kannenberg, Abfallberatung der Kreis Klever Abfallwirtschaft (KKA), formuliert.

Themen wie Nachhaltigkeit und Klimawandel gewinnen immer mehr an Bedeutung. Doch ob sie tatsächlich im Bewusstsein der Bevölkerung angekommen sind, darf mit Blick auf die reinen Zahlen bezweifelt werden. Seitdem der „to go“-Boom Mitte der 1990er Jahre seinen Anfang genommen hat, ist die Menge des damit verbundenen Mülls, der jährlich anfällt, stetig gestiegen. Im Jahr 2017 waren es laut Kannenberg deutschlandweit fast 170.000 Tonnen. Rund 2,8 Milliarden der „to go“-Becher werden im Jahr ausgegeben – und weggeworfen. Und das nicht immer in Mülleimern, wie man auch am Gelderner Berufskolleg weiß. Immer wieder gehen entsprechende Beschwerden von Anwohnern ein. „Das zeigt: Es fehlt noch das Bewusstsein“, sagt Schulleiter Bohland.

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Zwei Mehrwegsysteme im Fokus

Mit dem neuen Mehrwegsystem, das auf Pfandbecher von Recup baut, wollen das Berufskolleg und Haus Freudenberg als Caterer das nun ändern. Im Anschluss an eine Info-Veranstaltung der Kreis-WfG im vergangenen Jahr, „Wohin führt die Mehrweg-Pflicht?“, entschied man sich bei Haus Freudenberg, „ab Sommer 2022 am Berufskolleg ein Mehrwegsystem einzuführen“, wie Norbert Janhsen, Hauswirtschaft- und Kantinenbetrieb, berichtet. Schnell hatte am sich auf zwei Systeme fokussiert: Vytal und Recup.

Mehrwegpflicht
Restaurants, Bistros und Cafés, die Essen für unterwegs verkaufen, sind ab 2023 verpflichtet, ihre Produkte sowohl in Einweg- als auch in Mehrwegverpackungen anzubieten. Die Mehrwegvariante darf nicht teurer sein als das Produkt in der Einwegverpackung. Außerdem müssen für alle Angebotsgrößen eines To-go-Getränks entsprechende Mehrwegbecher zur Verfügung stehen und die Mehrwegverpackung darf auch ansonsten nicht zu schlechteren Bedingungen angeboten werden als die Einwegverpackung. (Quelle: BMVU)

Mit Vytal hat man nicht nur bei Edeka Brüggemeier, sondern auch bei der Stadt Geldern bereits erste Erfahrungen gesammelt. „Aufgrund der Corona-Pandemie und den Außer-Haus-Angeboten der Gastronomie haben wir uns mit dem Thema Mehrweg beschäftigt“, sagt Wirtschaftsförderer Lucas van Stephoudt. Mit Blick auf die Gastronomie entschied man sich hier für Vytal. „Wenn es aber um Becher geht, wie am Berufskolleg, aber auch in Bäckereien und Cafés, erscheint uns Recup die bessere Wahl“, erläutert van Stephoudt und betont: „Beide Systeme zusammen sind eine sehr gute Kombination.“

Mehrwegbecher sind “1.000-mal wiederverwendbar”

Geldern Berufskolleg Mehrwegbecher
Einer der neuen Mehrwegbecher am Gelderner Berufskolleg.
NN-Foto: MB

Die Recup-Becher sind laut Janhsen „gut zu reinigen, 1.000-mal wiederverwendbar und zu 100 Prozent recycelbar“. Einen Euro bezahlt Haus Freudenberg für die Anschaffung pro Becher; so hoch ist auch das Pfand, das die Schüler zahlen. Die Pappbecher sind noch nicht gänzlich aus der Cafeteria des Berufskollegs verschwunden, allerdings zahlen die Schüler 20 Cent mehr. Wichtig: Auch weiterhin können Schüler eigene Becher mitbringen und befüllen lassen.

Bei der Stadt Geldern und beim Kreis hofft man, Nachahmer zu finden, wenn die Schüler für die Themen Mehrweg und Nachhaltigkeit, aber auch die Abfallproblematik sensibilisiert sind und so als Multiplikatoren auftreten. „Wir werden das Ganze auch im Unterricht begleiten“, kündigt Bohland an, „und hoffen auf einen Bewusstseins- und Verhaltenswechsel.“

Die Stadt hat drei Maßnahmen dazu erarbeitet: Mit dem Label „Einmal ohne, bitte“ wird auf Geschäfte aufmerksam gemacht, die von Kunden mitgebrachte Lebensmittelbehälter befüllen. Hinzu kommen ein Mehrweg-Pool-System und ein Leitfaden zu Mehrweg auf Veranstaltungen, inklusive Info- und Unterstützungsangeboten.

Mit der Einführung des neuen Mehrwegsystems am Berufskolleg hofft Lucas van Stephoudt, dass das Thema in der ganzen Stadt neuen Schwung bekommt. Aktuell gibt es, außer dem Berufskolleg, nur eine weitere Annahmestelle von Recup in Geldern. Auch Andreas Bohland hofft auf eine „Signalwirkung über die Grenzen Gelderns hinaus“.

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